Thomas Hobbes’ „Leviathan“ (Teil 1?)

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(v1.6, textliche Optimierung ) Vorab: Warum die Strukturen, in denen der Mensch/die Person lebt, heute so sind und worauf das Treiben gewählter Herrschaften und ihren sie erwählenden Untertanen basiert, damit setzt sich der heutige Beitrag auseinander. Wie es sich zur rechten Zeit am rechten Ort fügt, kam es vor etwa einer Woche zu einem Dialog über das Blog-Thema: das System.

Dabei kam ebenfalls jene Erscheinung zur Sprache, die in Orwell’s Roman „1984“ als der „Große Bruder“ bezeichnet wird, worauf meinem Bekannten spontan Thomas Hobbes „Leviathan“ einfiel, den ich mir später herunterlud und sogleich zu lesen begann.

Hobbes wurde 1588 in Westport, Wiltshire (England) geboren und „war“ seiner Zeit Mathematiker, Staatstheoretiker und Philosoph. „Leviathan“ zählt dabei zu seinen bekanntesten Werken, was sich mit dem Wesen eines Staates und der Kirche auseinandersetzt.

„Leviathan (hebräisch לִויָתָן liwiatan „der sich Windende“) selbst ist ein kosmisches Seeungeheuer aus der jüdischen Mythologie. Seine Beschreibung enthält Züge eines Krokodils, eines Drachens, einer Schlange oder eines Wals. Der Leviathan soll am Ende der Welt von Gott besiegt werden.“ (Wikipedia)

Hobbes‘ Werk „Leviathan“ erscheint zunächst 1651 in englischer, etwas später in lateinischer und ca. 140 Jahre nach der Ersterscheinung in deutscher Sprache. Hobbes selbst blieb sich bis zu seinem Lebensende seiner Herkunft bewusst.

Die beiden ersten Teile – den Menschen und den Staat betreffend – kann man zusammen mit einer zweiteiligen Einführung bei Roland Welcker herunterladen. Für die Bereitstellung ein sehr herzliches Danke.

Anfänglich hatte ich vor, einen längeren Beitrag zu schreiben, habe mich jedoch nun anders entschlossen.
Er wirkt im Lesefluss etwas abgehackter, weil ich „vor Ort“ das eine oder andere kommentiert und passenden Filmzitate eingefügt habe, ähnlich eines Reißverschlusses – manches auch unkommentiert lasse, damit sich der Leser auch eigene Gedanken dazu machen kann.
Einiges habe ich der Menge und des Aufwandes wegen weggelassen, was der Leser im PDF selbst nachlesen mag.

Vorweggenommen: Es haben sich die bisherigen Gedanken auf diesem Blog – ohne den „Leviathan“ in der Vergangenheit gelesen zu haben – voll bestätigt.

Zu erwähnen ist, dass Hobbes’ Werk einige Zeit auf dem „Index Librorum Prohibitorum“ („Verzeichnis der verbotenen Bücher“), einem Verzeichnis der römischen Inquisition gelistet war, wo man für das Lesen des Werkes exkommuniziert wurde und deshalb „nicht in den Himmel“ kam. (sinngemäß der Fußnote, Seite 15)
Hinweisend: Der Index wurde zwischen 1559 und mit Nachträgen bis 1962 geführt. (siehe: Wikipedia, „Index Librorum Prohibitorum“).

Dass der „Leviathan“ auf dem Index war, liegt wohl daran, dass Hobbes dem „alternativlosen Herrschaftssystem“ dessen Alternativlosigkeit nahm, indem er dem Leser zwischendurch auch die Alternative aufzeigt, die über das gewohnte „Reich des Menschen“ hinausgeht und damit den Glauben an die Machtstrukturen mit ihren „Herren“ dennoch ins Wanken bringt und die Entschlusskraft des Menschen ihr übriges tut.

Die Grundlage eines Staates – so Hobbes – bildet der Gehorsam der Untertanen, auch „Bürger“ genannt, gegenüber ihren – wie er schreibt – „Oberherren“ – jenem, als die höchste Staatsgewalt und Souverän.
Der „Oberherr“ ist gleichzeitig auch der Gesetzgeber. Übertretungen der vom Oberherren gegebenen Gesetze gleichen der Verachtung seiner Person, so Hobbes.

