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Werkzeuge des Geistes, Teil 7: Negierung, Invertierung und Infragestellung

Lesezeit: ca. 16 Minuten

(v1.0*) Dass Gestern alles besser gewesen sein soll, während so mancher vielleicht gerade mal 40 ist und davon träumt, dass ein „Deutsches Reich“ „die Rettung“ sei, hat mich recht früh mit der Frage beschäftigen lassen, woher nur die Vorstellung kommt, dass gestern alles besser gewesen sein soll.

Mein Opa wurde 1900 geboren und alles, was er mir bis zu seinem Tode 1975 in den wenigen Jahren (ca. vier Jahre) über die damalige Zeit erzählte, war alles andere als erstrebenswert. Sei es, wie es sei.

Woher kommt also diese Vorstellung, dass das Jetzt gegen ein Vorgestern zu ersetzen sei, nur weil man Ungerechtigkeit erfährt oder sich nach „gerechter“ Betreuung durch die Gewählten sehnt?

Wie wäre es stattdessen, gleich beides „beim Schlafittchen zu packen“ und durch Infragestellung in das „Regal der Geschichte“, unter: „Wie wir lernten, wie es NICHT funktioniert“, zu bugsieren. Warum?

Weil der Glaube an eine vom Menschen geschaffene Rechtsfiktion – gleich wie sie heißen mag – wenig Sinn macht, diese nur gegen eine andere austauschen zu wollen, während jeder der Teilnehmer der Meinung ist, „seine“ sei die „richtigere“ Rechtsfiktion.

Bevor man sich also im üblichen Gegeneinander und ewiger Beweisführung wiederfindet, stellt man sich besser die Frage, was beide miteinander gemeinsam haben: Beide basieren auf einer Rechtsfiktion, wobei die eine noch nicht einmal eine ist, sondern nur so tut, als ob, weil sie letztlich nur eine Betreuungseinrichtung der UN ist – wenn überhaupt.

Da man sich da kollektiv im Klassischen bewegt, bedurfte es dazu einer Art Revolution. Das würde bedeuten, dass man sich ja organisieren müsste, was in der Regel nur für Vorträge aus der alten Zeit oder fröhliches miteinander Grillen ausreicht.

„Am Wochenende kann ich nicht, da kommen die Schwiegereltern.“

„Wir haben gewonnen. Die Menschen interessieren sich nicht mehr für ihre Bürgerrechte, nur noch für ihren Lebensstandard. Die moderne Welt hat Ideen, wie die Freiheit hinter sich gelassen. Es genügt ihnen zu gehorchen.“
„Die Gefahr bleibt bestehen, solange der freie Wille existiert. Jahrhunderte lang haben wir versucht durch Religion, Politik und heute durch Konsumdenken Widerspruch auszulöschen. Hat nicht auch die Wissenschaft eine Chance verdient?“ Aus dem Film wahrlich hervorstechender Dialog aus „Assassin’s Creed“, 2016

Im Kern war bis jetzt nur nicht das Richtige dabei, wo man sich über das Gewohnte hinaus wieder einmal mit etwas auseinandersetzen kann. Nach so vielen Themen und Traktieren kann ich das auch gut verstehen. Es wurde ja auch viel Pulver verschossen. Doch soll das jetzt nicht das Thema sein.

Erst durch Hinterfragung und Infragestellung des Bisherigen, gelangt man in den Prozess der Weiterentwicklung und nicht durch prinzipielle Wiederholung, noch durch heftige Kritik oder Gegenwehr.

Dagegen sein ist lediglich eine Form der Negierung, sozusagen wird aus einer „1“ nur eine „-1“.
Der betrachtete Sachverhalt oder eben eine Situation werden gewohnt unter dem Aspekt der Verdrängung gehandhabt, was die Angelegenheit für einen selbst nur scheinbar zu einer Lösung werden lässt.

So wird durch Invertierung, als einfaches Beispiel aus der Digitaltechnik, die Binärzahlenreihe „01101010“ in „10010101“ umgewandelt.

Gewöhnlich spricht man zwar auch hier von „Negierung“. Doch im Sinne des Beitrags ist „Negieren“ das Verwenden eines Vorzeichens wie Puls (+) oder Minus (-). Der Wert in sich, bleibt der gleiche. Während sich bei der Invertierung der Wert in sich selbst verändert.

