1984
1984

Drehe und wende es, wie du willst!

Lesezeit: ca. 13 Minuten

1984 – eine Geschichte von George Orwell, über einen fiktiven Staat, der alle Eigenschaften eines totalitären Systems sein eigen nennt, was den Versuch der Ermächtigung über den Geist und die Gedanken seiner Teilnehmer mit einschließt. Es erinnert mich sehr an Huxleys „Schöne, neue Welt“, was ich vor etwas über zwei Jahren gelesen habe.

Wenn in „1984“ von „2+2=5“ gesprochen wird, würde jeder natürlich zustimmen, dass „2+2=4“ ist, um eine „wahre Aussage“ konstruieren zu wollen und dass wir diese Zahlen als „natürliche Zahlen“ in der Schule gelernt haben. Dazu fällt mir spontan das Zitat aus dem Film „Lucy“ (2014) wieder ein:

„Die Menschen betrachten sich als einzigartig. Ihre gesamte Existenztheorie beruht auf ihrer Einzigartigkeit. „1“ ist ihre Maßeinheit. Aber so ist es nicht. All unsere Kommunikationssysteme sind nur ein hilfloser Versuch. „1“ plus „1“ gleich „zwei“. Mehr haben wir nicht gelernt.
Aber „1“ plus „1“ war noch nie gleich „zwei“. Tatsächlich gibt es keine Zahlen und keine Buchstaben. Wir benutzen Symbole, um unsere Welt auf menschliche Größe zu reduzieren, damit sie verständlich ist.
Wir haben ein System erschaffen, dass uns das Unergründliche vergessen lässt.“

So mal zum darauf Herumdenken.

Wenn ich mir die Werke von Huxley und Orwell anschaue, ist die Realität gar nicht so weit davon entfernt.

Nur, dass sogar jene, die sich in der Opposition meinen, indem sie täglich ihr Klage- und Demonstrationsliedchen abstimmen, sich durch ihr „Dagegensein“ noch weiter im System bewegen.
Denn das, was man als „System“ bezeichnet, geht über das gewohnt Beobachtete hinaus. Es nimmt seinen Anfang dort, wo die Mehrheit der Individuen am wenigsten hinschaut, in ihnen selbst.

Denn das, was man bspw. mit „Dschihad“ bezeichnen mag, ist der eigene, innere Kampf, der gewohnt nach Außen transportiert wird, um so weiter auf das Vergangene hoffen und zu altem „Wohlbefinden“ zurückkehren zu können.
Dies hat natürlich auch seinen Ursprung, der sich als Verhaltensmuster aus der bedingten Liebe (Fremdliebe in Abhängigkeit) aus einer vorangegangenen Bestrafung heraus entwickelt hat.
Denn aus „gesellschaftlicher Entsprechung“ leitet sich auch die kollektiv tolerierte Zensur und Meinungsfreiheit ab – also, reduziert auf das „System“ erhaltende Informationen.
Das konnte ich persönlich erleben und später in den vielen Kontakten, Gruppen und Gesprächen sehr häufig beobachten, was in der Regel zu natürlichen Trennungsszenarien führte, wo der Wahrnehmungshorizont regelrecht „verteidigt“ wurde, wenn plötzlich klar wurde, dass die „Reise“ hinter dem gewohnten Horizont noch weitergehen würde.

Wie gewöhnlich, überlassen auch Huxley und Orwell dem Leser selbst darüber nachzudenken, welche Ursache den ganzen Szenarien vorausgeht, was die Welt also im Innersten zusammenhält (Denn nur der Selbstdenker kann sich auch selbstbestimmt entwickeln. Dies wird mir der Leser sicher zubilligen.).

Und um der Aktualität noch etwas Raum zu geben: Darin unterscheiden sich weder der eintreffende Ankömmling aus fremdem Lande, noch der ansässige Rest voneinander.

Das mag nun sehr schwer zu verdauen sein, da man sich ja zunächst in Kultur, Sprache und Hautfarbe zu unterscheiden vermag, doch lässt sich das Ganze logisch herleiten:

Der neugeborene Mensch wächst zunächst unter der natürlichen Fremdbestimmung auf. Er kann sich zu Beginn weder geistig, noch körperlich eigenständig entwickeln. Was dabei von wesentlicher Natur ist, verfügt er über eine noch unausgereifte Vernunft, die sich zunächst in einem vordringlich einseitigen Bedarf im „Haben wollen“ zum Ausdruck bringt.
Vernunft in seiner Entfaltung, ist der intuitiv getriggerte Prozess zwischen bedingungslosem Geben und bedingungslosem Empfangen. Daran mag jedes Aufwachsen ausgerichtet sein, anfänglich begleitend, zunehmend hin bis zur Selbstbestimmung des Indidivuums.

