Die tauben Weißen sind Möwen, Teil 2
(v1.0) Da erscheint es doch mehr nur als Ausrede, wenn behauptet wird, dass der Mensch ja nur ein Tier sei.
So ist es wohl an der Zeit, dass er Mensch wird, und sich nicht mehr von seinen Denk- und Verhaltensweisen beherrschen lässt und so dem geschaffenen Rollenspiel entwächst, worin er sich bisher sogar für seine Rolle zu halten meint.
„Mutationen sind der Schlüssel zu unserer Evolution. Sie haben es uns ermöglicht, uns von einzelligen Organismen zur komplexesten Spezies auf dem Planeten zu entwickeln. Dieser Prozess erstreckt sich gewöhnlich über große Zeiträume. Aber alle paar Jahrtausende macht die Evolution einen Sprung nach vorne.“ „Dr. Xavier“, X-Men, 2000
Doch vielleicht hat sich die Menge weiträumig schon längst aufgegeben und wartet nur darauf jemandem im passenden Moment die Schuld dafür zu geben oder auf den „Erlöser“, den „Führer“.
„Der gewohnte Mensch steht an einer Haltestelle und wartet auf jenen Bus, der ihn mitnimmt, während er selbst der Fahrer ist.“
Gewohntes Kritisieren, Klagen, Jammern und sich beschweren, sind Handlungen, die nicht wirklich etwas ändern, sondern nur auf einen Verbleib in einer entstandenen Situation hinweisen, mitunter in der „anerzogen-entwickelten Rolle des unschuldigen Opfers der Umstände“.
Manche machen sich diese Rolle selbst zu Nutzen, werfen sich selbst in den Staub, um alsdann aus dieser Position heraus im rechten Moment, mit dem Finger auf die Schuldigen zu zeigen, während andere wiederum für das „Opfer“ Mitgefühl zeigen.
Nicht nur „Täter“ und „Opfer“ sind Rollen innerhalb des Rollenspiels, was jedoch deswegen nicht erkannt wird, weil sich der Mensch für die Rolle hält.
Nicht zu vergessen, dass ganze Tamtam auf kleine, mittlere und große Gruppen angewandt – letztlich auch die Gesellschaft insgesamt – im täglichen Gruppenzwang zu entsprechen.
Die von den Autoritäten wohlwollend zugestandenen Grundrechte – in Thomas Hobbes „Leviathan“, 1651, sprach er von zugestandenen Rechten auf Freiheit, Leben und Eigentum, bedeutet das nicht, im Umkehrschluss „Freiwild“ zu sein, nur weil in „Alles oder Nichts“ gedacht wird und damit das „Recht des Stärkeren“ und das „Faustrecht“ zu begründen seien. Im Grunde jedoch liegt alles Recht beim Leben.
„Ja, aber die anderen könnten doch…“, ist nur eine Rechtfertigung, sich weiterhin genauso zu benehmen.
Wenn etwas tiefer greift, als gewöhnlich
So ein „Politikwechsel“ mag ja recht nett klingen. Der Gegner gönnt dem anderen jedoch keinen Erfolg, während das betreute Volk nur noch lange Gesichter macht.
All das Gewohnte geht jedoch in einem Paradigmenwechsel schlichtweg unter.
Während das Schiff leckgeschlagen ist und sinkt, diskutiert man in der Kombüse lieber darüber, wer das nächste Mal die Kartoffeln schält und was sein Tun wert sein soll.
„Klavierspieler vortreten zum Kartoffeln schälen!“
Dass etwas – nur mal rein gedanklich – gar keinen Wert hat, da tut sich der im Haben erzogene Mensch damit jedoch schwer.
Denn dann würde dies auch bedeuten, dass er auch nichts wert ist, was den beiden Rollendarstellern „Vater“ und „Mutter“ auch nicht gefallen würde, weil er ja einst losgeschickt wurde, damit er arbeiten geht, um etwas zu „werden“.
