hinterfragend
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Da ist sowohl eine neue, wie auch eine alte Welt

Lesezeit: ca. 12 Minuten

Heute mal ein paar Gedanken beginnend als Geschichte. Wer also mag, sei dazu eingeladen.

Der gestrige Tag war beherrscht von brühender Hitze, sodass sich die Temperaturen in der Nacht nur sehr widerwillig von der Materie lösen mochten.

Und selbst das Meer, was sich in diesem Moment, über den alten Schreibtisch hinweg, durch das offene Fenster beobachten lässt, scheint über die doch noch gelungene nächtliche Abkühlung froh zu sein.
Alsdann folgt der entspannte Blick zurück über die steinigen Klippen und die steinerne Terrasse, diese bestellt mit allerlei Pflanzen und Kakteen zum Schreibtisch zurück wandert.

Eine leichte von Seetanggeruch getragene Morgenbrise – die sich schlaftrunken noch zu sehr die gestrigen Temperaturen erinnert, sorgt dafür, dass sich die Blätter mit den Notizen neben der Tastatur nur allzu bereitwillig aufbäumen.
Der in die Jahre gekommene Rechner schickt sich derweil an, den allmorgendlichen Startvorgang hinter sich zu bringen, bis mit seiner Hilfe wieder Gedanken zu „Papier“ gebracht werden können.

Ein flüchtiger Blick durchs Fenster, zeichnet kreisende Möwen über drei Fischkuttern, die sich vom südlich gelegenen Hafen des naheliegenden Fischerdorfs, bereits auf den Weg zur täglichen Arbeit befinden.

Das Leben wird einem geschenkt – besser: Das Leben ist ein Geschenk – noch besser: Das Leben beschenkt sich selbst – ein Prozess, in dem alles Lebende in einem unendlichen Entwicklungsprozess eingebettet ist.

Leben ist Veränderung, Lernen und Anpassung und davon abgeleitet, Wahrnehmen, Fühlen, Denken und Handeln.
Und am Handeln kann man stets erkennen, ob sich wirklich etwas geändert hat.

An dieser Stelle entpuppt sich rückblickend so manch in der Vergangenheit geäußertes Vorhaben als reines Wunschgebilde. Doch auch das musste so sein. Denn Entwicklung bedeutet auch: zu erkennen.

Das mit Limettenwasser gefüllte Glas zur Rechten, wandern die Finger über die Tastatur, bevor beide anschließend ihre Funktion erfüllen.

Es sind jene herausragenden Momente der Klarheit, die sich ihren Weg durch alltägliche Betrachtungen bahnen, über übliches Gewusel einer lauten Welt hinweg und davon nicht vereinnahmen lassen.

Wie oft wurde sich schon darüber aufgeregt: „Da draußen laufen nur noch Zombies mit Mobiltelefonen herum.“ Ich weiß mittlerweile nicht mehr, wie oft ich diesen Satz gehört hatte.

Die Fischkutter sind mittlerweile aus dem Blickfeld entschwunden, während ein nachgeschenkter Schluck aus der gläsernen Karaffe folgt.

Auf der anderen Seite gab es jene, die sich vor langer Zeit mal aufgemacht hatten, die Dinge zu hinterfragen, sich jedoch nur im Dagegensein des Bisherigen verfingen, eine entschlossen Weile taten, doch an ihren eigenen, von ihren Eltern einst auferlegten und später anerkannten Grenzen scheiterten.
Sie hatten an alles gedacht, nur nicht in ihrem Voranschreiten sich auch selbst in ihren Dagegensein zu hinterfragen.

Und so schuf sich so mancher kein wirklich tragbares Fundament.

Die als gewohnt angenommene Verdrängung überlagerte die Sichtweise auf eine natürliche Entwicklung. Und so schienen sie irgendwann wieder verschwunden zu sein.

Es war auch nicht damit getan, das Bisherige nur zu kritisieren und das Beklagte nur durch genehmere Inhalte zu ersetzen, während jedoch die dahinterliegenden Prinzipien zwingend die gleichen bleiben sollten.

Jene Prinzipien und Regelwerke, die das System ausmachten, gegen dessen sicht- und spürbare Auswirkungen sich die Akteure nicht selten heroisch zur Wehr setzten.

Diese Regelwerke waren da, und doch konnte man sie nicht sehen. Dennoch zeichneten sie sich durch eines aus: Auch damals beeinflussten sie den gewohnten Beobachter in seiner Wahrnehmung, seinem Fühlen, seinem Denken und Handeln.
Dies mit dem Unterschied, dass die meisten nicht wussten, warum sie so reagierten, was sich jedoch später zunehmend in der Gesellschaft veränderte.

Ein Einfluss, dessen sich zunächst kaum jemand gewahr wurde, während er fest entschlossen und unbeirrt seine, sich daraus ergebende Ziele verfolgte.

Nicht selten gab es sie, die Wegbegleiter. Doch immer weiter bewegte man sich von all jenen fort, während man ihnen gleichzeitig doch so nahe war.

Der Entschlossene verweilte eine kurze Zeit auf seinem Weg, während er dabei andere traf, die sich an die Pause wohl zu sehr gewöhnt hatten. So geriet Abschied zur Normalität.

Dieses Mal war es keine Entdeckungsreise in der äußeren, es war das Entdecken einer längst vergessenen, inneren Welt.

Erst das Außen zeigt, wie die innere Welt ausschaut, denn man kann nur das wahrnehmen, was man in sich trägt. Es verändert sich, wenn man sich ändert.

So manchem war das nicht so recht klar, da es nicht um die Geschehnisse selbst ging und geht, sondern die Bedeutungen, die man den Geschehnissen stets verleiht.