Wenn der unbedingte Gehorsam zum Oberherren und zum Staat Grundgesetz ist, so lässt sich hier ebenfalls die Schwäche dieses wechselseitigen Vertrags erkennen, wo der Staat auch sein Ende findet – so Hobbes.

„Das Lesen dieser Schriften verleitet monarchische Untertanen sehr häufig, dass sie sich selbst für Sklaven, die aber für freie Leute halten, welche in einem demokratischen Staat leben.“ Seite 225

Hobbes unterscheidet in seinem Werk zwischen göttlichen und menschlichen Gesetzen. Die des Menschen sind dabei Verteilungs- und Strafgesetze. (Seite 202)

„Recht auf Leben“, „Freiheit“ und „Eigentum“ werden bei Hobbes als „Naturrecht“ angenommen, mit der Aufgabe des „Oberherren“, diese und den Bürger/Untertanen vor Beeinträchtigungen und „Feinden“ zu schützen.

Die Gehorsamkeit zum Oberherren erlischt „unter anderem“ auch dann, wenn der Herrscher seine Bürger nicht mehr schützen, also das „Naturrecht“ auf Leben, Freiheit und Eigentum des Bürgers nicht mehr gewährleisten kann.

„Ich übergebe mein Recht, mich selbst zu regieren, diesem Menschen oder dieser Gesellschaft unter der Bedingung, dass du ebenfalls dein Recht über dich ihm oder ihr abtretest.« Auf diese Weise werden alle Einzelnen eine Person und heißen Staat – oder Gemeinwesen. So entsteht der große Leviathan oder, wenn man lieber will, der sterbliche Gott, dem wir unter dem ewigen Gott allein Frieden und Schutz zu verdanken haben.“ Seite 143

„Der große Leviathan (so nennen wir den Staat) ist ein Kunstwerk oder ein künstlicher Mensch, — obgleich an Umfang und Kraft weit größer als der natürliche Mensch, welcher dadurch „geschützt“ und „glücklich“ gemacht werden soll.“ Seite 44

„Hegel definiert den Staat als „Volkspersönlichkeit“, als individuelles Ganzes, das Herrscher und Beherrschte umfasst.“ (Seite 22, 1. Einführung)

Über sich selbst regieren zu wollen (Anmerkung: also „Herr über sich“ zu sein), dies abzugeben, beruht auf gewohnt erfahrener Fremdbestimmung und daraus entstandenem Verhalten, stets für das anerzogene, eigene, innere Machtvakuum andere zu suchen und zu ernennen, um es damit befüllen zu wollen.

„Zu dieser höchsten Gewalt gelangt man auf zweierlei Wegen. Einmal: wenn ein Vater seine Söhne zum Gehorsam zwingt, denn er kann ihnen durch Verweigerung des Unterhalts das Leben nehmen; oder auch wenn man überwundenen Feinden unter der Bedingung das Leben schenkt, dass sie sich unterwerfen.
Zum anderen, wenn mehrere die höchste Gewalt einem Menschen oder einer Gesellschaft in der Hoffnung, geschützt zu werden, freiwillig übertragen.
Das erstere führt zum Eroberungsstaat, das letztere zum institutionellen Staat, von welchem zuerst gehandelt werden soll.“ Seite 144

Anmerkung: „Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.“ Artikel 6, Abs. 1, Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland

Was die Vorstellung von Eigentum angeht, so unterscheidet sich die Sichtweise von Locke und Hobbes in der Weise, dass Hobbes davon ausgeht, dass ein Herrscher auch über das Eigentum seiner Bürger verfügen kann, um notfalls den Staat zu erhalten.

Der „Oberherr“ selbst ist dabei nur mit seinem Gewissen an den Staatsvertrag zwischen Bürgern/Untertanen und „Oberherr“ gebunden und nicht den von ihm gemachten Gesetzen unterworfen, sonst würde er sich ja selbst einschränken. Später widerspricht sich Hobbes in seiner Aussage.

„Die Vorschriften über das Mein und Dein, über das Gute und Böse, Erlaubte und Unerlaubte in den Handlungen müssen daher von dem Oberherrn gemacht werden; denn von dem allein hängt der Frieden im Staat ab. Diese Vorschriften bekommen den Namen: Bürgerliche Gesetze, dergleichen ein jeder Staat hat;…“ Seite 148

Ohne die gewohnte Ordnung aus Bürgern/Untertanen und ihren „Oberherren“ und bürgerlichen Gesetzen, sieht Hobbes den Menschen in einem „Bellum Omnium Contra Omnes“ – also einem „Krieg alle gegen alle“, was von der irrigen Vorstellung herrührt, allen(!) würde etwas, jemand oder gar das Leben selbst gehören, was sie demnach auch wieder verlieren könnten und zu verteidigen hätten.

