Spotlight – Kirche im Wandel
Erst vor zwei Tagen schrieb ich einen Beitrag zum Thema Religionen – ein heikles Thema, wie es zunächst erscheint, zumal es auch an allen Ecken rumort. Nicht nur die klassische Bedeutung von Staat und allem, was damit in Verbindung steht, ist davon betroffen. Auch die Religionen stehen im Zeichen des Wandels und das „System“ selbst sendet Signale zum Umdenken.
So sah ich den Film „Spotlight“, der von der spektakulären Aufdeckung klerikaler Pädophiler in Bosten/Massachusetts berichtet. Für die Aufdeckung federführend zeichnet der „Boston Globe“ und es handelt sich hierbei nicht um eine fiktive Geschichte. Es lohnt sich, den Film anzuschauen. Sicher wird sich der gewohnte Betrachter aufzuregen wissen, doch vielmehr lohnt es sich, den Film aus systemperspektivischer Sicht zu betrachten. Auch innerhalb des Films geht es um „das System“ selbst. Der Film basiert auf wahren Begebenheiten, die darin gelegentlich eingestreuten Zahlen, lassen das gesamte „System der Kirche“ für den gewohnten Betrachter in einem mehr als nur seltsamen Licht erscheinen. Es wird im Film sogar betont und man kann in der Tat von einer Offenbarung sprechen.
Nun könnte man der Meinung sein, dass es sich eher um eine Randerscheinung in der Filmbranche handelt, die irgendwo unter der Kinokasse gehandelt wird. Spätestens mit bekannten Namen wie Mark Ruffalo, Michael Keaton, Rachel McAdams, Liev Schreiber, John Slattery, Stanley Tucci gewinnt der Film die notwendige Beachtung, und abgerundet wird das ganze Thema durch den Oscar® als „bester Film“, „bestes Drehbuch“ und weiteren Nominierungen.
Bei diesem Thema beschäftigt mich eher das, was der Leser von mir kennt, welche Verhaltensmuster führen zu jenen Auswirkungen, die dann als Phänomene das Tageslicht der Masse erreichen, welche Muster zum Schweigen führen und welche Rolle die Opfer selbst spielen. Darüber hinaus zeigt sich, dass das „System Kirche“ in Form der hierarchischen Organisation, sich selbst als Zerrbild präsentiert.
Nach dem Film kam spontan die Frage auf: Wie schafft man einen Glauben, der sich nahtlos in eine Weltordnung einfügt, ohne dass seine Infragestellung zunächst schwerfällt, bzw. sogar verdrängt wird?
Spätestens an dieser Stelle macht es Sinn, die polarisierte Ebene zu verlassen, wenn man eine klare Antwort erwartet, die die gewohnte Suche nach Schuldigen aushebelt: Es sollte nie anders sein.
Denn auch hier ist erkennbar, dass Glaube so einfach nicht funktioniert, wenn er durch Vorgesetzte „gelebt“ wird, jene getrennt vom normalen Leben, der Glauben getrennt vom Alltäglichen.
„Das System ist dazu da, dass man das Geistige ins Tägliche bringt.“ Zitat, jüdische Gemeinde Fulda
„Und warum ist das nicht einfach so?“ „Ganz einfach, weil wir als Gesellschaft selbst diese Aufgabe haben und nicht an „Auserkorene“ abzugeben (zu verdrängen) haben.
Der Film zeigt, das nicht nur die Opfer die Opfer alleine sind, sondern „das System“ – also die Hierarchie – eine Organisationsform geschaffen von Opfern ist, die sich hinter Vorgesetzen beschützt sehen wollen.
Es ist nicht die Tat, die das Opfer in dem Moment zum Opfer macht, sondern seine Konditionierungen, die es ihn selbst in die Situation führen lässt.
Jene Mehrheit, aufgewachsen in einem System, dessen Opferkonzepte sich als Gewohnheiten und Konventionen darstellen und zu selbstgeschaffenem Leid und Kampf im Individuum führen – all dies geprägt von gesellschaftlich vereinbarter Projektion.
„Das System“ stellt sich mit diesem Film selbst in Frage und überlässt uns dabei das notwendige Weiterdenken. Es ist auch erkennbar, dass der Lösungsweg zunächst nur beim Einzelnen selbst liegt.
Weiterdenken ist angesagt – auch was die gewohnte „Vorstellung von Weltreligion“ aus gewohnter Opferhaltung heraus anbelangt.