Liegt der Fokus der Eltern – im Näheren bei der Mutter (denn alle Menschen gelangen durch sie in diese Welt – auch die Männer) auf der Bedingung: „Du bist solange gut, solange mir dies gefällt“ – also der Fortführung gewohnt gesellschaftlicher Entsprechung, so verbleibt er in dieser Fremdbestimmung.
Man befindet weiter darüber, was für ihn „gut und richtig“ sein soll und es entwickelt sich ein Mensch im Umfeld des kontrollierten Fremdvertrauens, Fremdliebe, Fremdwertgefühls und Fremdbewusstseins. All dies hält er dann für völlig normal. Doch ist es nur ein Schatten von Leben – in Abhängigkeit, Manipulation und „subtiler Vorherrschaft“.

Nach der Familie folgt in der Regel der Kindergarten, wo der junge Mensch die gesellschaftliche Entsprechung in der Gruppe Fremder erfährt, gefolgt von den Bildungseinrichtungen und später im Beruf.
Was lediglich ausgetauscht wird, sind jene, die darüber befinden, was „gut und richtig“ sein soll – in ihrem wiederum belohnten Sinne. Der gewohnte Entwicklungsprozess finalisiert sich in der Regel als Bürger oder Staatsangehöriger in gewohnter Staatsordnung – in der Regel der Hierarchie. Aus der einstigen Mutter, wurden die Pädagogen, dann die Lehrer, dann die Ausbilder, dann die Vorgesetzten, dann die Behörden und die Politiker (Re-Gierungen).

„Nur Gierige brauchen eine Re-Gierung – nur der Unvernünftige seine Betreuer.“

Staat ist dabei nichts anderes, als die Großausgabe der Familie, unter jener oben genannten Bedingung und in der Regel eine Ansammlung belohnter höriger Kinder. Denn was das Kind vom „Erwachsenen“ unterscheidet, ist nicht sein Alter, sondern wie sehr seine Vernunft entwickelt ist und er nicht mehr betreut werden muss.
Denn das, was sich die Gesellschaft unter „Vernunft“ vereinbart hat, ist die anfänglich natürliche Unvernunft (geistiger und materieller, natürlicher Bedarf), die durch die Fremdbestimmung von der Familie an, in allen weiteren Institutionen einfach nur weitergeführt wurde.

Aus diesem Grunde kann klassische Politik nicht funktionieren, wo Kinder andere Kinder wählen, um dann von diesen vernünftiges Handeln zu erwarten.

„Wie mag das wohl ausschauen? Ach so! Das is‘ ja schon so.“

Wer an dieser Stelle noch von „souveränem Staat“ sprechen mag, oder ein eine mögliche Variante sein Herzblut verschenkt hat, dem gebührt ein verständnisvolles Lächeln, Mitempfinden und ein sanftes Schulterklopfen.

Konventionen sind dabei gesellschaftliche Regelwerke, die man niemals in Frage stellen sollte, worin die „ewige Anerkennung der Autorität“ und die „verordnete“ Vorstellung von Demokratie, Freiheit, Selbstbestimmung, Liebe, Frieden, Gerechtigkeit, Werte, Würde, Verantwortung, Vernunft &c. enthalten ist. Denn was mit der Infragestellung droht, ist Ausgrenzung. Es bedarf also des Mutes.

Alles Begriffe, die in der Regel jedoch nur als Worthülsen gehandhabt werden. Dies, weil der Mensch mehr im Außen nach den Werten schaut, die ihm bedingt als Besitz zur Verfügung stehen, solange er sich selbst „systemgerecht“ wie eine „Worthülse“ verhält.
Doch sind es gerade diese Begriffe, die den Menschen ausmachen, indem er ihnen weitreichende Bedeutungen verleiht, sich auf diese Weise selbst erfüllt, indem er sie verinnerlicht und sich so Schritt für Schritt aus dem Alten – der Betreuung – befreit. Darin steckt die eigentliche Würde des Menschen.

