reflektierend
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Bei näherer Betrachtung

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Wussten Sie, dass die sogenannten „Beamten“ nur so heißen und keine sind? Klingt etwas verwirrend.

Seit dem 8. Mai 1945 gibt es keine Beamten mehr. (Urteil des BVerfG vom 17.12.1953, 1 BvR 147/52, Leitsatz 2: „Alle Beamtenverhältnisse sind am 8. Mai 1945 erloschen.“).
Es sind nur Bedienstete mit Dienstausweisen und somit auch verweisungsgebunden (auf Anordnung, im Auftrag, in Vertretung). Das einzige, was sie ausmacht, ist die Obrigkeitshörigkeit ihrer Gläubigen unter den Handlungsgrundlagen – dem Schein der Gesetze.

„Mein Vorgesetzter trägt für mein Handeln die volle Verantwortung“, Polizist in Bamberg

Aus einer (gelben) Ernennungsurkunde:

Im Namen der Bundesrepublik Deutschland verleihe ich den…Vor- und Familienname… mit Wirkung vom Datum… „die Eigenschaften eines Beamten auf Lebenszeit.“

Klassisch müsste es jedoch lauten: Im Namen der Bundesrepublik Deutschland ernenne ich den… Vor- und Familienname… mit Wirkung vom Datum… „zum Beamten auf Lebenszeit“, wenn es in der Tat welche geben würde.

Das hat mich darüber nachdenken lassen, dass ich kein Maschinenbauer bin, sondern lediglich Eigenschaften eines Maschinenbauers zu eigen habe, was auch auf alle anderen Fähigkeiten zutrifft.

Die Vorstellung (etwas davor stellen), man sei sein Beruf, lässt sich auf ein grundsätzliches Phänomen menschlicher Konditionierung zurückführen: Der Mensch glaubt, er sei sein „Ich“, während er jedoch nur eines hat.

Die so entstehende Täuschung führt zum klassischen Phänomen, dass sich der Mensch an sein „Ich“ (Person, Persönlichkeit, Denk- und Verhaltensmuster (die auch das System erzeugen)) festklammert, weil er denkt, er sei sein „Ich“, während er sich auf diese Weise seiner eigenen Entwicklung (die im „Ich“ stattfindet) beraubt.

Dass man ein „Ich“ hat, statt es zu sein, bedarf es jedoch geistiger Freiräume, um dies zu erkennen und(!) darüber hinaus zu verinnerlichen. Freiräume, die im Alltag für gewöhnlich nicht gegeben sind oder man schafft sich diese nicht – ebenfalls ein Umstand der nach seinem „Ich“ funktionierenden Menschen.

„Ich muss ja, weil die anderen…“

Wer sich mit der aktuellen Situation auseinandersetzt, wird üblicherweise wenig Spielraum für seine eigene Entwicklung erkennen können/wollen, zudem er im Irrglauben unterwegs ist und sich „gezwungen“ sieht, sich gegen Veränderungen auf die eine oder andere Art und Weise (in der Regel sind es jedoch nur Verdrängungen) zu Wehr setzen zu müssen/wollen.
Das „Ich“ zwingt den Menschen dazu und damit das nicht ausfällt, existiert die Schuldzuweisung (Feindbildprojektion). Und so schafft sich der Mensch,, durch sein „Ich“ selbst jene Situationen, um sein Verteidigungsverhalten rechtfertigen zu wollen.

„Wir haben sie solange gereizt, bis sie angegriffen haben. Da mussten wir uns natürlich verteidigen und haben sie gezwungenermaßen ja töten müssen.“

Die zeitliche und räumliche Existenz des klassischen Systems wird von den Denk- und Verhaltensmuster (abgelegt im „Ich“) des Menschen selbst bestimmt, die es erzeugen, solange er an seinem „Ich“ festzuhalten gedenkt.

Dieses Festklammern und Verteidigen am Bisherigen, hatte ich mir vor längerer Zeit angeschaut.
Mir fiel dabei auf, dass das Festklammern, aus einer Bestrafung für das natürlichste auf der Welt – dem eigenständigen nach vorne Denken – entstanden war und sich als dauerhaftes Denk- und Verhaltensmuster zunächst – jedoch schwach – etablierte.

In Grundsatzdialogen fällt mir dann immer wieder die Argumentationshaltung des Gegenüber auf, was sich dann plötzlich hinter konstruierten, möglichen(!) zukünftigen Realitäten zu verstecken versucht.

„Ja, aber wenn… die anderen…“ „…und nur die übliche Verdrängung.“

Das Konzept der Verdrängung basiert der auferlegten Bedingung: „*Bestrafung für ungewohnte Informationen“, die zu einem Denkprozess und damit verbundener möglicher Veränderung des Systems (in dem Fall Familie) führen würden.

„Angst vor Situationen und Informationen, die zu einer Veränderung führen -> Angst vor Veränderung.“

„Das Sinnesorgan Angst, zuständig für die Signalisierung noch unklarer Bedrohungen, ist zwar unangenehm, jedoch vital notwendig und daher kerngesund; nur am falschen Umgang mit Angst (zum Beispiel Abwehr, Verdrängung) kann man erkranken…“ Deutsches Ärzteblatt, PP, Heft 10, Oktober 2002

In Selbstbetrachtungen hilft mir die Rückschau in meine Vergangenheit, um entsprechende Situationen näher zu betrachten.

Das Wesentliche dabei ist nicht nur das Erkennen einer solchen, prägenden Situation. Darüber habe ich festgestellt, dass sich dabei auch die Prägung der Bedingung sowie das sich daraus ergebende Denk- und Verhaltensmuster zeigen.
In dem Moment, wenn sich beides zeigt, beginnt es sich langsam aufzulösen. Auf diese Weise ist der Mensch in die Lage versetzt sich zu rückwirkend zu verändern. Programmierungen, die in seinem „Ich“ abgelegt sind. So schnell wie sie „implementiert“ waren, sind sie auch wieder verschwunden.
Damit verbundene Auswirkungen benötigen etwas länger. Es führt in der Tat zu Veränderungen im Fühlen, Denken und Handeln.

Darauf gekommen bin ich vor einiger Zeit durch den Satz von Epiktet:  „Es sind nicht die Dinge selbst, die uns beunruhigen, sondern die Vorstellungen und Meinungen von den Dingen.“

Besser trifft es: „Es sind nicht die Dinge, die uns beunruhigen, sondern die Bedeutungen, die wir den Dinge verleihen.“

Der Begriff „Bedeutung“ ist meines Erachtens von tiefgreifender menschlicher Natur, „verleihen“ der Ausdruck für: „etwas für eine Weile überlassen“, um so auf die Wandlungsfähigkeit des Menschen hinzuweisen.

Auf diese Weise ist der Mensch in die Lage versetzt, jene Bedeutungen und Konditionierungen wieder in Frage zu stellen, statt an ihnen weiter festzuhalten und so jenes System zu erzeugen, was sich nicht selten gegen ihn wendet, während er es mit seinen Denk- und Verhaltensmustern selbst erzeugt.

Das mag widersprüchlich klingen, doch ist der wahrgenommene Widerstand lediglich ein Signal aus dem „Ich“, sich dem natürlichen Prinzipien des Lebens- und Entwicklungsprozesses (was jetzt nicht bedeutet, dass er im Wald leben muss) wieder Schritt für Schritt zuzuwenden, siehe: Ausgangsbedingung*.

Zwei wesentliche Aspekte des Menschen sich aus dem System heraus zu entwickeln, sind die Vernunft und das Gewissen. Beide entfaltet, hat man es – vereinfacht ausgedrückt – mit einem „neuen Menschen“ zu tun – mit weitreichenden Auswirkungen und Veränderungen.

Das gewohnte Opfer wird hingegen immer den elitären Feind benennen, der seine Entwicklung zu verhindern versucht! Das Opfer wird in dem Moment zum Opfer, wenn es sich Täter und Feinde schafft, um sich weiter unter einer dünnen Staubschicht aus Gestern und Verbleiben verkriechen zu wollen und so nur nach seinem „Ich“ funktioniert. Da täuscht auch kein lautes Krakeelen darüber hinweg.

Doch wer hat schon Zeit, darüber nachzudenken, muss er ja jeden Tag kämpfen, sich behaupten, die nächsten Schuldige suchen, Widerstand zeigen, flüchten oder nach „gefährlichen“ Erbsen und Möhrchen suchen usw. – alles nur Verdrängungskonzepte.

So schuf sich der Mensch das Klagen, Jammern, Greinen, Zetern und sich beschweren. Doch wie heißt es so schön?

„Wer sich beschwert, erleichtert sich nicht.“

Der gewohnte Mensch begehrt auf und spricht – in der Vorstellung einer Veränderung – gelegentlich von Revolution, was jedoch auch nur Ausdruck für ein „sich im Kreise drehen“ (to revolve = sich im Kreise drehen) ist.

„Mit den Verhalten, die man hat, bekommt man immer nur das System, was man kennt.“

„Denken ist jener Prozess, der hinter gewohntem Verdrängen stattfindet.“