beobachtend19
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Der wandernde Spiegel

Lesezeit: ca. 7 Minuten

Oh… ein Wandelprozess findet statt… in der Tat… um an sich zu wirken, sich… zu erkennen… sich selbst im Spiegel in die Augen zu schauen… wohl das erste Mal im Leben… schauen zu können… ja… dazu ist ein Spiegel da… gut, dass man einen hat. Er verlangt nur eines: Wahrheit, Wahrhaftigkeit… und Mut. In erster Linie… zu sich selbst.

Denn nicht immer ist das Erkannte einem zugetan… was bedeutet, dass man dort den Sinn darin zu erkennen hat… man nennt es auch… Aufgabe. Anderen wird dabei schnell mulmig, denn auch sie sind plötzlich in Bewegung… geraten…

Plötzlich rutscht vieles in den Fokus… Gewohnheiten… gelebten Alltags… verdrängter Vergangenheiten und Gedanken… Hoffnungen und Sehnsüchte… die Menschen im Umfeld… alles schwingt… anders… unterschiedlich… verwirrt… „Ich will zurück…“…man greift… um sich… “Wo ist denn nur…?”

Dort… ein Spiegel… war dieser vorher auch schon?

Und all dies, aufgrund eines unscheinbaren Momentes… emergenter Wechselwirkungen…einer Begegnung… vielleicht… Zufall?

Hauchend ins Ohr: „Ich hatte das alles schon längst vergessen.“ „…und ich bin hier, um Dich daran zu erinnern.“

Selbst wenn nun so manches Verborgene aus den Tiefen des Seelenozeans emporsteigt… Dinge, von dem man nie ahnte, dass man sie in sich trägt… man den Spiegel gelegentlich zerschlagen möchte… oder sich von ihm abwendet… sich der alten Zeiten sehnend… zurückziehend… sich selbst mit Ausreden und beflügelndem Schönreden bepflasternd… ist er für einen da… um sich selbst zu erkennen… sein…Wahres… auch um darüber nachzudenken… ob man wirklich derjenige welcher ist,der man glaubt zu sein… oder ob nicht das eigene Ego einem die ganze Zeit einen Streich spielt… Kontrolle… was für eine Illusion… Beherrschbarkeit… zaubert mir dies Wort gerade ein schelmisches Schmunzeln auf meine… Lippen.

Ich sehe sie gerade alle flüchten… vor dem, nach dem sie sich sehnen…

Dennoch: “Man bekommt immer das, was man sich nimmt.”

Es geht darum zu erkennen, ob man auch bereit ist… reif… denn… es ist… ein Geschenk… nicht von dieser Welt… sich des irdischen Verstandes entziehend… locker entziehend… im Wandel erfahrend… erinnernd… die Erfüllung eigener Sehnsucht…

Jede Wanderung beginnt mit dem ersten Schritt…

Schwierig wird es, wenn man sich in den Spiegel verliebt… er ist ja immer für einen da…wenn einem danach ist… jedoch… man muss ihn ja… wenn Unangenehmes erkannt wird… auch nicht gleich zerstören… ein paar Kratzer nur… könnten es ja sein… odersich abwenden… fest des Alltags schauend… sich beschäftigen und… ablenken…gelegentlich ihn polieren… damit man sich selbst wieder mal in die Augen schauen kann… ja… schauen… Blicke verraten… so meide man sie… gekniffenen Auges…

Von Bedeutung jedoch ist… das Selbstbild, was man von sich erkannt hat, in seiner Gänze anzunehmen. Selbst dann, wenn konventionelle Grenzen gesellschaftlich konditionierter Wahrnehmung mit einem Tornado gleich überrannt wurden… Erkanntes und Erlebtes kann man nicht mehr rückgängig machen. Wer das Ganze blickt, kann sich nicht mehr abwenden…

Man kann es verleugnen, schönredend verdrängen, sich mit einem erheischten Teil damit wie ein Dieb in der Nacht davonstehlen… flüchtend… auf der Flucht… immer…für immer?

„Man kann sich verstecken, doch vor sich selbst, kann man sich nicht davonlaufen.“ Dies sagte einmal der Boxer Joe Lewis.

Glich das verdrängt Erkannte einem sehnsuchtsvollen Blick auf das Meer – ohne jedoch sein Rauschen, die Wogen und die Brandung vernehmen zu können… zu wollen.

Oder dem Blick in seinen Spiegel… mit verschlossenen Augen… sich an Erinnerungen vergangen Erlebtem klammernd… Fester Stimme: „Es IST nur eine Erinnerung!“

Wie ein durstiger Wanderer… der sich sitzend an der sprudelnden Quelle… nur an das kühle Nass… erinnern möchte… ein Frevel… des Egos… der Spatz in der Hand… nicht erkennend, dass einem das Dach, auf dem die Taube aus dem eigenen Taubenschlag sitzt, längst zusteht… greifbar…

Erkennen ist wie das Platzieren eines Puzzleteils an der richtige Stelle, was plötzlich einen Blick auf das Gesamtbild erlaubt… das Selbstbild… das Spiegelbild… ja… DAS ist es…

DIE Berührung… in dem Moment, wo man gerade noch dachte, es wäre nie möglich… zu fühlen… so zu fühlen… wo Gedachtes durch Getanes erlischt…

Das Ego sich plötzlich fürchtet… keine Kontrolle mehr… dafür ist der Spiegel auch da… ”Fürchte Dich nicht…”

Das ist Wirksamkeit… setzt Energie frei… unhaltbar… durchflutend… Illusionen von Grenzen hinter sich lassend… das Prinzip des Kairos… den rechten Moment fühlend… Richtiges tun… bewusst zu tun… Kraft… geglaubte Vorstellungswelten auflösend… und im selben Moment neu erschaffend… sprunghaft… spontan… emergent… irreversibel…

Was hilft? Loslassen… zulassen. Einfache Worte… der Spiegel weiß…

Alles andere… wildes Herumstochern mit einem Ast in einem Teich, in der Hoffnung… damit eine Forelle aufspießen zu wollen… mit festem Blick auf den Teich… ja… sein Teich… in einem Ozean…

Und das Umfeld? Es kennt nur den Teich…

Ob der berühmte Blick über den Tellerrand letztlich nicht wieder dazu genutzt wird, um sich doch nur auf die Gemüsesuppe mit ihren Möhrchen und Kartöffelchen stürzen zu wollen?

Der Spiegel kennt die Lösung… schaue man nur hinein… wahrhaftigen Blickes… jedoch… er hat bereits einige Kratzer… das Bild verzerrt sich… langsam…

Vielleicht stellt man ihn doch auf den Speicher… verhüllt ihn… säubert ihn gelegentlich…oder gibt ihn fort… vielleicht genügt der Blick durch das leicht spiegelnde Fenster… in die Ferne… sich einst seines Bildes erinnernd… erahnend… vergessend… verdrängend… das Ego… ja… das redet es dann schön…

…auch dies ist Wandel…

(Fulda, A.Berg, 1. Mai 2013)