„Halten Sie mir, der ich mich so abschätzig über diesen Konsumenten äußere, bitte keine Vorträge über Menschenwürde. Ich bin schon seit langem keinem würdigen Menschen mehr begegnet, sofern ich überhaupt je einen kennengelernt habe. Würde bedingt nämlich persönliche Verantwortung.“ Gerard Menuhin, „Wahrheit sagen, Teufel jagen“

Das Rechtssystem selbst ist ein vom Menschen künstlich geschaffenes Instrument, um die Auswirkungen(!) gesellschaftlich tolerierter Unvernunft, symptomhaft bekämpfen zu wollen, ohne jedoch auf den wesentlichen Kern des Verursachers selbst einzugehen, der sich in fortgeführter Unvernunft und damit verbundener Betreuung und Institutionen wiederfindet. Hier findet die eigentliche Infragestellung des gesamten Systems statt.
An dieser Stelle wird erkennbar, wie weitreichend ein damit verbundener Umdenkprozess geht, wenn man sich entscheidet, sich dem Neuen zuzuwenden.

Was bei der ganzen Thematik im Alten übersehen wird, dass aus der Summe gleichgeschalteter Verhaltensmuster belohnt konkludent handelnde „Untergebene und Vorgesetzte“, sich ein kollektives „Größeres Ganzes“ bildet, was sich durch seine Methoden und Werkzeuge selbst zu erhalten versucht – wie ein Meta-Ich.

„Menschen verteidigen notwendigerweise ihr eigenes „ich“. Wir nennen das: „ohne Grenzen“. Sie werden lügen, betrügen, stehlen, morden. Sie werden alles tun, was notwendig ist, um das aufrechtzuerhalten, was wir „die Grenzen des Ichs“ nennen.“ Andrew Samuels, Ph. D.

Wie gut, dass „jener“ Verursacher sich ein System schuf, um sich notfalls auch genug Ablenkung zu können, wo man sich an Nebenschauplätzen kollektiv „die Hörner abstoßen“ kann. Doch wie lange mag man sich noch im Jammern und Beschweren und Nebenschauplätzen bewegen wollen?

Seit sich das Thema auf meinem Blog mehr und mehr darauf konzentriert, dass die Aufgabe beim Einzelnen selbst liegt, an sich selbst zu arbeiten und jeder sich nur selbst aus seinem geistigen Gefängnis befreien kann, ist die Zahl der Besucher um 50% zurückgegangen, ein gutes Zeichen auf dem richtigen Weg zu sein.

Denn was nutzt es, der Masse hübsche Worte ins Ohr flüstern zu wollen, weil sie gewohnt ist, nur das hören zu wollen, was ihr gefällig ist, weil es nach „gestern“ klingt?

Jemand sagte mal vor langer Zeit, dass die Mehrheit sich dann zum Neuen entschließt, wenn die Angst vor dem Alten größer ist, als die Angst vor dem Neuen. Eine eher nüchterne Sicht der Dinge, wohlgleich doch viel Wahrheit darin steckt.

„In Religionen ist das „Ich“ in der Figur des Teufels manifestiert. Natürlich realisiert niemand, wie klug das „Ich“ ist, denn es erschuf den Teufel, und man kann jemand anders die Schuld geben.“ Dr. Deepak Chopra, M. D.

„Durch das Erfinden eines äußeren Feindes erschaffen wir uns gewöhnlich reale Feinde. Und das wird dann zu einer realen Gefahr für das „Ich“, obwohl es auch dessen Schöpfung ist.“ Dr. Peter Fonagy, PH.D., FBA

„Etwas wie einen äußeren Feind“ gibt es nicht. Egal, was die Stimme in ihrem Kopf Ihnen sagt. Alle Feindbilder, die wir haben, sind nur Projektionen des „Ichs“, als der Feind selbst.“ Dr. Deepak Chopra, M. D.

„Daran erkennen wir, dass all unsere Feinde unsere eigene Erfindung sind.“ Dr. Peter Fonagy, Ph. D., FBA

So wirkt jeder, der sich über sich selbst keine Gedanken macht, warum er so „funktioniert“, an jenem selbst mit, was er nur scheinbar, zu bekämpfen versucht.

Es ist alles eine Frage der Konditionierungen, deren Infragestellung, der eigenen Entscheidung und eigenverantwortlichem „Tun“.

Huxley und Orwell machen lediglich darauf aufmerksam, dass jeder es selbst in der Hand hält. Nur das Opfer weiß sich über den selbst geschaffenen Zustand zu beklagen, weil es sich an Liebgewordenem festzuhalten versucht. Doch wer will letztlich schon ein Opfer sein?

Musikalische Untermalung: Kazik – Ballada o Janku Wisniewskim