Nebenbei: Wenn jemand bei „Naturrecht“ von „der Stärkere gewinnt“ und von „Faustrecht“ zu sprechen meint, tut er dies nur, weil er glaubt, etwas, jemand oder das Leben würde ihm gehören, was er wieder verlieren könnte.

Als Endziel eines Staates wird die Erhaltung des Friedens und des Schutzes (gegen Feinde) genannt. (Sarkastisch anmerkend: Dies am besten im Rahmen einer einvernehmlichen Betreuung.)

„Im Naturzustand hingegen, wo ein jeder des andern Feind ist, kann man, ohne Verbündete zu haben, nicht sicher leben.“ Seite 127

„Etwas wie einen äußeren „Feind“ gibt es nicht. Egal, was die Stimme in ihrem Kopf ihnen sagt. Alle Feindbilder, die wir haben, sind nur Projektionen des „Ichs“, als der Feind selbst.“ Dr. Deepak Chopra, M. D., Revolver, 2005

Was die Aufrechterhaltung eines heutigen Staates angeht, nutzt es wenig, nur die „ungerechten“ gegen „gerechte“ Oberherren auszutauschen, da so die Ordnung aus Untertanen und Erhabenen nur weiter bestehen bleibt.
(Anmerkung: Mal außer Acht lassend, dass es sich bei den heutigen Staaten nur noch um international agierende Unternehmen handelt, was jedoch den Fokus auf die Hintergründe einer „funktionierenden Wirtschaft“ lenkt.

„Obwohl an der First Avenue so viele Flaggen wehen, gibt es heute keine Nationen mehr. Nur noch Unternehmen… internationale Unternehmen. Da sind wir. So funktioniert die Welt.“ „Kuman-Kuman“, Die Dolmetscherin, 2005 )

Die Grundlage für Kriege beruht auf der Vorstellung, dass dem Menschen etwas gehören würde, was es notfalls zu verteidigen/ zu erobern gilt, verbunden mit dem anerzogenen Glaubenssatz: Wer hat, der ist.

„Betrachten Sie den Krieg eher als ein Konzept, nicht als Menschen, die Menschen töten, sondern eher als Unfrieden. Der Tod ist ein Zustand des Körpers, Krieg ein Zustand des Geistes.“ „Father Whiteleather“, Horsemen, 2009

„Unterwirft sich ein im Krieg überwundener Monarch seinem Sieger, so hört die bisherige Verbindlichkeit seiner Bürger gegen ihn auf, und sie sind dem Sieger nunmehr Gehorsam schuldig. Wird der Monarch aber gefangen gehalten, so geht er dadurch der obersten Gewalt in seinem Staat noch nicht verlustig; vielmehr sind seine Untertanen gehalten, auch dann den von ihm angesetzten und bevollmächtigten obrigkeitlichen Personen wie sonst Gehorsam zu leisten.“ Seite 174

Die übliche Vorstellung von Eigentum und dessen Verteidigung vor möglichem Verlust beinhaltet noch einen weiteren Aspekt: Durch „wohlwollendes“ Zugestehen von Eigentum, verbunden mit dem weiteren Zugriff des „Oberherren“ darauf, lässt sich der Untertan, der einst in der Familie zur Gehorsamsbereitschaft und Entsprechung erzogen wurde, auch weiter fremdbestimmen und auch dazu „bewegen“, Steuern und Abgaben zu entrichten, wenn er sein „Eigentum“ auch weiter „sein Eigen“ nennen will.

„Eigentum verpflichtet… zu Gehorsam.“

„Ihr sehnt euch still nach dem, was ihr nicht habt. Und das was ihr habt, fürchtet ihr zu verlieren. Für 99,9% eurer Art, ist das die Definition von Realität. Sehnsucht und Furcht, Baby. Da gibt man jedem, was er will, oder?“ „Analytiker“ zu „Neo“, Matrix Resurrections, 2021

Zu haben und es zu schützen ist das, was nicht nur den Staat ausmacht, sondern auch das System, IN dem sich der Staat als eine von vielen Institutionen realisiert. Das System bildet den Nährboden für die Existenz eines Staates.

