Reichlich schauend
Ein Kollege aus der Szene erzählte vor Kurzem, dass es mittlerweile über dreißig Exilsregierungen geben soll. Sicher mögen die Bestrebungen in den einzelnen Gruppen ernst gemeinter Natur sein und es gibt auch viele, die von dieser Sache fest überzeugt sind.
Was mich allerdings wundert, warum man immer wieder und wieder versucht, ein neues parasitäres Gebilde ins Leben zu rufen. Es ist vollkommen gleich, welchen Namen dieses Gebilde nach außen kommunizieren würde.
Ist es ist nicht wahrlich an der Zeit, über etwas Neues nachzudenken, die Hierarchie aus Betreuern und sie wählende Betreute ausgedient zu lassen und über den gewohnten Tellerrand hinauszublicken?
Es genügt nicht, sich auf Gesetze von gestern zu beziehen, während damit das Morgen gestaltet werden soll und doch nur das Alte zu verkaufen versucht wird.
Sicher mag der gewohnte Leser, der sich mit Recht zu umgeben weiß, sich seiner Sache sicher sein. Das funktioniert jedoch nur solange, wie er sich von anderen Gedanken wegzuisolieren versucht. Denn das Recht ist nichts mehr als ein Mittel, um über andere Menschen sich erheben zu wollen, selbst wenn er durch die Wahl jener freiwillig dort hinbefördert werden würde.
Das hat auch nichts mit Souveränität zu tun, wenn ein anderer über andere sich erhebt und über sie befindet. Es hat auch nichts damit zu tun, Wissende über sich erheben zu wollen, indem man sie stigmatisiert, um sich ihrer und ihrer Meinung entledigen zu wollen. Wie das immer so schön gemacht wird, wenn die Meinung nicht mehr mit der Gruppen oder allgemeinen Meinung in Einklang steht.
„Willst du nicht mein Bruder sein…“ hat nichts, aber auch gar nichts mit Intelligenz zu tun, sondern ist einfach nur „von einfacher Natur“.
Die vielen „Ich will was verändern und wir müssen was tun“- Experten habe ich die letzten vier Jahre zur Genüge kennen gelernt und es bleibt dabei: Es geht alles nicht weit genug. Und in der Regel folgt nicht selten die etwas eindimensional, halbgeduldig und mit begrenzter, zeitlicher Aufmerksamkeit ausgestattete Frage: „Ja, was willst du denn tun?“
Das sich zu weilen bereits die alten Abhängigkeiten wieder gebildet haben zeigt sich daran, dass die Vertreter einer Gruppe oder ihre willigen Begleiter bereits wieder über den geistigen Zustand ihrer sie untergebenden Anhänger befinden.
Und so beschleicht mich nicht selten der Gedanke, dass das alles seine Richtigkeit zu haben scheint und mögliche „Auswüchse“ in der Beschäftigung mit Althergebrachtem gleichfalls wirksam erstickt werden.
Noch viel zu sehr sind die Anhänger mit ihren Gewohnheiten in der alten Ordnung verfangen, in der Vorstellung, mit dem „ewig Gestrigen“ ein Morgen gestalten zu wollen.
Aufrufe zum Umdenken gibt es derweil einige, doch fehlt es noch an den notwendigen Um- und Weiterdenkern und lieber beschäftigt man sich auf seine Art und Weise mit der Betrachtung von Problemen.
„Ja, aber die anderen sind noch nicht soweit.“
Mittlerweile mag dies rückwirkend zu einem Kalenderzitat für 2016 geworden sein.
Ich hoffe inständig, dass mein Kollege mit seiner Aussage falsch liegt, dass die Mehrheit doch lieber nur ihre Ruhe haben möchte.