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Das System in Frage stellen, Teil 1

Lesezeit: ca. 10 Minuten

Wer den Blog des Öfteren besucht, wird darin Ernsthaftigkeit und Absicht in den Darlegungen erkennen, die zuweilen über das Gewohnte hinausgehen.

Das ist auch notwendig, weil man innerhalb klassisch-konventioneller Sicht- und Handlungsweisen keine Lösungen entwickelt werden können, außer einer Wiederholung (mit eingebauter Verzögerung) von etwas, was mittlerweile dem einen oder anderen heftig ins Gesicht schlägt. Wer will das schon? (Das sind all jene, die sich unter dem zunehmenden Druck weiter unterwerfen, um Erreichtes erhalten zu wollen.

Wer mit dem Finger nur auf die „üblichen schuldigen Verdächtigen“ zeigt, mag noch ein paar Schritte zurücktreten, um das Bild aus einem größeren Blickwinkel betrachten. Dann wird er erkennen, dass er sich durch seine übliche Haltung nur als Teilnehmer innerhalb des Systems entpuppt hat – was solange zu nichts führt, bis er über den Tellerrand hinausblickt – also die übliche Schuldzuweisung hinterfragt.

Hinterfragen meint darüber vorzudenken, zu erkennen und alsdann zunehmend danach sichtbar(!) zu handeln, was die Schuldzuweisung (die nur ein Verdrängungskonzept ist) bisher in ihm erzeugt hat. Reines „Weglassen“ und „Ignorieren“ wollen, als Mittel davon loszukommen – ohne Hinterfragung – führt zu keiner nachhaltig wirksamen Veränderung – doch zu einer Verschlimmerung.

Das System in seiner bisherigen Bedeutung in Frage zu stellen funktioniert aus dem Blickwinkel einer Disziplin (isolierte politisch-ideologische, psychologische, philosophische, theologische oder rechtliche Betrachtungen) heraus nicht, während die eigene oder andere Disziplinen unangetastet und unbetrachtet bleiben sollen.

Um es konkret auszudrücken: Unter dem Aspekt der Verdrängung nutzt es nichts, sich nur mit der Bekämpfung von Symptomen zufrieden zu geben, wie dies üblicherweise der Fall ist – also eine Sache der Betrachtung, die wiederum von den Denk- und Verhaltensmustern beeinflusst wird.

Des Öfteren wurde darüber geklagt: Dass „wir“ uns die Verantwortung wieder zurückholen müssen.

Man muss sich die Verantwortung nicht von anderen zurückholen, sondern sich selbst so entwickeln, dass Eigenverantwortung keine Angelegenheit ist, diese bei nächster Gelegenheit der Obrigkeit wieder in die Hände zu drücken zu wollen, weil man sich vielleicht eine Belohnung erhofft.

Dass jeder hier selbst gefragt ist, lässt die Aufklärerszene sich weiter innerhalb der Konventionen der alten Ordnung bewegen, wo man sich noch in so manchen Geschäftsmodell übt – vom Rest der Bevölkerung ganz zu schweigen.

Und solange geglaubt wird, dass man Staat und den ganzen damit im Zusammenhang stehenden Zinnober als „notwendig“ erachtet, ist dies ebenfalls der Fall.

In der Regel weil man es nicht anders kennt, und was der Bauer nicht kennt, das frisst er nicht.

Doch gleich wie sehr sich an dieser Regel geklammert wird: den Wandel des Systems(!) interessiert das nicht.

Schon gar nicht die vom Menschen darin geschaffenen Vorstellungen, Bedeutungen und Institutionen, denen sich der Hörige gewohnt unterwirft oder in einer ewig gestrigen Neufassung wieder zu unterwerfen bereit ist, Und „Kaiser“, die gibt es nur noch als Natron.

Aus diesem Grunde kann man sich – wenn man es erkannt, verstanden und verinnerlicht hat  – auch die üblichen alternativen Propagandamedien ersparen, da reine(!) Problemorientierung (kombiniert mit üblichen Verdrängungskonzepten) ein Kennzeichen jener Verhaltensmuster ist, die das System der alten Ordnung verkörpern und so ihre Vertreter der alten Ordnung  zurechnen.

Die alte (Welt)Ordnung wird in ihrer bisherigen Bedeutung zu Ende gehen – besser: sie geht bereits zu Ende.

Es sind immer die Bedeutungen, die man dem beobachteten eine Weile zumisst, bis sie sich ändern.

Ein fataler Zustand für klassisch-konservative Politik, die sich durch Sicherung, Bewahrung und Verteidigung des Erreichten zum Ausdruck bringt. Zumindest schuf sie die notwendige Komplexität in den Strukturen, die auf ihre Art und Weise zum Wandel beiträgt.

„Insuffizienz ist jener Zustand eines Systems, wo einfließende Energie durch mehr und mehr zur Erhaltung der zunehmenden Komplexität verwendet wird und dadurch immer weniger für die Erfüllung der Aufgabe, für die das System in der Vergangenheit mal geschaffen wurde. Soviel zum Thema „Organisation und Hierarchie im Zeitalter des Wandels“.

In einem solchen System – weil dies die Tage auf einem Blog als Thema „Opfer“ zur Sprache kam – gibt es Täter und auf der anderen Seite Opfer, die sich den Bollwerken von oben  auferlegter Regeln und so den eigenen Verhaltensmustern beugen, weil sie „sich gezwungen fühlen“ oder „sowieso nichts ändern können“.