Das System selbst beruht auf den Denk- und Verhaltensmustern der Menschen, davon abgeleiteten Konventionen und es aufrechterhaltenden Wertvorstellungen.
(Anmerkung: Im Kern der anerzogene Glaube an den Wert von Geld, „Eigentum“, Arbeit, Ressourcen, Produkten, Dienstleistungen usw.). Diesen Denk- und Verhaltensmustern geht die gewohnte Erziehung zur Gehorsamsbereitschaft und Entsprechung voraus, als Grundlage für die Entwicklung hierarchischer System-, Staats- und anderen Organisationsstrukturen. Aufrechterhalten wird die Struktur durch oben genannte Wertvorstellungen, wohlwollend vergebenen Privilegien und „Grundrechten“. Föderalismus.

Nimmt man die Werte (einschließlich der Vorstellung von Eigentum) spaßeshalber mal als illusorisch an, was dem gewohnten Denker abstrus erscheint, da er doch nur dann etwas „ist“, wenn er „hat“ – mal ungeachtet, dass er sich, dann bisher selbst „über den Tisch gezogen hat“, bzw. von seinesgleichen „über den Tisch gezogen“ wurde – werden damit nicht nur Kriege obsolet, sondern erblickt der Mensch auch das erste Mal die Freiheit.

Manche „Staaten“ sprechen davon, dass sie schließlich ein „freies Land“ seien, sind sie es jedoch nicht, wenn sie andere Nationen dafür zu unterwerfen meinen, so sind sie genauso abhängig von den unterworfenen Völkern, wie auch umgekehrt.
Gleiches trifft auf die Erhabenen zu, die die Untertanen für den Erhalt ihrer eigenen Existenz benötigen. Letztlich halten sich jeweils beide Lager gegenseitig in wechselseitiger Gefangenschaft (siehe: „Gefangenendilemma“, Spieltheorie), solange sie an ihren selbstgeschaffenen Regeln und Glaubenssätzen festzuhalten meinen.

„Man kann Macht über andere Menschen ausüben, solange man ihnen etwas gibt. Nimmt man einem Menschen aber alles, dann hat man seine Macht über ihn verloren.“ Aleksandr Solzhenitsyn

Die Vorstellung vom Eigentum an einem Menschen beginnt für das junge Leben mit seiner Geburt, wo die Vorstellung herrscht, es würde dem Vater und/oder der Mutter gehören – im wesentlichen der Mutter, weil sie es geboren hat.

Zum Unterschied: Das junge Leben ist ein Geschenk des Lebens (etikettiert mit „Gott“) an sich selbst. Das führt gleichsam zu einer fundamental anderen Vorgehensweise, was die Entwicklung der Sicht-, Denk- und Verhaltensmuster des jungen Lebens angeht – siehe auch: die „unbefleckte Empfängnis“ und führt zudem zu einer vollkommen anderen Sichtweise von Mensch sein und seinem Bezug zum Leben.

Hobbes weist darauf hin, dass es der Mensch ist, der die Prinzipien der Rechtsordnung erzeugt.

„Wie aber die Menschen, des Friedens und der Selbsterhaltung wegen, einen künstlichen Menschen (den Staat) gemacht haben, so haben sie auch künstliche Bande (bürgerliche Gesetze) erfunden, welche sie durch gegenseitige Verträge, einerseits gleichsam an die Lippen des Oberherrn, andererseits aber an ihre Ohren befestigt haben.
Diese künstlichen Bande sind das, wodurch die bürgerliche Freiheit eingeschränkt wird; denn da die Gesetze unmöglich auf alle und jede Handlung ausgedehnt werden können, so schreibt man dem Bürger eine Freiheit nur in Hinsicht derjenigen Handlungen zu, über welche die Gesetze nichts bestimmen.“ Seite 168

Dies ist mit ein Grund, warum innerhalb einer staatlichen Ordnung (Anmerkung: sei sie bspw. mal mit „freiheitlich demokratischer Grundordnung“ bezeichnet) im Grunde genommen nur von Freiheiten, Freizügigkeiten, Reisefreiheit, finanzielle Freiheit usw. gesprochen werden kann, da sie einer Autorität bedürfen, die sie wohlwollend gewährt – oder, wenn es opportun erscheint, einschränkt oder sogar aufhebt.
Jene Freiheiten haben jedoch nichts mit der Freiheit an sich gemeinsam.

Was die vom Menschen geschaffene Rechtsordnung insgesamt angeht: „Als Fiktion bezeichnet die Rechtswissenschaft die Anordnung des Gesetzes, tatsächliche oder rechtliche Umstände als gegeben zu behandeln, obwohl sie in Wirklichkeit nicht vorliegen.
Hierbei kann die Fiktion das genaue Gegenteil der tatsächlichen Umstände als rechtlich verbindlich festlegen. Eine Fiktion kann deshalb im Prozess auch nicht widerlegt oder entkräftet werden, da sie definitionsgemäß vom tatsächlichen Sachverhalt abweicht.
Das Wort „gilt“ ist in Gesetzestexten ein Indiz für das Vorliegen einer Fiktion, sie kann sich aber auch in Legaldefinitionen verbergen.“ Fiktion(Recht), Wikipedia

„Die Naturgesetze ausgenommen, muss jedes Gesetz vermöge seiner Natur und Wesen durchaus bekannt gemacht werden, weil sonst die Einhaltung desselben ganz wegfällt.“ Seite 198

Neben den bürgerlichen Gesetzen existieren die natürlichen, die man also kennen sollte. Jedoch werden sie nicht verkündet. (Anmerkung: Wenn über die Naturgesetze nicht gesprochen wird, bleibt all jenen nur die von den „Oberherren“ gegebenen Gesetze.)

„Die Rechtsfähigkeit des Menschen beginnt mit der Vollendung der Geburt.“ §1 Bürgerliches Gesetzbuch

Die Frage nach der Rechtsfähigkeit beantwortet sich – in Unkenntnis der natürlichen Gesetze (überpositives Recht) – deshalb nur in Richtung der vom Menschen geschaffenen Gesetze des positiven Rechts. Ich schütte Recht und Gesetz mal in einen Topf.

„Die Naturgesetze nicht zu wissen, entschuldigt keinen; denn von jedem, der den Gebrauch seiner Vernunft hat, wird auch angenommen, dass er dieselben kenne, und wisse, dass man einem anderen das nicht tun sollte, was man nicht will, dass er uns tue.“ Seite 206

Anmerkung: Die Auseinandersetzung mit den natürlichen Gesetzen, führt den Menschen – als einen Zwischenschritt – wieder weg von seinen künstlichen „Oberherren“, hin zum Leben selbst, als die einzig anzuerkennende Quelle.

„In einem Staat hängt die Auslegung der natürlichen Gesetze nicht von den Lehrern und Schriftstellern der Moralphilosophie, sondern von dem Staat selbst ab. Deren Lehren sind vielleicht wahr; aber nicht durch Wahrheit, sondern durch öffentliche Bestätigung wird etwas zum Gesetz.“ Seite 199

„Denn das Naturgesetz, welches auch göttlichen Ursprungs ist, will, dass wir dem Staat in allem Gehorsam leisten, nicht aber, dass wir demselben in allem glauben sollen.“ Seite 202

„Und wie in den nichtchristlichen Staaten gewöhnlich diejenigen, welche von ihrer Religion abfallen, gestraft werden, ebenso geschieht es in den christlichen Staaten mit denen, welche von dem Christentum abfallen.“ Seite 204

Anmerkung: Belohnung und Bestrafung sind Methoden, um den Bürger/den Untertanen dazu zu bewegen, sich entsprechend systemkonform zu verhalten.

„Nicht minder muss der Landesherr Strafen und Belohnungen gehörig austeilen. Da aber der Zweck der Strafen keineswegs Befriedigung der Rache oder des Zornes ist, sondern dadurch entweder der Verbrecher selbst oder andere durch sein Beispiel gebessert werden sollen,…“ Seite 236

Anmerkung: „Bestrafe einen, erziehe viele.“

„Ist das gemeine Volk einmal aufgebracht, so greift es nicht bloß die an, welche eine Ungerechtigkeit begingen, sondern auch diejenigen, welche sie veranlassten und durch ihre Macht zu unterstützen scheinen. Solche Verbrechen aber, welche aus allgemeiner menschlicher Schwäche herkommen, und von solchen begangen werden, die heftig gereizt oder in große Furcht gesetzt, und in außerordentlicher Not waren, oder auch nicht wissen, ob das, was sie tun, ein Verbrechen sei oder nicht: solche Verbrechen können und müssen vermöge des natürlichen Gesetzes gelinde bestraft werden.“ Seite 236

Anmerkung: Bestrafung für Nichtentsprechung

„Bei Empörungen ist die Bestrafung der Rädelsführer und Aufrührer, nicht aber des verführten Pöbels dem Staat des warnenden Beispiels wegen nützlich; denn, was der Pöbel tut, weiß er nicht.“ Seite 237

„Der Oberherr darf also diejenigen, welche durch veranlasste Unruhen im Volk sich mächtig zu machen streben, nicht durch Belohnungen davon abzuhalten suchen, sondern er muss sie gleich im Anfang, wo die Gefahr noch gering ist, als späterhin, wo sie größer wird, mit Gewalt unterdrücken.“ Seite 237

„Der Mensch im Naturzustand; ohne Staat, ohne Gerichte. Der Staat und der Mensch unter dem Staat.“ Fußnote, Seite 44

„Bürgerliches Gesetz hingegen deutet eine Verbindlichkeit an, wodurch die natürliche Freiheit entweder ganz aufgehoben oder doch beschränkt wird.
Von Natur hat nämlich jeder Mensch das Recht, seine Kräfte und Fähigkeiten nach eigener Willkür zu gebrauchen; dieses ward aber durch das bürgerliche Gesetz aufgehoben, nur bei denen nicht, welche es nicht wagten, sich dem Schutz der bürgerlichen Gesetze anzuvertrauen.“* Seite 204

* „Ein Staatenloser ist gemäß dem Staatenlosenübereinkommen der Vereinten Nationen vom 28. September 1954 „eine Person, die kein Staat auf Grund seiner Gesetzgebung als seinen Angehörigen betrachtet.“ Einfacher ausgedrückt ist ein Staatenloser eine Person ohne Staatsbürgerschaft, die von keinem Staat geschützt wird. (Wikipedia)

Hobbes spricht von menschlichen und göttlichen Strafen. (Anmerkung: So bedeuten die göttlichen bspw., dass „man immer das erntet, was man gesät hat“.
Vom Menschen gemachte Gesetze bedürfen einer künstlichen Regelung „von oben“, die mit der Exekutive in Erscheinung tritt, während „göttliche“ Gesetze selbstregulierend sind.

„Die Rache ist mein; ich will vergelten, spricht der Herr.“ (Römer, 12,19) (Anmerkung: Es klingt zwar dramatisch, bedeutet jedoch nur, dass es sich von selbst regelt.)

„Wir Abendländer haben unsere Meinungen über die Einrichtungen der Staaten und deren Rechte aus dem Aristoteles, Cicero und aus andern Griechen und Römern geschöpft, welche in demokratischen und aristokratischen Staaten lebten, und jene Rechte nicht aus den Prinzipien der Natur ableiteten, sondern das, was Gebrauch und Gewohnheit bei ihnen mit sich brachten, in ihre Staatsschriften ungefähr ebenso aufnahmen, wie Sprachlehrer dasjenige, was zu ihrer Zeit üblich ist, zu Sprachregeln zu machen pflegen.“ Seite 170

Anmerkung: Es geht also auch um Gewohnheitsrecht.

„Sobald bürgerliche Gesetze aufhören, gibt es auch keine Verbrechen mehr; weil alsdann nämlich nur noch die natürlichen Gesetze gelten, so ist jeder sein eigener Richter und wird bloß nach seinem Gewissen beurteilt*. Mit der bürgerlichen Gewalt fallen folglich alle Verbrechen weg; und wegen des Rechts „aller auf alles“ gibt es kein Recht oder Unrecht mehr.“ Seite 206

* Der nicht mehr fremdbestimmte Mensch, der sich in Vernunft und Gewissen entwickelt, richtet sich nach seinem Gewissen.

Mit der anerzogenen Vorstellung, Recht auf „alles“ zu haben, weil einem jeden etwas gehören, bzw. zustehen würde, er „ja“ ein Anrecht auf Eigentum habe, führt diese Haltung in der Tat zu einem Verteilungsproblem.

(Anmerkung: Die Frage ob es systembedingt „Eigentum“ gibt ODER nicht, ist irrelevant, da beide Vorstellungen gleichzeitig existieren und somit zu zwei unterschiedlichen Systemen führen.)

