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Sucht – über die Suche im Außen

Lesezeit: ca. 10 Minuten

Auf dem Schreibtisch liegen noch zwei Zettel mit einigen Themen, die sicher von Belang sind. Eines davon ist die Sucht, in ihrer vielfältigen Symptomatik.

Der Impuls, diesen Beitrag zu schreiben, kam nach dem Schauen von „Trainspotting“, einem Film von Danny Boyle, von dem es mittlerweile eine sehr gute Fortsetzung gibt sowie der Film „Requiem for a Dream“ von Daren Aronofsky.

Schaut man sich die Ausprägungen menschlicher Süchte an, so kann man in der Tat von Vielfalt sprechen, sei es Rauchen, Drogen, Macht, Alkohol, Sex, Geld, Besitz, Arbeit, Sammeln, Gewalt, Essen oder was auch immer. Gesellschaftlich erscheint es als „normal“, weil es irgendwie schwammig „toleriert“ wird – häufig auch durch belohnte Unterwerfung und Gefügigkeit.

Nun die Entscheidung zu treffen, es einfach nicht mehr zu tolerieren, ist natürlich nicht die Lösung , was einem Verdrängen gleichkäme oder der Bekämpfung oder Behandlung auftretender Symptome und der „Symptomträger“ – Menschen. Dauerhafte Außenregulierung führt stets zu Fremdbestimmung (durch Dauerbetreuung. Gewohnheit herrscht auf beiden Seiten.

Es geht jetzt auch nicht um „entweder…oder“. Das wäre nur allzu einfach gedacht. Vielmehr geht es darum, die Ursachen dafür aufzuzeigen und darüber aufzuklären.

Mich wundert die gewohnte Symptombekämpfung nicht, denn ist sie Teil der Handlungsprinzipien der alten Ordnung – in der Regel, weil man sich wohl nicht mit der Kernverursachung auseinandersetzen mag, da mit Süchten und künstlich geschaffenen Bedarfen ein gutes Geschäft zu machen ist. Das Geschäft mit dem Leben.

Überspitzt kann man sagen: Das Geschäft mit der hausgemachten Entwicklungsbremse des Menschen, ihrer systembedingten Beibehaltung, den weitreichenden Auswirkungen und der gewohnten Behandlung sich daraus entwickelnder Symptome – im Fullservice-Paket.

Bei der Entwicklungsbremse handelt es sich um die bekannte Bedingung, dass man so sein soll, wie andere dies für gut und richtig erachten. Diese zu Beginn des Menschenlebens implementiert, entwickelt sich der Mensch gewohnt in der Fremdbestimmung, die irgendwann jedoch in eine Selbstbestimmung münden sollte, wenn man sich nicht an die gewohnte und belohnte Macht über den anderen selbst gewöhnt hätte.

Natürlicher Bedarf würde dann entstehen, wenn sich der Mensch selbst fragt, was ihn so sein lässt, damit er mehr über sich selbst erfährt und was ihn z. B. in der Manipuliationsfähigkeit halten lässt. Und auch das kann man nicht daruch unterbinden, indem man sich einfach abschottet oder „einen auf Misstrauen macht“, während dies wiederum nur ein Zeichen nach außen projizierten, mangelnden Selbstvertrauens darstellt.

Durch die Fremdbestimmung wird der Mensch in seinem eigenen Entwicklungsprozess sehr häufig behindert ( „Ich muss dich ja schützen“, „Ich will doch nur dein Bestes.“) und er den „Gepflogenheiten“ seines Umfeldes zu „entsprechen“ hat. Und wer nicht „spurt“,…

„Wir wollen, dass ihr es mal besser habt, wenn ihr so seit, wie uns das gefällt.“

Zu Beginn
Der Mensch kommt mit einen natürlichen, nahezu einseitigen Empfangen (materiell und geistig) zu Welt. In der alten Ordnung wird dieses Verhalten zum Großteil durch unbewusstes Oktroyieren (auferlegen) der Bedingung: „Du bist solange gut, solange mir das gefällt“ beibehalten und in nachgelagerten Institutionen weiter konditioniert und ausgebaut.

Die fortgeführte Fremdbestimmung wird dadurch gewährleistet, indem der Mensch in einem von ihm selbstgeschaffenen System aufwächst – bis er umdenkt. Da er gewohnt ist, in einer Meinungsmehrheit zu schweben, tut sich der Einzelne in der Regel schwer damit, aus dem Wust gesellschaftlicher Altlast herauszustreten und zu sagen: „So geht es nicht weiter!“ Meist wird nicht weit genung gedacht und der Wunsch nach „Etikettenwechsel“ gelebt: Neue Farben, neue Logos, neue Namen – zu 90% jedoch nur das Alte. Das Signal: „So geht es nicht weiter“, ist jedoch nur ein Signal an ihn selbst, denn in dem Moment beginnt sein Weg, der hätte bereits vor langer Zeit hätte starten können, wenn er nicht in gewohnter Fremdbestimmung aufgewachsen wäre.

