An einem einfachen Beispiel

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(v1.2, Korrekturen) Das Thema „Von Inhalten und Prinzipien“ hatte ich bereits in der nahen Vergangenheit dargestellt. Doch kam heute der Gedanke, es nochmals an einem bekannten Beispiel möglicherweise eindeutiger darzulegen. Es geht um den Krieg.

Ich selbst bin, was inhaltliche Darstellungen geschichtlicher Geschehnisse angeht recht „dünn“ besiedelt, denn ging es mir bereits in der Schule auf den Wecker, wenn es darum ging, wer sich wann und wo bspw. zum Prager Fenstersturz vorher zusammengefunden hat, woher jene auch immer kamen, wie sich dort die mittelalterlich-religiösen Verhältnisse gestalteten, welcher Bischof, woher er auch immer gekommen sein mag und wessen Kind er war, zum wöchentlichen Scheitern auf dem Dorfplatz geladen hatte, wie dort die Fahne aussah, woher der Stoff war und von wem der Schneider zuvor den Auftrag erhalten hatte.
Oder wer kurz vor dem besagten Ereignis noch Kräutertee gereicht hat und welche köstlichen Hirsekekse dazu gereicht hatte und wer der Verfasser des sorgsam gehüteten Rezepts für die besagten Hirsekekse war und welchen politischen Einfluss dies letztlich hatte. Mal dermaßen übertrieben.

Wenn es darum geht, aus der Geschichte etwas zu lernen, geht es nicht darum sie auswendig zu lernen oder noch mehr Details von Details zu wissen. Das ist wie in der Wissenschaft, wo sich mehr oder weniger die Frage stellt wird: Aus was besteht jenes kleinste Teilchen?

Die wesentliche Frage ist nicht, wie viel muss ich – was die Geschichte betrifft – davon auswendig lernen, damit ich auf der nächsten Party wieder gut glänzen kann, sondern die Frage lautet: Welche Denk- und Verhaltensweisen, Konventionen und Glaubenssätze führen immer wieder zu den gleichen Erscheinungen wie Krieg, Eroberungen, Versklavungen, Völkermorde usw. – nicht zu vergessen: die üblichen Wertvorstellungen des Menschen.

Die eine Denke führt zu immer mehr Inhalten und mehr des Selben, die andere Denkweise führt immer näher zum Menschen und seinen Denk- und Verhaltensweisen selbst und letztlich zum System, was er sich unbewusst geschaffen hat, dessen Ursache und Existenz und damit verbundenen, sicht- und spürbaren Auswirkungen („Problemen“, Symptomen, Phänomenen), mit denen er sich täglich (belohnt) auseinandersetzt und diese zu kaschieren versucht, was nur zu weiterer Komplizierung führt.

Um es so auszudrücken: Erst mit der Erkenntnis über das System, an dem der Mensch mit seinen Denk- und Verhaltensweisen ankoppelt, es selbst erzeugt, versetzt er sich selbst in die Lage fundamental etwas verändern zu können, was ihm im Schein seiner unbetrachteten Denk- und Verhaltensweisen bisher nicht wirklich gelungen ist und sich mit Scheinlösungen und Wiederholungshandlungen nur selbst etwas vorgemacht hat, bzw. vormacht, und immer neue Scheinlösungen schafft, die in der Regel die vorhergehenden kaschieren sollen.
Auf diese Weise erhöht sich die Informationsdichte, so dass es zu einer Art Kollaps kommt, der von einer Quantität, hin zu einer neuen Qualität führt. Und das in den Köpfen. So am Rande.

Hat man das Prinzip entstehender Konflikte verstanden, weil die weitverbreitete Vorstellung herrscht, das etwas, jemand oder gar das Leben einem gehören würde, was man gegen Verlust „zu verteidigen“/“zu beschützen“ hätte, macht es wenig Sinn, sich noch weiter mit „einem anderen Krieg“ zu befassen, wo letztlich nur die Darsteller ausgetauscht werden.