Die Ursache liegt allgemein in der Illusion, dass einem etwas, jemand oder gar das Leben gehören würde, man „Eigentum“ hätte, steht jedoch dieser Gedanke entgegen: „An dem Tag, an dem man erkennt, dass niemandem etwas, jemand oder gar das Leben selbst gehört, ist der Tag, an dem man auch nichts mehr verliert.“

Hobbes stellt in den Raum, dass für ein friedliches Zusammensein der Menschen, diesen jedoch der Verstand und Geduld fehlen, dazu erforderliche Gesetze zu entwerfen.
Das liegt lediglich daran, dass sich der Mensch aus heutiger Sicht selbst kaum Gedanken macht, warum und nach welchen „Regeln“ (Denk- und Verhaltensmustern) er selbst funktioniert, was es seinen „Herrschern/Oberherren“ nur allzu leicht macht.

„Der Unterschied zwischen den Eliten und der Masse besteht darin, dass die Eliten wissen, wie die Masse funktioniert, während die Masse nicht wissen will, wie sie funktioniert, denn schließlich muss sie ja arbeiten, Geld verdienen und wieder ausgeben gehen.“

Bei dem ganzen Tamtam darf man den Einfluss des anerzogenen Glaubens an den Wert von Geld und Arbeit nicht übersehen, der es den Herausgebern des Geldes und der Arbeit immer wieder leicht macht, während das Kernphänomen (der heutigen Wirtschaft) eben nicht mit einem gewerkschaftlichen Streik und einer „vereinbarten Lohnerhöhung“ gelöst ist und so weiter im Hintergrund wirkt und unbetrachtet bleibt. Ein ebenfalls global-gesellschaftliches Thema, was mit diesem hier in engem Zusammenhang steht und in anderen Blog-Beiträgen ausführlich zur Sprache gebracht wird: die Wirtschaft. Nicht zu vergessen: Das Geldsystem. So am Rande.

„Und schließlich: wenn in einem auswärtigen oder inneren Krieg ein Staat in der Art besiegt wird, dass die Bürger von demselben keinen ferneren Schutz erwarten können, so hört der Staat auf, und dann steht es jedem Bürger frei, sich Schutz zu suchen, wo er will.“ Seite 228

„Ein Reich, was von seinen Feinden vernichtet wurde, kann wieder entstehen. Aber eins, was von innen zerbricht… das ist tot.“ „Helmut Zemo“, The First Avenger: Civil War, 2016

„Weil ferner der erste Unterricht der Kinder von der Sorgfalt der Eltern abhängt, so verordnete Gott, dass sie, fünftens, angewiesen würden: ihren Eltern zu der Zeit Gehorsam und nochmals unausgesetzt Ehrerbietung zu erweisen.“ Seite 232

Anmerkung: Man sollte nicht alles glauben, wenn geschrieben steht, dass es „von Gott verordnet“ sei.

Die Familie ist in der Regel die Institution, wo Gehorsamsbereitschaft und Entsprechung in das Verhalten des jung geborenen Lebens „Einzug“ halten.

„Die natürliche Gerechtigkeit ist einzig nur dem Gewissen unterworfen, welches unter der alleinigen Leitung Gottes steht, und dessen Aussprüche Gesetze der Natur sind, da Gott nicht bloß der Urheber der ganzen Natur ist, sondern auch auf die Herzen der Menschen wirkt.“ Seite 237

Die gewohnte Form der Gerechtigkeit wird bei Hobbes in der Weise beschrieben: „Wird die Gerechtigkeit von Handlungen gebraucht, so nehmen einige Gelehrte dabei eine Tausch- oder Verteilungs-Gerechtigkeit an…“ (Seite 129).

Falls also jemand fragen sollte: Vernunft ist der intuitiv getriggerte Prozess zwischen bedingungslosem Geben und bedingungslosem Empfangen. Sie ist der Hort der Gerechtigkeit, des Friedens und der Freiheit. Gewissen ist zu spüren, was rechtens ist.“

„Die Vernunft aber liefert uns einige zum Frieden führende Grundsätze und das sind die natürlichen Gesetze.“ Seite 37

„Dass des Menschen bloßer Naturzustand oder die völlige Freiheit, wie sie bei denen ist, welche weder selbst herrschen, noch beherrscht werden, solchen Zustand entgehen könne, Gesetze der Natur sind; dass ein Staat ohne höchste Gewalt, sie sei nun in den Händen eines Einzigen oder einer Gesellschaft, unmöglich sei; und dass endlich der Bürger seinem Oberherrn einen unbedingten Gehorsam erweisen müsse, nur in dem nicht, was den göttlichen Gesetzen entgegen ist — dies alles ist bisher hinreichend erwiesen worden.“ Seite 240