„Das war ja schon immer so.“

Was in der fortgeführten Fremdbestimmung beibehalten wird, ist seine konditionierte Suche im Außen, nach Liebe, Anerkennung, Zugehörigkeit, Aufmerksamkeit und Belohnung für artgerechtes Verhalten – nicht selten mit Hilfe von ihm gegebenen Versprechungen und Märchenwelten.

Die Suche im Außen, ist die lange Reise, die mit der Erkenntnis endet: Dass die einzige Erfüllung des Menschen in seiner inneren Selbsterfüllung liegt oder der Mensch aufgibt und an sich selbst scheitert. Denn die mit dem einseitigen Empfangen verbundene innere Leere lässt sich nur kurzfristig durch Außen zugeführte Aufmerksamkeit und Materie stillen.

Die Gesellschaft erzeugt sich selbst ihre Süchtigen und entlässt sie alsdann, wenn ihnen klar ist, was sie selbst geschaffen hat, und sie nicht ihren Vorstellungen entspricht, sie jedoch selbst dafür verantwortlich ist üfr das System und seine Unsäglichkeiten. Die Säenden ernten ihr Gesätes. Der Fehler liegt bereits darin, dass man sich eine Vorstellung davon macht, wie jemand zu sein hat oder man Erwartungen hegt, die man besser nur von sich selbst erwarten sollte.

Wie sehr doch die programmierte Verdrängung den Menschen bestimmt, nur weil sein Ich ihn glauben lässt. Er wäre es.

„Du bist solange gut…“

Der sich entwickelnde Mensch trägt einen zu entwickelnden Mechanismus in sich, den nur er selbst entfalten kann: die Vernunft und damit verbunden sein Gewissen.

Vernunft ist der intuitiv getriggerte Prozess zwischen bedingungslosem Geben und bedingungslosem Empfangen.“

Was sich die Gesellschaft als „Vernunft“ schön redet, ist lediglich ein vereinbartes Etikett für die tolerierte Unvernunft. Und ein „Ja, aber ich muss doch…“, nur der klägliche Auswurf, nicht „Herr seiner eigenen Verhalten“ werden zu wollen.

An dieser Stelle ist erkennbar, dass der Mensch sich selbst zum Opfer seiner eigenen Willensschwäche macht. Wie gesagt: Der Mensch hat ein „Ich“. Er ist nicht das sich. Das „Ich“ ist der Behälter seiner Konditionierungen, die er verändern kann. Und diese Veränderungen spiegeln sich in seinem tun wider, nicht in seinem Reden. Denn das „Ich“ wird alles erzählen, damit es so erscheint, wie es nicht ist, weil es sich selbst an seine „Existenz“ klammert.

Ein junger Mensch, den man in seiner Entwicklung begleitet, so dass er durch selbst gewonnene Erkenntnis zu einem selbstbestimmenden Menschen erwächst, wird sich an zunehmendem Selbstbewusstsein, Selbstvertrauen, Selbstwertgefühl und wachsender Selbstliebe, Zufrieden- und Ausgeglichenkeit erfreuen.

Fremdbestimmung verhindert all dies zu Gunsten eines Systems (dessen Erzeuger das konditionierte „Ich“ des Menschen selbst ist), dessen eigentlicher Wert der Schein und die Suche nach ihm im Außen verkörpert. Davon lässt sich ableiten, nicht weiter an „alten Rockzipfeln“ zu festhalten, die eine Fremdbestimmung erahnen lassen.

Und dadurch nur die Suche nach Fremdliebe, Fremdwertgefühl, Fremdbewusstsein, Fremdvertrauen und Erfüllung von Außen nur wieder ihren Anfang nehmen würde. Wie man es drehen und wenden mag: Es liegt an jedem selbst.

Die Abwendung vom Leben selbst, lässt den Menschen sich selbst oder andere zerstören.

Jedoch wird das alles auch benötigt, um zu erkennen, dass es bisher so nicht funktioniert hat.

Sucht entsteht aus mangelnder Selbstbeobachtung, Selbstreflektion und Selbstbewusstsein heraus, der der Mechanismus hin zur Sucht sich wie ein leiser Schalter umlegt und man plötzlich etwas „braucht“, weil man sich danach fühlt. Die innere Leere ist dabei der trügerische Abgrund, der sich jedoch durch Selbstliebe im Inneren erfüllen lässt. Diese Mängel finden ihr Ursachen in der fortgeführten Fremdbestimmung und dem außen vorlassen der individuellen Selbstentfaltung.

Das System und mit ihm seine Teilnehmer schafft sich selbst seine Opfer, die es gerne „betreut“: Das „Ich“, was sich vor der Veränderung seiner Programmierung zu schützen versucht, indem es andere davor „schützt“, dass sie sich selsbt entwickeln können.
Dieser Prozess findet durch das gleichgeschaltete „Meta-Ich“ statt, was man klassisch die Hierarchie nennt. Erzeugt durch das durch Beibehalten seiner Programmierung agierende, sich selbst vor Veränderungen schützende Ich, als „Widersacher“ der natürlichen Ordnung.