1 Million Psychopathen in Deutschland – angeboren oder anerzogen?
(Dr. Martin Bartonitz, 14.Mai 2012) Mich hat das Thema des Psychopathen noch nicht losgelassen, scheint es doch dieser zu sein, der in unerkannt in höchste Machtpositionen gelangen kann und damit für den Niedergang einer Gemeinschaft oder Organisation oder zumindest für den Erhalt einer solchen kalten sorgt.
Stellt sich die Frage, ob die Eigenschaften es Psychopathseins angeboren und damit nicht heilbar oder ob sie anerzogen werden und damit ein Chance auf Heilung hätten.
Woran lassen sich Psychopathen erkennen?
In dem Artikel Persönlichkeitsstörung – Woran erkennt man Psychopathen? ist darüber zu lesen, dass es inzwischen einen Test mit Fragen gibt, über deren Beantwortung ein Psychopath auszumachen ist. Hares berühmte Liste zeichnet ein wahrhaft wahnwitziges Bild:
Psychopathen sind demnach charmant wie George Clooney, verlogen wie Pinocchio, betrügerisch wie Bernard Madoff, selbstherrlich wie Josef Stalin, aufbrausend wie Adolf Hitler und sexuell untreu wie Giacomo Casanova. Sie übernehmen niemals Verantwortung für das, was sie tun. Und der vermutlich entscheidende Punkt: Sie sind nicht dazu in der Lage, Reue oder Mitgefühl mit anderen Menschen zu empfinden. Sie haben buchstäblich kein Gewissen. Robert Hare hat den typischen Psychopathen als »Raubtier in Menschengestalt« bezeichnet.
In Deutschland leben rund eine Million Psychopathen, so hätten neue Studien ergeben. Manche von ihnen arbeiten unerkannt in hohen Führungspositionen und seien wie gesagt gefährlich. Die Wahrscheinlichkeit, dass wir alle schon einen Psychopathen kennengelernt hätten, wäre gleich 100%.
… Denn die meisten Psychopathen sitzen nicht im Gefängnis, sondern führen ein freies und unerkanntes Leben. … »Einige von ihnen arbeiten in den allerhöchsten Positionen der Geschäftswelt. Hier finden sie alles, was sie interessiert: Geld, Macht, Kontrolle über andere Menschen. Man trifft sie in der Politik, im Gesundheitswesen, den Medien – intelligente Psychopathen sind häufig sehr erfolgreiche Menschen.« Mit anderen Worten: Ihr Boss könnte ein Psychopath sein. Oder der Boss von Ihrem Boss.
Das ist schwerer Tobak. In meiner Rückschau könnte ich allerdings zumindest einen ausmachen. Es war der CEO einer Firma, die 2.100 Mitarbeiter zählte. In den mittelständischen Firmen, die ich überwiegend kenne, mein ich allerdings, keinen zu sehen.
Lassen sich Psychopathen an ihrem Gehirn erkennen?
In dem Artikel Psychologie-Mythen: Macht Hirnjogging wirklich schlauer? wird in dem dritten Abschnitt Psychopathen lassen sich am Gehirn erkennen trotz dieses Titels festgehalten, dass im Umkehrschluss zumindest aufgrund von Gehirnstrukturen ein Psychopath nicht festzustellen ist:
Anhand der Bilder eines einzelnen Gehirns kann man nach wie vor nicht die geistige Gesundheit beurteilen.
Werden Psychpathen erst gemacht?
Das ist die eigentlich spannende Frage. Denn wenn sie erzogen werden, müsste ein Psychopath auch geheilt werden können. Ich lese gerade in dem Buch Der Fremde in uns von Arno Gruen, einen Psychoanalytiker, der nach dem 2. Weltkrieg viele Ehefrauen und Kinder von Nazi-Größen als Patienten hatte. Darin ist folgende Passage über den letzten deutschen Kaiser zu lesen, überliefert von Fürst Eulenberg (S. 44):
“Der Kaiser erinnert sich mit Bitterkeit über die bei ihm angewendeten Erziehungsmethoden, vor allem an die mangelnde Liebe der Mutter und die verfehlten Experimente seines Erziehers. ”Er wolte aus mir sein Ideal eines Fürsten machen … So kommt es, dass ich absolut nichts empfinde, wo andere leiden … Es fehlt mir etwas, das andere haben. Alle Lyrik in mir ist tot”.” Was ihm übrig blieb, so Meyer, war ein Sichbeweisen in Tüchtigkeit. Ein Wert, der, in seiner Abstraktheit jener emotionalen Anbindung beraubt, letztlich auch das gefühllose Töten möglich macht.
Gruen zeigt in seinem Buch auf, dass Menschen, die auf unbedingten Gehorsam gepolt wurden, die Gewalt der Eltern dennoch als Liebe deuten. Und dass solcher Art konditionierte Menschen aufgrund des nicht bewussten Wissens um ihre eigene Opfer Rolle wieder Andere Opfer suchen, um so einen Ausgleich zu finden. Gruen schreibt weiter (S. 45):
Tatsache jedoch ist, dass alltägliche Verleugnung (von Gewalt) normaler Bestandteil unserer Kultur sind. Der Wahrheit ins Auge zu blicken fällt uns generell schwer (siehe u.a. Verschwörungstheorie). Wir alle sind gefangen in der Angst zu sehen, was wirklich ist. … Wir stufen solche Menschen als normal ein, die sich der allgemeinen Verleugnung anpassen und so in unserer Kultur erfolgreich operieren. Es stimmt hoffnungsvoll, dass es Menschen gibt, die sich zum Teil befreien können. Der dänische Film Das Fest von Thomas Vinterberg zeigt, dass ein Aufdecken der Verleugnung möglich ist.
Und auf Seite 56 kommt es dann ziemlich dicke, unsere ach so gelobte Staatsform betreffend:
Die Ohnmacht, die aus dem Verlust der eigenen Wurzeln entsteht, weckt im Menschen einen inneren Zwang, Macht und Besitz über alles zu stellen. Das aber führt dazu, dass er sich von selbst entfremdet. … Die historisch überlieferten Staatstheorien, die seit dem 3. Jahrhundert vor Christus entwickelt wurden, um gesellschaftliche Machtstrukturen zu rechtfertigen, lassen sich als Korrelate des Gehorsams lesen, dessen Strukturen der Aufrechterhaltung des Staates dienen. Dies gilt für alle Staatsformen. Diamond schreibt: “Wie Marx richtig bemerkte, lässt sich der Prozess der Staatsbildung und der Funktion des Staats hinaus verallgemeinern.” Das Ergebnis ist die Ausbeutung des Individuums, dessen Eigenes zum Fremden gemacht wird, was für die Mehrheit der Menschen den Verlust ihrer Schöpferkraft und ihrer Selbstständigkeit bedeutet.
Ich hatte dieses Wochenende in einem heftigen Disput formuliert, dass wir in unserer Demokratie eine strukturelle Gewalt spüren, es zwar keine physische Gewalt ausgeübt wird, aber durch die Hartz IV Gesetzgebung und dem Ausleihen von Arbeitnehmern dennoch eine Diktatur des Marktes erleben und daher die Menschen dies nun zunehmend spüren und daher an Burn-Out und Depression erkranken. Für mich wird es immer klarer, dass wir erst wieder ein friedvolles Miteinander schaffen, wenn wir zu einer Gesellschaft kommen, in der die Menschen selbstverantwortlich und frei, damit selbstbestimmt leben können. In dem die Grundbedürfnisse bedingungslos bereitgestellt sind, so dass sich so jeder sein Talent finde und entwickeln kann und mit diesem seinen Beitrag freiwillig in die Gemeinschaft einbringt. Z.B. so, wie es Markus Schade in dem Entwurf seiner Geistesgesellschaft entwirft.