„Nur die also, welche glauben, dass ein Gott sei, der für die Menschen sorge, und welche Gottes Gebote anerkennen, sind Bürger des Reichs Gottes;…“ Seite 240

(Anmerkung: Den Rest mit den „Feinden“ habe ich weggelassen, da „Feinde“ lediglich Projektionen des eigenen „Ichs“ sind, als der „Feind“ selbst. Die Feindbildprojektion dient dazu, um die eigenen Verdrängungskonzepte, Denk- und Verhaltensmuster rechtfertigen zu wollen.)

Hobbes erwähnt in seinem Werk ebenfalls die „Person“, als ein von der „Schaubühne“ entlehntes Wort, als ein „gemachtes Gesicht“, entlehnt von den Lateinern und den Griechen als „das menschliche Antlitz“ gesehen.

„So oft wie jemand die Vorstellung seiner eigenen Person mit der Vorstellung von den Handlungen eines anderen Menschen verbindet: Jemand bildet sich ein, er sei Herkules oder Alexander (wie es dem leidenschaftlichen Leser der Heldengeschichten oft ergeht), so ist dies eine zusammengesetzte Einbildung und ein bloßes Hirngespinst*.“ Seite 50

* Das gilt auch für alle Berufe, Ämter, Titel, verwandtschaftlichen Beziehungen usw., da es sich – über das Wesen des Staates hinaus – insgesamt nur um ein Rollenspiel handelt, wo sich der gewohnte Mensch für seine Person (Rolle, Hülle, Maske „Ich“ (Etikett für die eigenen Denk- und Verhaltensmuster) hält, da ihm der Unterschied zwischen Mensch und Person unbekannt ist. Der Gewohnte geht davon aus, dass Mensch und Person ein und dasselbe seien.

Von der Schaubühne ist dieses Wort entlehnt und in den Gerichtshöfen aufgenommen worden,…“ Seite 135 (Von Personen und Haupt-Personen)

„Die natürliche Person, ist der Mensch in der Rolle als Rechtssubjekt.“**

** Die Frage von welchem Recht, ob es sich dabei um das positive und/oder des überpositive Recht handelt, beantwortet sich in Unkenntnis der göttlichen Gesetze zumindest eine Weile von selbst.

„Es ist ein beachtlicher Unterschied, ob man eine Rolle nur spielt oder ob man die Rolle ist.“

Die vom Menschen gemachten Gesetze gelten für Personen, die im juristischen Rahmen als Legaldefinition geschaffen werden, damit die Gesetze auch „adressierbar“ sind. Der Mensch selbst bewegt sich, wenn er sich entschließt sich in Vernunft und Gewissen entwickeln zu wollen, im überpositiven Recht, den „göttlichen“ Gesetzen.

„Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Sie sind mit Vernunft und Gewissen begabt und sollen einander im Geiste der Brüderlichkeit begegnen.“ Artikel 1, Allgemeine Erklärung der Menschenrechte

Die Würde des Menschen – aus dem ersten Artikel des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland – ist nur deshalb unantastbar, weil sie das Leben selbst ist, was über das Dasein des Menschen hinausgeht und somit nicht geschützt werden braucht und nicht geschützt werden kann, was keine Oberherren, Vorgesetzte und reichlich betitelte Würdenträger kennt. Deshalb wird versucht, den Menschen versucht durch „Schutz“ vom Leben abhalten zu wollen.

Nachtrag: Bei allem was hier mit „Gott“ oder „göttlich“ oder mit anderen heute existierende Namen bezeichnet wird, handelt es sich um das Leben selbst.

„Gott ist mir näher als meine Halsschlagader.“ Koran

Was kann es also „Näheres“ geben, was alles miteinander in Verbindung bringt, wenn nicht das Leben selbst?

Hinweisend: Das mit Markierungen versehene PDF kann man hier herunterladen.

Musikalische Nachbehandlung:

Nachtrag: Hobbes spricht auch von Versprechen, die wie Verträge in die Zukunft gerichtet, eingehalten werden sollen. Wissen Sie was das Beste ist? Man macht einfach keine Versprechen mehr und verkneift sich derartige Aussagen – gleich wie sehr ein Gegenüber darauf besteht.