„Verleiht“ im Sinne von eine Zeit überlässt oder zuordnet.

Nun kann man das Wahrgenommene und seine damit verbundene Bedeutung dazu nutzen, um sich weiter daran festzuklammern, um es gleichzeitig durch kräftiges Wehklagen und Bejammern zum Abzug beschwören zu wollen.
Doch am Ende blieb und bleibt stets der Blick auf sich selbst mit der einzigen Frage: Warum nehme ich die Dinge so wahr?

Das Telefon klingelt zweimal und verstummt. Eine kleine Weile ist vergangen und die Karaffe „erwartet“ alsbald Nachschub.
Der Gang in die Küche, neue Limetten und kühles Wasser. Es folgt ein Moment innerer Ruhe, danach zurück an den Schreibtisch – Rituale.

Zu Beginn der Reise machte es wirklich Sinn, das Vorhaben als Herausforderung, statt gewohntem Problem anzunehmen, was sich jedoch erstmal als Odyssee erwies.

Ein Problem ist ein Sachverhalt, den man nur allzu gern anderen zur praktischen Lösung überlässt, während man hofft, dass das Ergebnis am Ende den eigenen Vorstellungen entspricht.

Warum „es Sinn macht“, statt „sinnvoll zu sein“? Der Mensch verleiht den Geschehnissen dieser seiner Welt eine Bedeutung, die er entweder tiefgründig erfasst oder oberflächlich gewohnt aburteilt.
Mit ersterer entwickelt er sich zum bewussten Werkzeug der Gestaltung und überwindet den Status des objektiven Beobachters und Kaschierers der ihm dargelegten, sicht- und spürbaren „Probleme“.

Das Warten auf der anderen auf die anderen führte dazu, dass sich nur Wenige auf den Weg begaben – nicht selten von Enttäuschungen über das Erreichte geplagt.
So gehört jedem Mut, Kraft und Zuspruch, der sich weiter auf den Weg macht.

Aus den vielen Erfahrungen der anderen ließ sich irgendwann ableiten: Wenn etwas wieder in sich zusammenfällt, ist es noch lange nicht das Richtige.
Wenn es nicht weiterzugehen scheint und sich Widerstand entwickelt, ist das bisherige Wissen ausgeschöpft.

„Wenn man alles ändert und es nachher doch wieder genauso erscheint, hat sich vom Prinzip her nichts geändert.“

Die Infragestellung, warum man Geschehnisse so wahrnahm, gaben sich so manche Akteure nicht hin und so wurde meist nur ein Thema gegen ein anderes ausgetauscht, während die dahinterliegenden Prinzipien – und damit ihre Verhalten, die gleichen blieben.

Hatten sich diese Prinzipien jedoch erst einmal offenbart, erschient das beobachtete Tun der Mehrheit zunehmend obskur.

So wie sich ernstlich und engagiert auf der Suche nach Lösungen mit so manchem Thema auseinandergesetzt wurde, schienen jene gegen alles zu sein, was nicht ihrer Meinung entsprach – welche, ohne dass sie dies selbst wahrzunehmen schienen, von ihren Programmierungen beeinflusst war – beeinflusst von ihren Konditionierungen.

Wie sagt man jemandem etwas, was er gleichzeitig nicht zu wissen wollen gedenkt, obwohl er – ohne es zu wissen – bereits danach sucht? Man reicht ihm einen kurzen Hinweis.
Es sei denn, jener zeigt offenes Interesse, dann kann man aus dem Vollen schöpfen.

So kümmert man sich also um seine eigene Entwicklung und hinterlässt dabei Brotkrumen auf dem weiteren Weg ins „Unbekannte“.

Auf dem Weg zeigte sich indessen, dass sich eine große Mehrheit keine Gedanken über sich zu machen schien. Zwar geht es stets um Veränderung und Anpassung, jedoch war Veränderung und Beibehaltung des Bisherigen zu beobachten, was die beiden wesentlichen Strömungen offenlegte:

Die eine aus Verbleib, Fest- und Beibehalten sowie Verteidigen des Erreichten gegen Veränderung, als eine Simulation von Leben und auf der anderen ein sich Annähern an den natürlichen Fluss des Lebens und der eigenen Veränderung.

Diese beiden Strömungen existieren – wie zwei Welten – parallel nebeneinander, getrennt durch eine nahezu unsichtbare Membran, die für den Gewohnten erst dann durchlässig wird, wenn er sich entschließt, den Regelwerken des gewohnten Systems „auf den Pelz zu rücken“.

Damit verbunden, die Infragestellung der eigenen Regelwerke, die einen sonst – da unbetrachtet – nur „funktionieren“ lassen.

An dieser Stelle wird auch klar, warum dies mit keinem Geld der Welt erkauft werden kann. Ebenso wenig kann man eine innere Leere mit der Materie des Universums füllen.

Dem ganzen Thema kann man sich „verständlicherweise“ nicht widmen, wenn man in den gewohnten „Alltag“ eingebunden ist.
„Alltag“ meint hier in den gewohnten Denk- und Verhaltensmustern zu verweilen, die einen selbst so funktionieren lassen, ohne dass man merkt, dass sie einen „funktionieren“ lassen – besser: ohne das man wissen will, dass sie einen „funktionieren“ lassen. Und so bleibt es die Entscheidung des Menschen selbst, sich auf den Weg zu machen.

Die Sonne kündigt sich mittlerweile über der Terrasse an. Die Karaffe ist noch halbvoll. Ein Glas gefüllt und Zeit für einen Aufenthalt im Draußen.

Musikalische Untermalung: