kompass21
kompass21

Werkzeuge des Geistes, Teil 8: Ockham’s Rasiermesser und das „Bipp“

Lesezeit: ca. 10 Minuten

(v1.3*) Sicher gibt es viele Themenfelder, die es eindringlich zu „beackern“ gilt. Zumindest erscheint dies dem gewohnten Denker so, weil er sich gewohnt mit Symptomen (mit „Problemen“ etikettiert) auseinandersetzt und “Lösungen“ in der Regel durch deren Kaschieren bestehen, was letztlich nur zur einer Zunahme der Komplexität führt, und noch mehr Aufmerksamkeit zu ihrer Erhaltung bindet.

Der gewohnte Verstand tendiert zu einer zunehmenden strukturellen Unordnung, weswegen ich irgendwann verstanden habe, warum so mancher „Schubäus-Modell-Interessent“ gesagt bekommen hat: „Am besten, sie bringen erst mal ihr Leben in Ordnung.“

Die Zunahme der Unordnung geschieht bis zu dem Moment, wenn sich ab da mehr mit der Erhaltung der Struktur beschäftigt wird, als mit der Erfüllung der Funktion, für die die Struktur einst geschaffen wurde. Am Ende winkt der Tod durch strukturell selbst geschaffene Insuffizienz. Umdenken macht also Sinn.

Jemand sagte vor Jahren zu mir, dass man das Modell von Schubäus ja erst mal umsonst machen müsse. Ich erzählte ihm, dass die Lösung von einem konventionellen Beratungsunternehmen für das Unternehmen SKET damals 55.000.000 DM gekostet hat und es trotzdem nach neun Monaten schloss, während die unkonventionelle Lösung durch den Beratergeneralisten K. H. Schubäus gerade mal 500.000 DM gekostet hätte, inkl. individueller ERP-Software-Lösung. Allein aus diesem Grund sei ein „umsonst“ nicht möglich. Der andere verstand das sofort.

Ein anderes bekanntes Beispiel ist das Projekt mit dem Möbelhändler (aus einzelne Abteilungen), der in 2 Schichten pro Tag 12 LKW mit 480m³ Möbel belud (Ergebnis in der Betriebswirtschaft: rot-schwarze Null) und nach Neuorientierung durch Schubäus wurden 1.420m³ in einer Schicht in 18 Lkw beladen und es gab auch keine Abteilungen mehr.
So wären nur noch knapp drei Stunden (genau: 2,704 h) am Tag notwendig gewesen, um besagte rot-schwarze Null zu erreichen. So viel mal aus der alten, in Kombination mit den Denk- und Verhaltensmustern der neuen Ordnung. So am Rande.

„Adam Smith hat gesagt: Das beste Resultat erzielt man, wenn jeder in der Gruppe das tut, was für ihn selbst am besten ist. Richtig?“ „Das hat er gesagt, stimmt.“
„Unvollständig, unvollständig. Okay? Weil das beste Resultat dann erzielt wird, wenn jeder in der Gruppe das tut, was für ihn selbst am besten ist… und für die Gruppe… Regulierende Dynamik, Gentlemen, regulierende Dynamik… Adam Smith hat sich geirrt.“ Dialog zwischen John Nash und Kollegen im Film „A Beautiful Mind“.

Was hat das alles mit „Ockham’s Rasiermesser“ (lex parsimoniae) zu tun und was ist das überhaupt?

Ockham’s* Rasiermesser ist eine Methode aus der Wissenschaft und beschreibt ein Phänomen, dass bei einer komplexen Problemstellung, zu der aus unterschiedlichen Betrachtungswinkeln Lösungsansätze entstanden sind, jener Ansatz alle anderen kompromisslos abschneidet, der von seinem Wesen her am logisch einfachsten ist. *Wilhelm von Ockham (1288–1347)

(Anmerkung: Es gibt zwei Arten von „einfach“. Das gewohnte „Einfach“ behandelt „schnell“ die Symptome, das andere, „logisch einfache“, orientiert sich an der Ursache und reguliert oder beseitigt diese. (Anmerkung: Symptom und Ursache sind jedoch zwei Paar Schuhe.)

Das Phänomen „Ockham’s Rasiermesser“ funktioniert auch, wenn bspw. zwei bisher getrennt voneinander „beackerten“ Themen zusammengebracht werden, und sich eines davon durch Verbindung, bspw. im Erkenntnis-Dialog, mit dem anderen Thema mehr und mehr selbst entsorgt und für den „Themen-Inhaber“ dramatisch an Bedeutung verliert. Das bedeutet auch, dass es in der Tat „durch“ ist, oder:

„Die richtige Information im richtigen Moment, ist tödlicher, als jede Waffe.“ „Martin Connels“, Westworld 3. Staffel, Episode 4

Nichts erscheint einem selbst übler, wenn das eigene Thema, mit dem man sich persönlich(!) identifiziert und lange Zeit damit verbracht hat, plötzlich an Bedeutung verliert.

Hinweis: Es ist besser sich am Weg der eigenen Entwicklung zu orientieren, als sich lediglich an Inhalten festzuklammern.

Dass dazu passende Beispiel ist das positive Recht. Sicher kann man da Jahrhunderte seiner Geschichte herunterbeten und Details von Details wissen und es wie ein „heiliges Werkzeug“ betrachten und gleichzeitig noch auf „Souveränität“ bestehen.

Spätestens wenn man erkennt, dass Souveränität – besser: dass Selbstbestimmung weder auf künstlichen Regelwerken noch auf Staatsgebilden fußt, weil Gesetze eben für Personen (Masken, Hüllen,Rollen, die der Mensch spielt) gemacht sind und der Mensch weder in einem Staat lebt, noch sich künstlichen Regelwerken unterwirft, eben weil er sich selbst entschlossen in Vernunft und Gewissen entwickelt, ist die Nummer – logisch – vorbei: überpositives Recht.

Das kann man auch nicht pauschal für alle mal „per Order di Mufti“ festlegen oder von anderen „fordern“, sondern lediglich selbst bei sich entwickeln und es sicht- und spürbar (mit allen Konsequenzen) vorzuleben, wo man nicht mehr ins gewohnte „Bild“ der Gesellschaft passt. Irgendeiner muss ja mal den Anfang machen und den Mut aufbringen, wenn „gemeinsam sind wir stark“ nicht ausreicht.

Nächstes Beispiel ist der Wunsch, einen Rechtsstaat als „deutsche Lösung“ ins Leben zu rufen, was sich bereits mit den vorhergehenden Absätzen erledigt hat.

Ist es nicht besser, über ein Lösungsmuster vorzudenken, wo sich alle auf diesem Planeten wiederfinden und mitmachen können, wenn sie mögen, statt gewohnt zu „müssen“, wenn sie nicht hören. Schließlich mögen andere Generationen auch noch auf diesem Planeten leben wollen.

Wer sich hier als „unschuldiges Opfer der Umstände“ zu erkennen meint: Das Kollektivprodukt aller menschlichen, vordringlich materiellen Gier wirkt auf diesen Planeten zerstörerisch. Das „kollektiv begründet damit, dass die meisten Menschen in ihren Kernverhaltensweisen (in der Regel durch anerzogene Gehorsamsbereitschaft) zur gleichen Organisationsform (Hierarchie) tendieren, individuell-globaler Gruppenzwang.

Das ist doch mal eine echte Herausforderung (statt das übliche, vom Rest abgetrennte „Staatsgebastel“), indem man das System insgesamt infrage stellt, aus dem der ganze, als „alternativlos“ und deshalb „ernst“ gehaltene Tamtam, hervorgeht.

Wer mal mitbekommen hat, wie eine große Eizelle von einer Samenzelle befruchtet worden ist, weiß, dass mit überschreiten einer Grenze, nur ein „Impuls“ reicht, damit sich ein Prozess in Bewegung setzt. So am Rande.

Hinweisend: Es „fruchtet“ nur deswegen noch nicht in den Köpfen, weil die Meinungen und Vorstellungen jener in der Regel gegen Veränderung geschützt und verteidigt werden, und genau deswegen treten die „Verteidiger“ auch auf der Stelle, während der selbstgeschaffene Druck weiter zunimmt und ihr „Klageliedchen“ gleichzeitig immer lauter wird, was mich irgendwie an die Entstehung von Sternen erinnert. So nebenbei.

Der Glaube an der Wert von mit Zahlen bedrucktem Papier und dass Arbeit etwas wert und mit „Bedrucktem“ zu begleichen sei, ist die wesentliche Abhängigkeit seiner Fremdbestimmbarkeit, die sich der Mensch geschaffen hat, aufbauend auf der Notwendigkeit, etwas zu Essen, zu Trinken und zumindest ein Dach über dem Kopf zu haben. Hinzukommen Energie, Mobilität und Kommunikation. Sicher ist es noch etwas komplexer. Es geht ja „nur“ ums Prinzip und um darüber hinauszudenken und nicht um Inhalte und unendliche Details von Details.

Wer nun der Meinung ist, dass dies alles nach „schöner Philosophie“ klingt, vergisst, dass er auch nach einer Philosophie lebt. Einer Philosophie, nach der er zu tanzen hat, wenn ihm das gesagt wird.

„Bipp“ ist dabei jener Moment, wo das jeweilige Teilsystem einer vom Menschen auf Basis seiner gewohnten Denk- und Verhaltensmuster geschaffenen Scheinwelt in sich wie eine bunte Seifenblase kollabiert. Siehe auch: „Existenzverlust ist lediglich ein Rollenverlust“

Nachtrag: Das wichtigste ist dabei, dass man selbst Interesse und ein hohes Maß an Forscherdrang zur Hinterfragungen und Infragestellung mitbringt, und nicht einfach nur darauf wartet und hofft, eine vorgekaute Lösung in drei Sätzen zu bekommen, die sich zudem am eigenen vorhandenen Wissensstand orientiert, den man unbedingt beibehalten möchte.

Musikalischer Nachspann:

Werkzeuge des Geistes, Teil 9: Logik, Kernprozess, Rollenspiel und Gewissen