Von der (Un)Ordnung
(v1.3*) Ich bin die letzte Zeit mehr nachtaktiv und so tagsüber nicht immer erreichbar. Heute hatte ich vor, einen längeren Beitrag über das Thema „Ordnung“ zu schreiben, da mir letzter Zeit öfters auffällt, wie schwer sich so mancher damit tut.
Zwar heißt es so schön: „Ordnung ist das halbe Leben“, doch warum „vergaloppieren“ sich so manche? Bis mir wieder einfiel, dass das nach Ordnung streben – zunächst innerer Ordnung – eine menschliche Eigenschaft ist, die sich neben Vernunft und Gewissen, im Rahmen gewohnter Fremdbestimmung, nicht wirklich entwickelt.
Eine menschlich-persönliche Entwicklung ist in der alten Ordnung nicht gewünscht, sondern eine vordringlich beruflich-persönliche und mit „Bedrucktem“ belohnte, um den „Experten“ so besser steuern zu können.
Da hilft es auch nicht, den Betroffenen, den einen oder anderen Hinweis zu geben, da jene versuchen, sich von „Ordnung“ zunächst eine feste Vorstellung und Einschätzung des notwendigen Aufwands zu machen und wie sie sein muss, was bei gewohnter Überfrachtung, eben mangels Ordnung und fehlender Übersicht, schier unmöglich erscheint. Der Wald wird vor lauter Bäumen nicht gesehen!
Nicht selten wird das Thema im „Hamsterrad artigen“ Alltag beiseite geschoben oder mit: „Das dauert ja vierzehn Tage“, gepaart mit ängstlichem Blick, woanders fehlender Zeit, künstlich „hochstilisiert“.
In der Tat dauerte das Experiment „Ordnung schaffen“ für einen Einzelnen(!) lediglich sechs Stunden, um eine Ordnung zu schaffen, wo sich dann jeder darin wohlfühlte. Die hielt genau drei Tage.Wer in sich keine Ordnung schaffen kann, wird sich im Außen auch nur das wiederfinden, was er in sich trägt oder das zunehmend wieder – in der Regel unbewusst – wieder herstellen. Er weiß nicht, dass er von seinen Denk- und Verhaltensweisen gelenkt ist.
Zunehmende Unordnung und damit einhergehend fehlende Übersicht, mündet in der Regel in einem neudeutschen „Burn-Out“ und am Ende in einem Kollaps, weil kontrollierte Aufmerksamkeit nicht unendlich zur Verfügung steht.
Fortwährende Fehleinschätzungen über Aufwand und Zeit häufen sich dabei, während die „Experten“ immer schneller in ihrem Hamsterrad unterwegs sind. Das sich mitunter entwickelnde Schuldgefühl, ist alles andere als förderlich. Auf diese Weise hält man sich selbst unten. Nicht viel besser ist es mit der Erfüllung von Erwartungshaltungen gegenüber anderen.
Dabei geht es nur irrtümlicherweise um andere. Denn alles was man tut und macht, macht man nur für sich selbst und so sollte auch der Anspruch des Getanen sein. Mit Frust, Wut, Ärger und einem dicken Hals, braucht man im Grunde nichts anzufangen.
Am Ende beherrscht nur noch Wunschdenken die Köpfe und der Bezug zur Realität ist längst verloren. Was folgt, ist der Moment des Kollaps und der Blick auf die Wirklichkeit.
Wenn sich die Betroffenen in einer anerzogenen Fremdbestimmbarkeit bewegen, die sie immer wieder aktionistisch handeln lässt – selbst dann, wenn die „Bestimmer“ nicht in der Nähe sind, der Druck herrscht dennoch.
Das Einzige was hier hilft, ist sich seiner Gehorsamsbereitschaft bewusst zu werden, die man akustisch nicht einfach kleinreden oder wegignorieren kann – gleich wie entschlossen man das zu verkünden meint. Denn nicht das Gesagte zählt hier, um aus der Nummer herauszukommen. Für die meisten Akteure erscheint es jedoch alternativlos. Zwar soll sich etwas ändern, während es jedoch gleich bleiben soll. Das nennt sich Wahnsinn oder: sich einfach selbst nur etwas vormachen.
Jenen kann man außer den einen oder anderen Hinweis, nicht wirklich helfen – wenn überhaupt. Selbst dann nicht, wenn man jene – unter Anwendung des meist anerzogenen Helfersyndroms – händisch unterstützen würde. Noch weniger kann sich ein Ertrinkender an einem anderen Ertrinkenden festhalten, um sich retten zu wollen.
Ein Gefühl für Ordnung, die im Inneren vorliegt, wirkt sich durch den Akt des Aufräumens in der Weise aus, dass man mit dem Aufräumen wieder viel freier Denken und Handeln kann, als dies im Rahmen zunehmender Unordnung der Fall ist. Die Auswirkungen von geschaffener Ordnung wirkt sich auch auf alle anderen Teilnehmer aus.
„Ordnung machen und Ordnung halten, sind zwei paar Schuhe.“
Richtig gemacht, nimmt späteres Ordnung halten, nur noch einen Bruchteil der Zeit ein und spart so im Nachgang weitere Zeit – um an sich selbst zu arbeiten, sich selbst zu entwickeln.
Statt jedoch die Reißleine zu ziehen, versuchen die Betroffenen nur noch durch mehr Aktionismus, das selbstgeschaffene „Hamsterrad am Laufen zu halten“ oder schieben eine notwendige Entscheidung solange vor sich her, bis gar nichts mehr geht. Es folgt: Phönix durch die Asche.
