widerstand
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Sind Sie auch schon ein Terrorist?

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Wenn wirtschaftliche Unterwanderung, Ausgrenzen, Ignorieren nicht mehr ausreichen, dann… ja, dann wird zu stärkeren Keulen gegriffen. Die heißen dann: „Linker“, „Rechter“, „Nazi“, „Antisemit“ (Antisemiten sind übrigens alle, die von links nach rechts schreiben.) und „Reichsbürger“. Und wer hätte es gedacht? Auch das kann man sogar noch steigern. Man spricht dann von „Terrorist“. Mit „man“ definieren sich hier: Betreuer, ihre wortgläubigen Betreuten und willfährig belohnten Untergebenen.

Dass dies für gewöhnlich nur Feindbildprojektionen sind, erkennt der gewohnt betroffene in der Regel nicht – genauso wenig wie jener, der sich zum „Projektor“ zu ermächtigen glaubt. Mir ist das voll bewusst, was ich schreibe – also mit Absicht.

Das womit man es mit „System“ zu tun hat, ist ein kollektiver Entschluss, sich weiterhin gegen das Leben und damit verbundene Selbstentwicklung an sich stellen zu wollen, während man eifrig nach Schuldigen, Tätern und Opfern sucht.

„Großer Bruder, ick hör’ dir trapsen.“

Das alles mag mit verständnisvollem Blick betrachtet sein, denn sie können ja nur, wie sie können, während sie wieder mal – besser: immer noch nicht wissen, was sie tun.

„Mein Vorgesetzter trägt für mein Handeln die volle Verantwortung“, Polizist in Bamberg

Dazu die passende Antwort: „Nehmen Sie einmal den Fall eines Völkermordes. Da beschließt ein eiskalter Diktator fünf sechs Millionen Männer, Frauen und Kinder umbringen zu lassen. Dafür braucht er doch mindestens eine Millionen Komplizen. Mörder und Henker. Wie macht er das, dass man ihm gehorcht?“

„Indem er die Verantwortung auf viele Leute verteilt. Ein Diktator braucht einen funktionierenden Staatsapparat. Das heißt, er braucht Millionen von kleinen Funktionären, von denen jeder eine anscheinend eine unbedeutende Aufgabe wahrzunehmen hat. Und jeder von ihnen wird diese Aufgabe ausführen – mit Kompetenz – und ohne Bedenken. Und niemand wird sich klarmachen, dass er der millionste Teil eines grausamen Verbrechens ist.

Die einen werden die Opfer verhaften. Sie haben nur den Befehl ausgeführt, jemanden festzunehmen. Andere verantworten den Transport in die Lager. Und dabei haben sie nur ihren Beruf als Lokomotivführer ausgeführt. Und der Lagerkommandant, der die Pforte hinter den Opfern zuschlägt, tut seine Pflicht wie ein gewöhnlicher Gefängnisdirektor. Natürlich werden die Mörder und Henker am Ende der Kette besonders ausgesucht. Aber den einzelnen Gliedern der Kette macht man den Gehorsam so einfach wie möglich.“ Aus dem Film: I, wie Ikarus.

Hier geht es natürlich nicht um die üblichen Verdächtigen, sondern das Prinzip dahinter, an dem sich bis zum heutigen Tage nichts geändert hat und immer noch die Gesellschaft so agieren lässt, wie sie einst anfänglich mal konditioniert wurde.

„Du bist solange gut, solange mir das gefällt“, ist auch schon das einzige Virus, was sich die Menschen von Generation zu Generation weiter vererben, während daraus jene Akteure werden, die sich – weil sie ja keine Wahl haben – für die eine ODER andere Seite entscheiden und zu hörigen Anhängern werden.

Kaum jemand stellt sich auf die Seite des Lebens selbst, was kaum verwunderlich ist, weil er damit automatisch von der Gesellschaft ausgegrenzt wird oder sich ausgrenzt. Das ist jedoch der einzige Platz, den es anzustreben gilt. Dazu braucht es weder Waffen oder Tötungsabsichten.

Für den gewohnt außenorientiert-materiellen Gläubigen ein Unding, weil er davon nichts zu haben scheint. Selbstwert und -bewusstsein scheinen ihm also kein hohes Gut zu sein, genauso wenig wie Selbstverantwortung und damit verbunden auch die Würde.

„Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu schützen braucht es daher nicht.“

Und wer nicht an den vordringlichen Materialismus glaubt, kann somit auch kein manipulierfähiger und gläubiger Anhänger der Autorität sein, was ihn sofort zu einem Andersdenkenden macht.

Dabei reicht es als Andersdenkender nicht aus, nur die Akteure bei ihrer Luftnummer zu erwischen, denn recht schnell stellt sich heraus, dass auch die „Gegner“ nur Teilnehmer sind, die sich noch im „entweder…oder…“ bewegen und somit zu Teilnehmern des ihnen bekannten Systems werden.

Das „System“  (Was das ist, wissen Sie ja im Grunde genommen.) ist nichts, was man ablegt und hinter sich lässt. Vielmehr zeigt es, wie es nicht funktioniert  und damit verbunden auch die geschaffenen Institutionen der Gesellschaft, einschließlich Rechts-, Bildungs-, Geldsystem und Konventionen.

Erst durch die Infragestellung (also über das bloße Verdrängen hinaus) der alten Ordnung offenbart sich zunehmend das, von dem sich kollektiv und gewohnt abgewendet wurde.

Widerstand und Kampf sind also vollkommen zwecklos und reichen gerade mal, dem System die notwendige Aufmerksamkeit zu widmen. Weiterdenken und in Frage stellen hingegen hilft, was nichts damit zu tun hat, sich nur darüber genug beschwert, geklagt, gejammert oder dagegen demonstriert zu haben.

Die Luft geht aus dem „System“ heraus, wenn man sich selbst umkonditioniert. Das eigene „Ich“ wird einem natürlich das Gegenteil vormachen wollen, weil der Gewohnte glaubt, er sei sein „Ich“.