„Da ist so eine Grundeinstellung da draußen. Da geht was ab, da ist so viel Hoffnungslosigkeit. Was sollen wir da machen?“ „Das ist nicht leicht zu beantworten, aber wenn… vielleicht gelingt es uns durch das Fernsehprogramm oder auch durch andere vorstellbare Programme, den Menschen klar zu machen, dass jeder Einzelne von ihnen wirklich wertvoll ist.“ „Ja, und das geht schon in der Kindheit los. Wir dürfen nicht unterschätzen, wie wichtig sie ist.“ „Ich glaube nicht, dass sich jemand gut entwickeln kann, wenn er nicht als derjenige akzeptiert wird, der er ist. Man hört so oft den Satz: „Oh, wenn du mal groß bist, wirst du es zu etwas bringen.“ Das sagen so viele in diesem Land. Das heißt, ein Kind wird also für das wertgeschätzt, was es mal sein wird und nicht für das, was es ist. Es wird eines Tages ein großer Konsument. Und je schneller wir die Kinder aus dem Nest werfen, damit sie unsere Produkte kaufen können, desto besser.“ Dialog „Arsenio Hall und Fred Rogers“, Der wunderbare Mr. Rogers, 2019
Es bedarf des genaueren Hinsehens, um zu erkennen, dass sich das Gewohnte mehr auf einer oberflächlichen Ebene von Etiketten abspielt, wo man sich auf einer hierarchischen Organisationsstruktur aus in den Familien zu „Untergebenen“ erzogenen Akteuren und ihren „Oberherrschaften“, den Aufkleber „Demokratie“ aufgebracht hat – ebenso wie man einem namenlosen Boden einen Namen zu geben meinte, um alsdann vollmundig von „unser Land“, „unsere Demokratie“, „unsere Freiheit“… „unsere Steuern“ usw., sprechen zu wollen.
„Die Amerikaner haben Krieg geführt für die Freiheit. Auch einen für das Ende der Sklaverei. Und was machen viele von denen mit der Freiheit? Sie werden Sklaven.“ „Captain Ives“, Interstate 60, 2002
Die sogenannte „Neuverschuldung“ wirkt nur solange, wie der anerzogene Glaube an den Wert von Geld existiert… so am Rande.
Im Grunde handelt es sich um das Gleichnis von David und Goliath. Oder wie denkst du darüber,… Goliath? Denn wie heißt es so schön?
„Die richtige Information im richtigen Moment, ist tödlicher, als jede Waffe.“ „Martin Connels“, Westworld 3. Staffel, Episode 4
Und nur weil der Fokus des im Haben erzogenen Menschen auf den erdachten gesellschaftlichen Werten liegt, herrscht gleichsam die Vorstellung, man könne das, was den Menschen selbst ausmacht, auf systemtaugliche Bedeutungen der Begrifflichkeiten „Frieden“, „Freiheit“, „Demokratie“, „Gerechtigkeit“ usw. reduzieren.
Doch wenn man sich – auch wenn es so manchem jetzt „auf den Keks geht“ – mit dem System hinter allem auseinandersetzt, was sich der Mensch auf Basis seiner gewohnten Denk- und Verhaltensweisen geschaffen hat, erst dann wird er erkennen, dass das Gewohnte zu keinem brauchbaren Ergebnis mehr führt und es auch nicht damit getan ist, nur den „Kritiker“ zu mimen.
Während sich zunehmend Gedanken um wegfallende Arbeitsplätze gemacht werden, die Preise heimlich vor sich „hinsteigen“, die Krankenkassen ein leises Klageliedchen anstimmen und so eine Art Verfall sicht- und spürbar wird, scheint man sich lieber darüber hinweg ignorieren zu wollen. Vielleicht ist man sich selbst der Nächste? Egoismus im Haben wird dann zum Problem, wenn die Kaufkraft „flöten geht“, wo hingegen Egoismus im Sein da weniger gefährlich ist.
Wenn sich so etwas wie eine Krise am gewohnt sonnig gemachten Horizont abzeichnet, so hilft nur ein Umdenken. Doch mag man das liebenswerter Weise der Politik überlassen, die jedoch auch nur ein Produkt der gewohnt denkenden Gesellschaft darstellt. Politik – letztlich ein Spiegel der Gesellschaft.
Demnach ist es von Vorteil vorher darüber nachzudenken, ob man auf der Demo meint, nur „von Idioten regiert“ zu werden, wenn man das Konzept dahinter nur erkennen könnte.
In gemeinsamer Absicht die gewohnten Denk- und Verhaltensweisen, Glaubenssätze, Konventionen und gesellschaftlichen Wertvorstellungen weiter aufrecht zu erhalten, während sich gleichsam die Notwendigkeit eines Umdenkprozesses abzeichnet, zeigt nur, dass sich die Mehrheit weiter einem selbst geschaffenen Druck auszusetzen bereit ist, für den sie anderen jedoch die Schuld zu geben meint, nämlich der Politik.
So drehen sich beide im gemeinsamen Gegeneinander untrennbar vereint im Kreise. Untrennbar, solange am Besagten weiter festgehalten wird.