„Betrachten Sie den Krieg eher als ein Konzept, nicht als Menschen, die Menschen töten, sondern eher als Unfrieden. Der Tod ist ein Zustand des Körpers, Krieg ein Zustand des Geistes.“ „Father Whiteleather“, Horsemen, 2009

Macht ist dabei eine Erscheinung, die gewohnten Erziehungsmustern entspringt, wo am Ende der Mensch von seinen eigenen Denk- und Verhaltensweisen beherrscht ist, die ihn dazu bringen, lieber „Herr über andere“, statt „Herr über sich“ sein zu wollen, wo sich die zu Untertanen erzogenen mit ihren Herren ins Benehmen setzen, weil die Herren ihnen Versprechungen machen oder/und mit Ruhm, Gold, Ländereien und Titeln winken:

„Dem König verlangt es nach Frieden.“ „Longshanks verlangt es nach Frieden?“ „So versicherte er es mir. Das schwöre ich. Er macht den Vorschlag, dass ihr auf den Angriff verzichtet. Und als Abfindung gewährt er euch einen Titel, Ländereien und diese Truhe voller Gold, die ihr persönlich von mir in Empfang nehmt.“ „Für Ländereien, Titel und Gold soll ich zum Judas werden?“ „Frieden wird eben so gemacht.“ „Sklaven werden so gemacht!“ Dialog „Prinzessin Isabelle“ mit „William Wallace“ Braveheart, 1995

„Viel“ zu wissen, entspringt dem im Haben erzogenen Menschen, der es als seinen Besitz sieht. Erich Fromm schreibt dazu:

„Unser Bildungssystem ist im Allgemeinen bemüht, Menschen mit Wissen als Besitz auszustatten, entsprechend etwa dem Eigentum oder dem sozialen Prestige, über das sie vermutlich im späteren Leben verfügen werden. Das Minimalwissen, das sie erhalten, ist die Informationsmenge, die sie brauchen, um in ihrer Arbeit zu funktionieren. Zusätzlich erhält jeder noch ein größeres oder kleineres Paket „Luxuswissen“ zur Hebung seines Selbstwertgefühls und entsprechend seinem voraussichtlichen sozialen Prestige.“ PDF: „Haben oder Sein“, „Lernen“, Erich Fromm

Tieferes Wissen, führt mit passender Fragestellung stets zu den Prinzipien, während der Gewohnte fragt, was es ihm möglicherweise im Haben bringt, während er sich nicht wirklich mit dem Sein beschäftigen mag, was ihn an der Oberfläche seiner Betrachtungen hält, wie in einer Luftblase – sorgsam gehütet.

Doch was nutzt es, wenn sich der Mensch bereits mit „Freiheiten“, „Freizügigkeiten“, „finanziellen“ oder sonstiger „Freiheiten“ zufrieden gibt, die ihm von einer Autorität, ebenso wie Grundrechte, wohlwollend zugestanden, eingeschränkt oder notfalls sogar aufgehoben werden, während der Mensch weiter seinen Pflichten nachzugehen hat.

Vernunft ist der intuitiv getriggerte Prozess zwischen bedingungslosem Geben und bedingungslosem Empfangen. Sie ist der Hort der Gerechtigkeit, des Friedens und der Freiheit. Gewissen ist zu spüren, was rechtens ist.“

Aus solch einer Nummer gibt es kein Entrinnen, solange an den gewohnten Denk- und Verhaltensweisen weiter festgehalten wird. Mal ungeachtet, dass es Unfug ist zu glauben, zu meinen, zu denken, dass aus irgendeiner Wahl mal „gerechte Autoritäten“ hervorgehen, die ihren Untertanen wieder ordentlich „Zucker in den Hintern blasen“, wo der Gewohnte nicht erkennen mag oder kann, dass er lediglich weiter nach seinen Denk- und Verhaltensweisen „funktioniert“ und dies seinen Autoritäten gleichzeitig ermöglicht, ihn auch weiter gängeln/betreuen zu können.

„Die meisten Menschen gehen den Weg, den wir für sie vorsehen – zu ängstlich, einen anderen zu erkunden. Aber von Zeit zu Zeit gibt es Menschen wie sie, die alle Hürden überwinden, die wir ihnen in den Weg stellen. Menschen die erkennen, dass freier Wille eine Gabe ist, die man erst nutzen kann, wenn man auch dafür kämpft. Ich glaube, dass ist der wahre Plan des „Vorsitzenden“, dass eines Tages nicht mehr wir den Plan schreiben, sondern ihr.“ Der Plan, 2011

Gleich wie laut in der Gesellschaft gejammert wird: Herren und Untertanen „sitzen in einem Boot“, im Rahmen eines gemeinsamen Gegeneinanders aus Belohnung für Gehorsam und Entsprechung und Bestrafung für Ungehorsam und Nichtentsprechung.

Was das „Lernen“ angeht: Die im Menschen natürlich vorliegende Entwicklung und damit verbundene Möglichkeit eigener Erfahrungen, werden durch auswendig lernen und nachäffen von Vorgekautem ersetzt – vereinfacht ausgedrückt.

„Studenten, die an der Existenzweise des Habens orientiert sind, hören eine Vorlesung, indem sie auf die Worte hören, ihren logischen Zusammenhang und ihren Sinn erfassen und so vollständig wie möglich alles in ihr Notizbuch aufschreiben, sodass sie sich später ihre Notizen einprägen und eine Prüfung ablegen können. Aber der Inhalt wird nicht Bestandteil ihrer eigenen Gedankenwelt, er bereichert und erweitert diese nicht. Sie pressen das, was sie hören, in starre Gedankenansammlungen oder ganze Theorien, die sie speichern.

Inhalt der Vorlesung und Student bleiben einander fremd, außer dass jeder dieser Studenten zum Eigentümer bestimmter, von einem anderen getroffener Feststellungen geworden ist (die dieser entweder selbst geschaffen hat oder aus anderen Quellen schöpfte).
Studenten in der Existenzweise des Habens haben nur ein Ziel: das „Gelernte“ festzuhalten, entweder indem sie es ihrem Gedächtnis einprägen oder indem sie ihre Aufzeichnungen sorgsam hüten. Sie brauchen nichts Neues zu schaffen oder hervorzubringen.
Der „Habentypus“ fühlt sich in der Tat durch neue Ideen oder Gedanken über sein Thema eher beunruhigt, denn das Neue stellt die Summe der Informationen [II-294] in Frage, die er bereits hat. Für einen Menschen, für den das Haben die Hauptform seiner Bezogenheit zur Welt ist, sind Gedanken, die nicht leicht aufgeschrieben und festgehalten werden können, furchterregend, wie alles, was wächst, sich verändert und sich somit der Kontrolle entzieht.“ PDF: „Haben oder Sein“, „Lernen“, Erich Fromm

Man kann den Krieg also auf mindestens zwei Arten betrachten: Einmal um ihn in der Geschichte mit einem gewissen Maß an Details darzustellen und zu dokumentieren, bis zum nächsten oder man stellt sich die grundsätzliche Frage: Welche Denk- und Verhaltensweisen, Konventionen, Glaubenssätze und welche Wertvorstellungen, sind für die Entstehung von Konflikten verantwortlich.
Erst dann hat man selbst(!) etwas aus der Geschichte gelernt und das es eben nicht damit getan ist, dass man nur einen anderen zum „Feind“ erklärt, während die Rolle des Feindes nur eine Erfindung der eigenen Denk- und Verhaltensmuster ist, der „Feind“ in einem selbst.

„Wir haben nicht gegen den Feind gekämpft, wir haben gegen uns selbst gekämpft, der Feind war in uns.“ „Chris Taylor“, Platoon, 1986

Natürlich ist es immer leichter, dem Gegenüber, als der erkannte „Feind“, die Schuld zuzuweisen. Doch genau das ist jene Handlung, um die bestehenden Denk- und Verhaltensweisen nur weiter aufrechtzuerhalten und damit auch das System selbst, wo es an der Tagesordnung ist, jeden Tag eine andere „Mediensau“ durchs Dorf zu treiben, um die Masse weiter in der Ablenkung zu halten – auch: damit sich die Masse selbst weiter in Ablenkung hält – letztlich vor jenem Moment, wo es darum geht sich weiterzuentwickeln.

Letztlich geht es überhaupt nicht um Schuld und ihre „gerechte Verteilung“, auch ist der Mensch nicht das „Problem“ auf diesem Planeten, sondern „lediglich“ seine Denk- und Verhaltensweisen, die jedoch über ihn herrschen, bis er sich (wieder) über sie erhebt, um wieder „Herr über sich“, statt gewohnt „Herr über andere“ sein zu wollen.

Nachfragend: Was machen eigentlich die Ermittlungen wegen Untreue, Vorteilsgewährung und Betrug beim RBB? Schließlich würde man sich durch weitere Zahlungen von Rundfunkbeiträgen zum Mittäter machen, einschließlich der Billigung von Straftaten.