Steht unser Rechtssystem auf dem falschen Fundament: Ist Eigentum Diebstahl?
(Bergheim, Martin Bartonitz, 31.3.2012) Ich hatte vor eniger Zeit schon einmal formuliert: Unser Geldsystem steht im Widerspruch zur Grundregel “Du sollst nicht stehlen”. In unseren Diskussionsbeiträgen ist in letzter Zeit immer wieder Mal der Begriff des Eigentums als ein zu hinterfragender aufgetaucht. Nun bin ich in dieser Woche mal der Frage nachgegangen, ob Eigentum so etwas wie ein natürliches Recht ist, oder ob es aus vernünftigen Gründen Sinn macht, es zu haben. Und wie so Vieles, sieht man Licht und Schatten. Meine Intuition sieht allerdings mehr Schatten, so dass ich zu meiner aktuellen Ansicht komme, dass ich mich der Meinung Proudhons anschließen mag, die er in seiner etwas längeren Streitschrift zum Eigentum sezierend seiner Leserschaft klar macht:
Eigentum ist Diebstahl.
Wobei wir einen weiteren Punkt unseres kapitalistischen Systems zu erkennen hätten, was uns weniger zuträglich ist, weil es für einige Wenige vermehrend wirkt, besonders. Proudhon schreibt in seinem Traktat unter anderem:
Das Eigentum aber ist ethymologisch wie nach den Definitionen der Rechtswissenschaft ein Recht außerhalb der Gesellschaft. Denn stammten die Güter eines jeden von der Gesellschaft, so wären die Bedingungen für alle gleich, und nachstehender Satz müßte einen “Widerspruch enthalten: Das Eigentum ist das Recht, das ein Mensch besitzt, völlig uneingeschränkt über ein gesellschaftliches Eigentum zu verfügen. Haben wir uns also um der Freiheit, Gleichheit, Sicherheit willen zur Gesellschaft zusammengeschlossen, so haben wir es nicht um des Eigentums willen getan; wenn also das Eigentum ein Naturrecht ist, so ist dieses Naturrecht kein soziales, sondern ein antisoziales. Eigentum und Gesellschaft sind zwei Dinge, zwischen denen unversöhnliche Feindschaft besteht: es ist ebenso unmöglich, zwei Eigentümer zu vereinigen, wie zwei Magnete mit ihren gleichen Polen. Entweder muß die Gesellschaft zugrunde gehen oder sie muß das Eigentum vernichten.
Und er geht bis auf Cicero zurück, der Eigentum durch Okkupation und Arbeit daran betrachtet:
… denn die Okkupation ist eine reine Toleranz und, wenn die Toleranz gegenseitig ist – und sie kann nichts anderes sein -, dann sind die Besitzungen gleich.
…Ist das Recht zu leben gleich, so ist auch das Recht zu arbeiten gleich und ebenso auch das Okkupationsrecht. Könnten Inselbewohner unter Berufung auf das Eigentumsrecht unglückliche Schiffbrüchige, die sich ihrer Küste zu nähern versuchten, mit Haken zurückstoßen, ohne dadurch ein Verbrechen zu begehen? Der bloße Gedanke an eine solche Barbarei empört unsere Phantasie. Der Eigentümer hält, wie Robinson auf seiner Insel, mit Lanzenstößen und Gewehrschüssen den Proletarier fern, den die Woge der Zivilisation in die Tiefe schleudert und der sich an den Felsen des Eigentums anzuklammern sucht. Gib mir Arbeit, schreit dieser mit aller Kraft dem Eigentümer entgegen; stoße mich nicht zurück, ich werde für jeden Lohn, den Du mir bietest, arbeiten. – Ich kann Deine Dienste nicht gebrauchen, erwidert der Eigentümer, wobei er ihm die Spitze seiner Lanze oder die Mündung seines Gewehres entgegenhält. – Vermindere wenigstens meine Miete. – Ich brauche meine Einkünfte, um leben zu können. – Wie soll ich bezahlen können, wenn ich nicht arbeite. – Das ist Deine Sache. – Darauf läßt sich der unglückliche Proletarier von der Flut wegtreiben,, oder aber, wenn er in das Eigentum einzudringen versucht, streckt ihn der Eigentümer zu Boden und tötet ihn.
In dem Wikipedia Artikel zum Eigentum ist sehr gut dargestellt, wie sich der Eigentumsgedanke mit der Zeit entwickelt haben mag. Interessant ist aber auch der Hinweis, dass unsere indigenen Volker, wie z.B. die Inubit, den Gedanken an Privateigentum gar nicht kannten. Womit das Thema “natürliches Recht” nicht gegeben wäre. Auch Proudhon weist darauf hin, dass etwas, was einfach nur exisistiere, deshalb noch lange nicht rechtens wäre. Mir fällt dazu z.B. das Töten ein. Gibt es auch, aber rechtens ist es zumindest in Friedenszeiten nicht.
Und noch etwas hat Proudhon so schön von Cicero´s Ansicht über die Welt als Theater dargestellt:
Ein Theaterbesucher wird sich auf einen Platz im Theater setzen. Dieser wird ihm während dieser Vorstellung nicht mehr streitig gemacht. Er wird aber auch nicht mehr Pätze als diesen einen belegen können. Wenn mehr Besucher kommen, ist weniger Platz. Kommen weniger, ist mehr Platz.
Dieses Bild des Theaterbesuchs zeig tso schön auf, wie das mit dem Besitzen von etwas auf dieser Erde ist, so dass ein Überleben des Einzelnen möglich ist. Aber auch nicht mehr. Produhon zitiert dazu passend Professor Reid von Edinburg:
Das Recht zu leben enthält das Recht, sich die Mittel dazu zu verschaffen, und dieselbe Regel der Gerechtigkeit, welche das Leben des Unschuldigen respektiert wissen will, verlangt auch, daß man ihm die Mittel zu seiner Erhaltung nicht raube: beide sind gleich heilig… Der Arbeit eines anderen ein Hindernis in den Weg zu legen, heißt die gleiche Ungerechtigkeit begehen, wie ihn mit Ketten zu belasten oder ins Gefängnis zu werfen; das Resultat ist ganz dasselbe und ruft dieselbe Erbitterung hervor.
Fassen wir also die vielen Diskussionen zusammen, was es nach den aktuellen Erkenntnissen also inzwischen für eine bessere Welt braucht?
- Das Streben nach Glück und dieses zu teilen
- Das bewusste Zusammenwirken von Geist und Liebe
- Ein Wirtschaften ohne Geld, sprich eine Schenkkultur und einer fairen Nutzung der Welt-Ressourcen
- Ein Leben ohne Eigentum, aber mit soviel Besitz, um damit überleben zu können