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Werkzeuge des Geistes, Teil 5: Der Erkenntnisdialog

Lesezeit: ca. 10 Minuten

(v1.0*) Anders als die gewöhnliche Diskussion, wo in der Regel nur versucht wird, triftige Argumente anzubringen, die den anderen – im Kern überzeugen sollen, beruht der Erkenntnisdialog darauf, dass man sich sozusagen, gemeinsam auf den Weg zu einem größeren Ganzen macht und man sich bereits im Vorfeld darüber bewusst ist, dass Grenzen und Konventionen mitunter auch überschritten werden. Es ist keine Ergebnis offene Auseinandersetzung, wo man am Ende wieder getrennte Wege geht und außer Zeit zu verblasen, nichts dabei herausgekommen ist.

„Das Ziel ist der Weg.“

Während verbreitet noch die Warte- und Klagehaltung praktiziert und sich auf hohem Niveau beschwert wird, fällt erkennbar auf, dass mehrheitlich sich selbst kaum gedacht wird, im Sinne von: „Was kann ich wirklich selbst bewerkstelligen?“

Mit Hilfe der gewohnten Konditionierungen, wird fortwährend gesucht, wie man „die anderen“, die vermeintlich „hauptverantwortlichen Schuldigen“ in irgendeiner Weise „beseitigen“ kann – mitunter durch übliches Beklagen und Beschweren. Kollektiv nennt sich das Demonstrieren. Letztlich sind es nur Ventilfunktionen und Scheinhandlungen. Scheinhandlung deswegen, da sie nicht zu dem gewünschten Ergebnisse führen und nur bei einem selbst den Eindruck erwecken, man würde ja was tun.

„Demos bringen nichts. Damit verschleiern wir nur unser Nichtstun… Wir demonstrieren gegen die Agrarpolitik, nachdem halb Afrika verhungert ist. Wir rationieren das Wasser, nachdem das Grundwasser knapp wird, wir reden über den Klimawandel, nachdem die Welt in Flammen steht.“ „Samantha“, Utopia, 2020

Andere üben sich in der Hoffnung auf Rückkehr des Vorgestern, als „die Endlösung“ oder unterhalten (unten halten) sich eifrig, welche Gesetze und Verfassungen denn nun gültiger seien, während sehr selten wirklich „über den Tellerrand“ geblickt wird.

Diese Sichtweise beruht auf dem prinzipiellen Beibehalten des Systems der alten Ordnung, wo nur die Regelwerke zusammen mit ihren Verkündern lediglich ausgetauscht werden.
Spätestens hier, sollte es klingeln, da man sich erkennbar im Kreise dreht. Der Grund, warum viele sozusagen im Alten (und damit verbundenen Denk- und Verhaltensmustern) verhaftet, sich jedoch nicht darüber bewusst sind.

Sichtlich erkennbar sind zwei Ebenen, die eine der Inhalte, wo nur allzu gern über die Richtigkeit von Informationen lamentiert wird und die Prozessebene, die aus den sich aus den Inhalten ergebenden Mustern (sich wiederholenden Erscheinungen, zum Beispiel: Kriege, Intrigen und Machtübernahmen.) hervorgehen, woraus sich die Frage ableitet, welche Denk- und Verhaltensweisen sind dafür verantwortlich, statt gewohnt nur die „verantwortlichen Schuldigen“ ausfindig zu machen.

An diesem Punkt sieht man deutlich die den Unterschied in der Denkweise. Jener, die sich nur in der Schuldzuweisung üben, entwickeln sich nicht,was jedoch notwendig ist, mitunter erwartet man durch einfache Fragen auch einfache Antworten, die der gewohnten Denkweise entsprechen, was jedoch Unsinn ist, da man mit dem Wissen, aus denen die Probleme hervorgegangen sind, keine wirksamen Lösungen entwickeln kann.

Der einfach gestrickte Akteur übt sich in der Vorstellung, durch Gewalt etwas erreichen zu wollen, was letztlich für ihn nur das Alte auf den Plan ruft. Andere wiederum „kämpfen“ auf dem Papier, während die Empfänger das Geschriebene ignorieren.

Das liegt daran, dass sich die Mehrheit ein Leben auf Sand und geistigen Luftschlössern gebaut hat, die man als einzig wahr, alternativlos und deswegen auch für „ernst“ hält, während die Hinterfragung geflissentlich gemieden wird.

Dann tauchen Menschen auf, und stellen einfach alles in Frage und nicht nur das, woran sich bspw. die Verfechter des „ewig Gestrigen“ zu klammern meinen, sondern gleich das gesamte System, worin sich die Mehrheit gedanklich gewohnt bewegt, wo noch an Institutionen mit „Rechtsstaatlichkeit“ geglaubt wird, es sich jedoch nur noch um Unternehmen handelt und sichtlich erkennbar, sich der gewohnte Mensch „darin“ selbst versklavt und anerzogen (in Erwartung einer Belohnung für seine Haltung) auch selbst unterwirft.

Was sich mit „Staat“ bezeichnet, ist lediglich eine Institution innerhalb des Systems der alten Ordnung. Einmal mehr sich mit dem System, was es ausmacht und wie man ihm beikommt, auseinanderzusetzen.

Wer nun der Meinung ist, es genüge sich nur genug über das ganze in gewohnter Weise zu „erheben“, der irrt, da er hier nur nach den, für das System der alten Ordnung typischen Denk- und Verhaltensmustern agiert, was ihn so erst zum Verfechter des Alten macht.

Bei einem Erkenntnisdialog geht es grundsätzlich darum, den geistigen Kreisverkehr zu verlassen und die „Überhebung“ findet durch Erkenntnis statt. Warum?
Weil die ganze Nummer auf der Prozess-, also auf der geistigen Ebene stattfindet und es sich vordringlich um eine rein mentale Angelegenheit handelt. Warum?
Weil Schuldzuweisung und die vielen weiteren Verdrängungskonzepte, nur anerzogene(!) Verhalten sind.

Die Veränderungen von Verhalten, Konventionen und Gewohnheiten schließt den Blick auf die eigenen Denk- und Verhaltensweisen unabdingbar mit ein. Warum das so ist, kann man hieraus erkennen:

„Ist das nicht das Ziel? Der Grund, warum wir kämpfen, um das Kämpfen zu beenden? Damit wir nach Hause kommen?“ „Tony Stark“, Avengers: Age of Ultron, 2015

Oder:

Es geht nicht darum den Krieg zu gewinnen, sondern darum ihn zu beenden.“ Captain Marvel, 2019

Wer also meint, so weiterzumachen wie bisher, während er alles bekämpft, was nicht seiner Meinung ist, der bewegt sich in einem selbstgeschaffenen Kopfknast, den er auch noch zu verteidigen meint.

In einem Erkenntnisdialog geht es um Erkenntnis, als nur übliche Feststellungen. Dazu ist es jedoch mitunter notwendig erst einmal das „Tal der Unsäglichkeiten“ zu durchwandern und durch Hinterfragung und schrittweiser Infragestellung wieder zu verlassen, während die gewohnte „Jammergestalt“ das Verweilen darin zum Lebensziel gemacht hat, während sie sich damit begnügt, die Situation nur laut genug beklagen zu wollen.

Ein Erkenntnisdialog erfordert ungebremstes Interesse, authentische Entwicklungsbereitschaft, Lösungsorientierung und unabdingbar die Bereitschaft das „Tal der Unsäglichkeiten“ und das gewohnte Beklagen hinter sich zu lassen. Authentisch meint, sich zuerst selbst und damit auch dem anderen nichts vorzumachen.

Erkenntnisdialog hat nicht einfach etwas damit zu tun, sich im gewohnten Lernstil „akustisch befüllen“ zu lassen. Das notwendige Reflektieren entsteht im Dialog von alleine, wenn das Interesse an der eigenen Entwicklung und Erkenntnissen wirklich vorhanden ist.

Diskutieren kann man auch mit Menschen, die kein Interesse an ihrer eigenen Entwicklung haben, was jetzt nichts mit dem üblichen Karriere- und System gerechten Denken und Verhalten zu tun hat.

Authentizität ist das Gegenstück des „so tun, als ob“, ein Phänomen des selbst bestimmenden Menschen, was Mut erfordert, als sich hinter Maskeraden und Spitznamen zu verstecken.

Beim Erkenntnisdialog geht es nicht darum, dass einer am Ende gewinnt, sondern beide.

Erkenntnis hat nicht einfach etwas damit zu tun, dass man Geschehnisse betrachtet, lediglich das Gegebene feststellt und sich in gewohnter Weise darüber ausmärt (fortwährendes Durchkauen der ewig selben Themen in der Hoffnung, darin doch noch eine Lösung zu finden), wie schlecht doch alles sei und die anderen ja die „Bösen“ seien.

„Gut und Böse“ wurde für den einfachen Menschen erschaffen, um ihn schnell wieder in die Schranken zu weisen, sollte er mal nicht den Vorstellungen seiner Autoritäten entsprechen oder sich gar erdreisten, deren Handeln, Sinn und Zweck zu hinterfragen. Doch genau darum geht es.

Im Kern geht es darum hinter den Grenzen der Konventionen und gesellschaftlich anerzogenen Grenzen eine Art neues Lager aufzuschlagen, von dem Man den Weg immer weiter gehen kann – immer weiter über die künstlichen Grenzen hinaus. Dazu ist der Erkenntnisdialog gedacht.

Während die Wikinger noch vor Christoph Columbus neues Land entdeckt hatten, geht es darum nun die innere Welt zu entdecken. Jeder kann also sein eigener Entdecker/Forscher sein.

Das was sich eventuell davor fürchtet, ist nicht der Mensch, sondern lediglich sein „Ich“.

Werkzeuge des Geistes, Teil 6: Der Glaube