Die Invertierung der Fremdbestimmung führt zur Selbstbestimmung. Beim Negieren hingegen, würde man lediglich die „ungerechten“ (-) Vorgesetzten (Wert) gegen „gerechte“ (+) Vorgesetzte (Wert) austauschen. Bei der Invertierung geht es darum, den Wert an sich infrage zu stellen.

So am Rande: Eine Variable ist in der Programmierung ein Behälter für Werte, während der Wert selbst (z.B. einen Zahl) auch nur ein Behälter für etwas ist, was man sonst nicht erfassen kann.
In der Natur gibt es keine Zahlen oder Buchstaben usw. Es sind lediglich vom Menschen geschaffene Symbole, um das Unbegreifbare auf menschliche Größe reduzieren zu wollen. Das hat dazu geführt, dass mehrheitlich das Unbegreifbare vergessen wurde: nämlich das Leben selbst.

Das Leben wurde in den Erzählungen und Gleichnissen personifiziert (Gott, Allah, Jaweh, Haschem usw.), sozusagen „verdinglicht“ und der „Existenz“ steht fälschlicherweise gedacht, das „Nichts“ gegenüber, was nicht stimmt, sondern das Leben selbst steht der Existenz (hier: der übliche Firlefanz der getrieben wird, um Selbige aufrechtzuerhalten), während das Leben, wenn man an es glaubt (darauf vertraut, allein deswegen, weil es durch einen wirkt) so alles für einen regelt, wenn man nach den Regeln des Lebens handelt (was die „normalste Sache der Welt“ wäre, wäre man nicht in die gewohnte Fremdbestimmung hineingeboren worden).

Nun, darin steckt auch die wesentliche Aufgabe: Der Mensch ist in der Lage alles zu ändern, was er geschaffen hat: Durch Infragestellung seiner künstlichen Regelwerke, Methoden (Belohnung und Bestrafung), Werkzeuge (z.B. Kontrolle) und ihm anerzogenen Wertvorstellungen, wieder hin zur Entwicklung in Vernunft und Gewissen, erkennen und verstehen von Selbstregelmechanismen und deren praktischer Anwendung auf vom Menschen künstlich geschaffenen Strukturen usw.

„Wissen sie, warum sie in der Funktion als Polizeibediensteter existieren?“ „Nein.“ „Weil sie vorgeschickt werden, um die Auswirkungen gesellschaftlich tolerierter Unvernunft oberflächlich zu kaschieren.“ „Stimmt. Und ich gehe davon aus, dass dies noch eine Weile der Fall sein wird.“ Gespräch mit Selbigem in 2017

Das positive Recht bemüht sich um die Regulierung der Symptome aus Unvernunft und Gewissenlosigkeit, das überpositive Recht geht den Weg der Ursache. Ersteres versucht die zunehmende Unordnung kontrollieren zu wollen, während das überpositive, das Vernunftrecht, den Weg der Selbstregulierung geht und zu einer höheren Ordnung führt. Siehe auch: Der Kategorische Imperativ.

„Ein Verhalten, welches nur vom Gestern kopiert wurde, bestimmt ebenso was sein wird, wie eines, was stattdessen infrage gestellt wurde.“

„Der Mensch ist über seine Denk- und Verhaltensmuster mit den Prozessen des Klimas untrennbar verbunden, weil es letztlich auch nur Prozessstrukturen sind.“

Der Mensch, der meint, nichts ändern zu können, meint dies, weil er glaubt, er sei seine anerzogenen Denk- und Verhaltensmuster, sein „Ich“ (Behälter), was er „verteidigen“ müsse.

Dass nur eine Mehrheit einen Veränderungsprozess anstoßen kann, wird zu, dass einer ausreicht, um einen Veränderungsprozess anzustoßen.
Wenn die Vorstellung besteht, dass nur die Mehrheit stark sei, wird zu: dass man für sich selbst stark wird.
Aus gewohnter Schuldzuweisung (und anderen Verdrängungskonzepten) wird im Umkehrschluss, die Selbstreflektion.

„Herr über andere“ sein zu wollen, wird zu „Herr über sich“ sein zu wollen. Materielles Haben und damit verbundene Gier (Phänomen gelebter Unvernunft), werden zu immateriellem Sein und Interesse an Entwicklung usw.

