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Der Vergangenheit angehörend – Teil 1: Erwartungen

Lesezeit: ca. 4 Minuten

Die Tage fragte mich jemand, welche Erwartungen ich denn an andere hätte. „Keine“, war zunächst meine Antwort. Diese Aussage blieb natürlich nicht ohne Auswirkungen, um darüber mal vorzudenken, warum dies denn so ist.

Erwartungen sind Vorstellungen, die man in der Regel mit anderen Menschen oder möglichen Ereignissen verbindet, sie ihnen auferlegt, dass die gemachten Erwartungen am besten auch so eintreffen.
Für gewöhnlich ist die Nichterfüllung von Erwartungen mit mehr oder weniger Frust und Ent-Täuschung verbunden.

Da man sich in der Regel nicht eingesteht, für seine Erwartungen verantwortlich zu sein (es wird sich recht selten Gedanken darüber gemacht, was diese Erwartungen überhaupt erzeugt), gibt man die Schuld für die eingetretene Ent-Täuschung meist einem anderen oder einer Situation. Verdrängung.

„Erwartung = Vorstellung = Täuschung -> Ent-Täuschung und Frust“

Eine Erwartung wird projiziert(!) und erfordert demnach auch, dass das „Ergebnis“ entspricht.

Nicht selten kommt dann ein „Schlauberger“ um die Ecke und sagt ganz locker: „Du brauchst nur keine Erwartungen zu haben“ und damit ist für ihn das „Problem“ bereits „gelöst“.

Es klingt zunächst auch recht „einfach“, funktioniert jedoch dann erst, wenn man sich selbst umkonditioniert. Dies erfordert nicht nur Selbstdisziplin, sondern auch die Bereitschaft wirklich „etwas“ ändern zu wollen.

Erwartungen an andere zu haben, erweist sich als sehr bequem. Und da alle an alle anderen Erwartungen haben, ist damit auch der Konflikt mit vorprogrammiert.

Erwartungen an sich zu stellen, bedeutet an sich selbst zu arbeiten. Mit dieser Erkenntnis, die man sich auch erst anzutrainieren hat, erweist sich so mancher „tolle Geistesblitz“, der in den „offenen Raum“ gekübelt wird, später als Unfug.

Erwartungen haben zu wollen, relativiert sich zunehmend im Prozess der Selbstreflektion und einhergehender Veränderung.

Gemachte Aussagen sind ja gegen sich selbst einzuhalten, wenn man sich nicht weiter selbst „über den Tisch ziehen“ will, bzw. man sich etwas vormachen möchte oder sich selbst gegenüber „so tut, als ob“. Somit denkt man mehr darauf herum, bevor man den Mund aufmacht.

Ein Grund mehr darüber vorzudenken, inwieweit Erwartungen sinnvoll sind – es sei denn, um sie zunehmend zu erkennen und  zu unterlassen, indem man sich umprogrammiert.

Da es sich bei Erwartungen um ein Verhalten der Projektion (auf andere oder Situationen) handelt, während man an sich selbst keine Erwartungen stellt, bleibt  die eigene, geistige Entwicklung auch auf der Strecke. So am Rande.

Denn eines ist sicher: Bauernschläue und „so tun, als ob“ reichen, um sich im(!) System zu bewegen, jedoch nicht um es zu verstehen und es zu überwinden.
„So tun, als ob“ ist dabei ein Zeichen für mangelnde Authentizität.
Und jemand der nur „so tut, als ob“, wer weiß, was der Grunde im Schilde führt. Vorsorglich muss man ihn dann betreuen. Verstanden?