Bei diesem ganzen Tamtam rücken jene von den Gedanken ab, wie es mal sein müsste, statt sich gewohnt nur darüber auszulassen, was alles nicht ist. Es wird funktioniert… wie immer.
Ein Bekannter sagte einmal zu mir, dass erst das Alte weg muss, damit „wir“ dann das „Neue“ machen können. So fuhr er damit fort, die sich ihm als „Feinde“ präsentierenden Akteure weiter zu bekämpfen – bei genauerem Hinsehen, um „sein Erreichtes“ zu sichern, zu verteidigen und weiter behalten zu wollen. Der im Haben erzogene Mensch.
„Ja, aber…“
Bei allem geht es eben nicht einfach darum, die „Bösen“ nur zu besiegen oder die „Ungerechten“ nur durch „Gerechte“ auszutauschen.
Die Mehrheit der Akteure weiß nicht, dass sie sich in einer selbst geschaffenen Illusion ihrer eigenen Regeln und Rechte bewegt, die ihnen mittlerweile arg zusetzt.
Ein umfängliches Schauspiel, wo sich die Darsteller selbst nicht darüber bewusst sind.
Hört man sich mehrere Jahre um, so gab es einige, die zwar Veränderungen forderten, jedoch selbst nicht von Veränderungen betroffen sein wollten.
Andere sollten sich erst einmal ändern und so wurden gewohnt nur andere gewählt, damit das Gefühl entstand, überhaupt etwas getan zu haben.
Doch irgendwie wollte sich nicht wirklich etwas ändern. Zwar wurde sich viel bewegt, in Aktionismen und Zeit vergoldet, mitunter auf der Straße, jedoch mal ehrlich zu sich selbst: Demos sind letztlich doch nur kollektives Klagen und Jammern gegenüber den einst auserkorenen Oberherrschaften.
Erst neulich schrieb jemand, dass man einen Plan brauchen würde. Ohne vorher umzudenken, würde das nur zu einem Gelage aus Hoffen, Streiten und Wunschdenken verkommen, im Versuch das „Umdenken“ so zu gestalten, dass es wieder nur zum Gewohnten führen würde. Um dann wieder zu behaupten, was doch so alles geleistet wurde.
Umdenken ist kein Akt, der eben mal von so nach so stattfindet. Vielmehr handelt es sich dabei um die eigene Veränderung der Denkweise, die maßgeblichen Einfluss auf die eigenen und gesellschaftlichen Wertvorstellungen haben, die Art wie wir leben, miteinander umgehen, wie wir uns selbst wahrnehmen, gestalten usw.
Hier und da wird von „Kulturkampf“ gesprochen. Das ist wie vieles andere, einfach nicht weit genug gedacht, was daran liegt, dass weiträumig in den Denk- und Verhaltensweisen eine Art geistige Sperre „hineinerzogen“ wurde, bzw. sich hineinentwickelt hat, weshalb so manches dann mit „viel Information“ kompensiert wird, sozusagen eine Verdichtung, die wohl in einer „informativen Implosion“ mündet, möglicherweise in einer neuen Qualität – in der Weise, wie Sonnen entstehen… sollen.
Der Egoismus des im Haben erzogenen Menschen ist eine andere Nummer, als der Egoismus des Menschen, der sich mehr dem Sein zuwendet, wobei – was den gewohnten Denker angeht, sich diese zwei mentalen Zustände nicht einfach durch ein „entweder…oder“ voneinander abtrennen.
Doch scheinbar wird kaum darüber nachgedacht. Zu sehr wird sich an das Erreichte geklammert, während der Rest langsam vor sich hingammelt.
Das laute Gegacker soll über die Verlustangst der Mengen hinwegtäuschen. Zorn und Wut reichen nicht aus, und Gewalt ist nur das Mittel der Unwissenden… und ihren vorgeschickten Gegnern.
Doch was wäre notwendig, um bspw. nicht nur von Frieden zu sprechen? Das Übliche kann es nicht sein, denn das hat uns alle dort hingeführt, wo wir heute stehen.
Warum tut es sich mit dem Miteinander so schwer? Vielleicht, weil „die Anderen“ „ gierig und dumm“ sind, immer mehr haben wollen und man deshalb selbst ja auch nicht zu kurz kommen darf, da man ja auch wohlwollend zugestandenes Recht auf alles Mögliche hat.
„Der Mensch, der das Unbegreifliche verbannt hat, wiegt sich jedoch nur im Irrglauben, dass das Gewöhnliche bereits alles sei.“