Wenn darauf hingewiesen wird, die Dinge nicht zu hinterfragen, ist der Umkehrschluss, diese erst recht zu hinterfragen.

Man braucht – in klassischen Sinne einer Umsetzung – auch nicht erst zurück, um bspw. einen Friedensvertrag zu machen oder wieder einen „Rechtsstaat“ zu gründen.
Es bleibt solange eine reine Kopfsache, bis man die „Nummer“ (für sich) – sozusagen – „durch“ hat.

Wiederholend: Die Überwindung der alten Ordnung ist zunächst eine Kopfsache und damit verbundene Infragestellung ist deswegen notwendig, um auch den Tricks des Systems (die gewohnten Denk- und Verhaltensweisen) auf den Grund zu gehen, sie zu erkennen, um sich so nicht im gewohnten Kreisverkehr auf der Suche nach noch mehr Details – bspw. in der deutschen Geschichte – wiederzufinden.

Denn das führt zu nichts, außer dass man erkennt, dass es zu nichts führt und beginnt, die „besseren“, als nur die „üblichen“ Fragen zu stellen. Welche das sind, bestimmt, ob man sich weiter nur in der Trennung und im Kreisverkehr bewegt oder entwickelt.

Der junge Mensch, der sich noch natürlich entwickelt, tut dies ohne zu wissen und, dass es ihm in der Regel nur soweit „gegönnt“ ist, dass er für die Autorität zu keiner Gefahr wird, was meint, sich möglicherweise über das gewohnte Denken, Konventionen und gesellschaftlichen Vorstellungen hinaus zu entwickeln.

„Was andere machen, ist uns hier in der Familie egal. Die anderen geht es auch nichts an, was hier besprochen wird.“ Vater zu seinem Sohn. Der selbe Vater, nachdem der Sohn was verbockt hat: „Was sollen die Leute jetzt nur von uns denken?“

Üblicherweise geht es darum, den Vorstellungen der übergeordneten Interessen der Autorität(en) und denen der Gesellschaft zu entsprechen, weshalb sich eine nach rückwärts gerichtete Lebenshaltung etabliert, die man allgemein als „konservativ“ bezeichnet, die der echten liberalen Haltung diametral gegenüber steht. Ich schreibe deswegen „echt“, weil die gewohnten „Liberalen“ keine wirklichen, sondern nur als solche betitelt sind. Das nennt man auch Etikettenschwindel.

Wer mal über den „Horizont der Entsprechungen“ der Autorität hinaus geblickt hat, wird nicht selten dafür in irgendeiner Weise bestraft. Wer artig entspricht, wird belohnt. So lässt sich ein „gut“ konditionierter Geist recht gut „bei der Stange halten“. Bestrafung für Hinterfragen und Entwicklung; Belohnung für Entsprechung.

Aus diesem Grund wirkt die Aussage „Wir wollen, dass ihr es mal besser habt als wir…“, i.V.m. mit der Bedingung: „…solange ihr so seid, wie uns das gefällt“, wie ein von Generation zu Generation weitergegebener, geistiger Erosionsprozess.

„Neues = Bestrafung → „Gestern war alles besser“ = Zugehörigkeit, Belohnung, bedingte Liebe, Aufmerksamkeit usw.“

Jedoch ist die mehrheitlich noch unbekannte Realität anders gestrickt, als sich dies nur allzu gerne, im Sinne der Hoffnung auf Wiederholung und damit verbundenem Festhalten an den gewohnten Denk- und Verhaltensmustern, gedacht wird.

Denn die wesentliche Entwicklung des Menschen findet dann statt, wenn er das Bisherige nicht einfach nur inhaltlich durch Austausch von „ungerechten“ gegen „gerechte“ Vorgesetzte künstlich aufzuhübschen versucht, während er das System, IN dem der ganze Zinnober stattfindet, weiter unbetrachtet und so beibehalten wird.

Erst durch die Hinterfragung des Systems und da kann man die üblichen Verschwörungstheorien über Illuminaten, Freimaurer sowie weiße, schwarze und graue („Lichtgrau“ nach RAL 7035) Päpste getrost hinter sich lassen.
Es verrät nur, dass das „Ich“ den Menschen mit allerlei Ablenkungsthemen und Nebenschauplätzen zu beschäftigen versucht, um sich so weiter vor Veränderung zu schützen.