Wenn Änderung zwar gewünscht, jedoch im Kern nicht selbst gewollt ist, weil die ganze Nummer zunächst eine rein mentale Angelegenheit ist, macht sich so mancher fix „vom Acker“.

Und gerade dort auf der mentalen Ebene findet sich das System – in Form gewohnter Denk- und Verhaltensmuster, die das System erzeugen – besser: das System repräsentieren.

Das im Außen ist lediglich der „Abklatsch“ aus Institutionen und ihren nicht selten mit Titel und Posten bepackten Vertretern und Vorgesetzten.

„Mein Vorgesetzter trägt für mein Handeln die volle Verantwortung“, Polizeibediensteter in Bamberg

Diese Denk- und Verhaltensmuster beeinflussen wie gedacht, gefühlt, gehandelt und welche Bedeutung dem Beobachteten an Bedeutung zugemessen wird, nicht die tatsächlichen Sachverhalte selbst. Denn es sind ja nicht die Dinge, die beunruhigen, sondern die Bedeutungen, die den Dingen verliehen und „manchmal“ auch verdrängt werden.

An dieser Stelle findet der Mensch die Freiheit, auch die Bedeutungen unter einer anderen Überschrift – nämlich im Sinn der Entwicklung des Menschen zu hinterfragen – statt unter dem gewohnten Aspekt der Verdrängung und Schuldzuweisung. Die Infragestellung bisheriger Bedeutungen zu Geschehen, lässt den Menschen nachträglich sich selbst ändern.

Sprungkraft
Der Neoliberalismus ist dann eine dem Lebensprozess zugewandte Ideologie, wenn sie die Auflösung der Politik sowie der damit verbundenen, konsequenten gesellschaftlichen Vormundschaft mit in Betracht zieht.

Dies unter dem Aspekt intensiver öffentlicher Aufklärung, was Eigenverantwortung in ihrem Wesen für den Menschen bedeutet, mit was diese zusammenhängt und welche fundamentalen Auswirkungen sie insgesamt auf die Bedeutung des bisher als einziges, wahrgenommenen Systems hat.

Die Frage an Milton Friedmans „Chicago-Boys“ lautet nicht warum hat es damals in Chile nicht funktioniert, sondern: Was hat gefehlt, damit es funktioniert.

In einer hierarchischen Ordnung  – damals als offenkundige Diktatur, funktioniert der Neoliberalismus nicht, da zwei wesentliche Aspekte gefehlt haben:  Die schrittweise Reorganisation der ökonomischen Strukturen, die Basis der Gesellschaft innerhalb eines ökonomischen Agierens und auf der anderen Seite die Aufklärung der Menschen zum Kernthema „Vernunft und Gewissen“. Also ein Aspekt, der sich in der Regel über längere Zeit hinzieht, oder alternativ, wie es Buckminster Fuller ausdrückte:

„Man bewirkt niemals eine Veränderung, indem man das Bestehende bekämpft. Um etwas zu verändern, schafft man neue Dinge oder geht andere Wege, die das Alte überflüssig machen.“

Wohl eher hat man sich global darauf geeinigt, den harten Weg gehen zu wollen.

Völkischer Beobachter
Letztlich geht die „Gewalt“ immer vom Volk aus, auch jene, wenn es darum geht, sich an Altem festhalten zu wollen, was sich in der Wahl seiner Politik zum Ausdruck bringt: In der Regel konservativ – also dem Lebensprozess abgewandt, dabei ein System formend, welches sich durch Fremdbestimmung, Vorgesetzten und Untergebenen sowie Ausgrenzen von Andersdenkenden zum Ausdruck bringt.

Sogenannte „Staatsfeinde“ die z. B. die ewig gestrige Nummer zu schieben vorhaben, doch letztlich nur ein älteres Gestern als „Neues Morgen“ zu verkaufen versuchen.

Es bewegt sich nur innerhalb konventionell- traditioneller Denk- und Verhaltensmuster, genau wie die Vorstellung, man bräuchte ein Stück Papier wo „Friedensvertrag“ draufsteht, wenn es im Inneren weiter am Rumoren ist, damit weiter „die alte Nummer geschoben“ werden kann.

Das Alte mag als Erinnerung bestehen bleiben, um stets zu schauen, warum es nicht funktioniert hat. Es macht auch keinen Sinn, außer zu seiner Infragestellung. Und jene, die sich an diesen Vorstellung noch festzuhalten gedenken,… es ist deren Entscheidung.

Um es so auszudrücken: Es braucht an einem Sandstrand vernünftiger Menschen keine Sandkästen, wo sich darum gestritten wird, wer heute das rote Schippchen unter den vielen blauen sein eigen nennen kann.

Um das Ganze jetzt nicht auf eine „Mickey-Mouse-Veranstaltung“ zu reduzieren und damit auch gleich ihre Insassen: Die alte Ordnung wurde uns gegeben, um zu erkennen, wie es nicht funktioniert – als Analogie zum „Baum der Erkenntnis“.

„Krise ist jener Zustand, wo bisherige Denk- und Verhaltensmuster zu keinem brauchbaren Handlungsergebnis mehr führen.“