Das zunächst auftretende Phänomen zunehmender Unordnung beim bewusst entschlossenen Aufräumen sollte den Akteur nicht dazu veranlassen, das Szenario zu verlassen. Es geht darum, sich auf das Gefühl, man käme nicht mehr weiter einzulassen und auf sein Inneres zu hören – was nichts damit zu tun hat, nun auf die Peristaltik zu hören, um dann die weiteren Schritte zu tun.
Statt sich also in eine höhere Ordnung zu begeben, tendieren gewohnte Strukturen und Denker immer weiter zur Unordnung, während die Betroffenen selbst nicht in der Lage sind, daran etwas zu ändern oder die später durch andere geschaffene Ordnung noch nicht einmal wahrnehmen.
So ist es von wesentlicher Bedeutung, sich beim Tun im „Hier und Jetzt“ zu üben und zu bewegen, statt beim Tun – was nicht selten nach „wildem“ Streuaktionismus ausschaut, im Kopf bereits „woanders“ „herumzugeistern“, was man noch so an Dingen zu erledigen hat.
Wer glaubt, er könne alles – wenn es recht schnell komplexer wird – mit dem Kopf regeln wollen, der irrt sich. Was hilft, ist ein Zettel, auf dem man die wesentlichen Aufgaben notiert. Der nach Belieben vom Einfachen zum Schweren hin abgearbeitet wird. Das Erledigte wird durchgestrichen. Denn so schafft man sich durch das bereits Erledigte ein gutes Fundament, für „die letzte Aufgabe“. Der Zettel wird am Ende zerknüllt und bewusst in den Papierkorb geworfen. Yes!!!
Wenn bereits beim Aufschreiben immer mehr unerledigte Aufgaben und Details von Details auftauchen, ist das ein Phänomen eines sich in Details verlaufenden „Ichs“ und gleichzeitiger zunehmender Unübersicht und Unordnung. Wer aus Hochmut oder Angst vor der Realität seiner Person nichts notiert, bewegt sich sozusagen „auf selbst gemachtem, dünnen Eis“.
Das sind alles Dinge, die man lernen kann, wenn man sich einfach nur dazu entscheidet. Es sei denn, man zieht es vor, weiter nur der Untergebene seiner eigenen Denk- und Verhaltensweisen zu sein. Die wesentliche Arbeit, die es sich lohnt ins Auge zu fassen.
Ordnung kann man sich auch nicht theoretisch erklären lassen, wie man sie zu machen hat. Es ist mehr der kritische Blick, was man wie organisiert, damit das Gesamtbild klarer wird, was sich unter anderem durch ein angenehmes Gefühl äußert. Es hat nichts damit zu tun, einfach nur die nächste Schublade zu öffnen, um etwas darin verschwinden zu lassen oder es nur von Punkt A nach Punkt B gestellt wird, wo es immer noch im Wege steht.
Am allerwenigsten ist Ordnung, wenn man sich stundenlang „herumtrollt“, um dann – noch dabei zweifelnd – zwei Dinge wegzuwerfen, um sich später selbst vorzumachen, wie sehr man ja „aufgeräumt“ hätte.
Ordnung fühlt sich gut an. Sie tut gut, gibt Kraft und Stärke. Das Ziel ist auf der einen eine höhere Informationsdichte anzustreben und auf der anderen Seite Überflüssiges zu beseitigen. Der Sammler, eine Rolle des klassischen „Ichs“, hebt alles auf. Es könnte ja sein, er benötigt es irgendwann nochmal.
In diesem Wandel geht es jedoch nicht einfach darum, nur irgendetwas zu sammeln, sondern sich über das gewohnte hinaus zu entwickeln und so zeigt sich hier und da, dass das gewohnt gelernte Lernen nicht wirklich funktioniert, wenn man die Zügel seiner Entwicklung nicht selbst in die Hand nimmt. Ordnung sorgt auch für eine innere Ruhe, und man lässt sich nicht so leicht aus der Bahn bringen. Dabei geht es auch um Ruhe und Entspannung. Und so geht manch schwer erscheinende Aufgabe viel leichter von der Hand.
Ein Gefühl für Ordnung erleichtert nicht nur einem selbst das „Leben“, auch das Zusammenwirken mit anderen verläuft flüssiger. Jemand, der keine Ordnung in seinem Leben hat, wird nicht drumherum kommen, erst eine bei sich zu schaffen. Denn wirkt sich Unordnung nicht nur bei einem selbst als Gesundheits- und Zeitfresser negativ auf die eigenen Tätigkeiten, Qualität und Projektziele aus, sondern wirkt auf das gesamte System.
Wenn man erkennt und logisch erfasst, dass man nicht mehr alles erreichen muss, so kann man auch besser mit „Störungen“ umgehen, die plötzlich keine mehr sind.
P.S. Das Gefühl für Ordnung ist nicht einfach nur davon bestimmt, wie „gesammeltes“ „verstaut“ wird, sondern wie Dinge miteinander vernetzt zusammenwirken. Es reicht nicht, dass man einfach nur ein paar „Experten“ zusammenstellt, damit es funktioniert. So reicht es auch nicht, einfach nur genug Probleme wahrzunehmen und anzuhäufen, in der Vorstellung damit würde sich etwas ändern. Ebenso wenig, wenn man dies mit unzusammenhängenden „Lösungen“ veranstalten würde.