Ein „Schuh“ wird dann daraus: indem man als entschlossener Einzelner im öffentlichen Raum das System und seine Mechanismen in Frage stellt und nicht einfach nur die sicht- und spürbaren Probleme beklagt und bejammert wie auch die vermeintlich Verantwortlichen beschuldigt werden.

Ein System, was sich durch die Erziehung zur Gehorsamsbereitschaft konstituiert und durch wohlwollend zugestandene „Privilegien“ und „Grundrechte“ erhält.

„Es ist leicht, Leute zu belügen, die sich schon selbst belügen.“ „Mysterio“, Spider-Man – Far From Home, 2019

Manche der Sachverhalte zur Infragestellung findet man bereits am Wegesrand, andere gilt es erst einmal aus dem Wust der Informationen herzuleiten.

Dabei reicht es nicht, alles Mögliche nur zu sammeln und aufzureihen, wie dies gerne mit Unsäglichkeiten geschieht, was wiederum auf die anerzogene Opferhaltung des Sammlers zurückzuführen ist, der mitunter nur zu verdrängen oder zu klagen weiß.

Irgendwann kam die Erkenntnis, dass gewohntes „dafür“ oder „dagegen“ sein, beides nur das Alte verkörpert, da übliches Gegeneinander „lediglich“ auf den in der Bestrafung entstandenen Verdrängungskonzepten basiert, während dabei gleichzeitig auch ein Bedarf an Feindbildprojektion entstanden ist, und jeder, der anderer Meinung ist, als die eigene, ist automatisch ein „Feind“.
„Freund und Feind“, „Gut und Böse“ sind gemacht für einfache Menschen, um damit andere schnell in die Schranken zu verweisen.

„Bist du auf unserer Seite?“ „Ich glaube, so einfach ist das nicht.“ „Dann sollte es aber schnell so einfach werden.“ „Ich bin auf der Seite des Lebens.“ Dialog aus Avengers: Age of Ultron, 2015 (Anmerkung: Praktische Anwendung des Kategorischen Imperativs)

Verdrängungskonzepte überlagern den eigentlichen Entwicklungsprozess, notfalls bis zur Selbstverleugnung. Aus einem offenen System wird so ein mental geschlossenes, was es in der Natur jedoch nicht gibt, also von künstlicher Natur ist.

Das System der alten Ordnung, was sich der Mensch aufgrund üblicher Erziehung zur Gehorsamsbereitschaft schuf, ist die Invertierung des Lebens selbst, indem er sich eben durch seine gewohnten Denk- und Verhaltensmuster selbst gefangen hält und dies mitunter auch mit allem Mitteln zu verteidigen meint.

Nur „für“ oder „gegen“ irgendetwas zu sein, ist eine Verhaltensweise, die typisch für Konflikte ist. Die Lösung liegt in der Anwendung des Kategorischen Imperativs und der dazu notwendigen Art und Weise der Fragestellung.

In der alten Ordnung führt die gewohnte Behandlung von sicht- und spürbar wahrgenommenen Symptomen zu einer strukturellen Zunahme der Komplexität, während die Ursachen unbetrachtet und unbehandelt bleiben.
Daraus leitet sich ein nur scheinbar „gut gehendes“ Geschäftsmodell ab, während es in der Natur keine derartigen Geschäfte gibt.
Dort heißt es „Symbiose“, es gibt auch kein Geld, kein Eigentum oder gar Besitz, ebenso wenig wie künstlich geschaffene Institutionen genannt „Staaten“ oder gar Grenzen.

Das wiederum zeigt, dass die meisten „Experten für die neue Weltordnung“ in ihrer gewohnten Darstellung lediglich ihren eigenen, unbetrachteten Denk- und Verhaltensmustern und damit auch anerzogenem Opferverhalten nachgehen.

Denn bis heute konnte mir niemand die Frage beantworten: Wenn das, was Du da mit „Neue Weltordnung“ bezeichnest, was ist denn dann die „Alte Weltordnung“?

Werkzeuge des Geistes, Teil 8: Ockham’s Rasiermesser und das „Bipp“