Mein Essen mit André, 1981
(v1.1) „Durch Akzeptierung dieses Rollenspiels, enthalten wir unser wirkliches „Ich“ den anderen vor. Ich meine, wir leben in lächerlicher Ignoranz voneinander entfernt. Wir wissen nichts von all den Dingen, die wir über unsere angeblich „besten Freunde“ wissen möchten.
Weißt Du, weißt du,… Stell‘ dir vor, es wäre eine Art von Hölle, dein Privatleben. Würdest du nicht gern wissen wollen, ob deine Freunde nicht dasselbe durchmachen? Aber du wagst sie ja nicht zu fragen.“
„Nein. Denn damit würdest du sie auffordern, aus der Rolle zu fallen.“
„Wir legen überhaupt keinen Wert mehr darauf, die Realität zu erfassen. Ich möchte behaupten, ganz im Gegenteil. Die unglaubliche Überschätzung unserer sogenannten Karrieren, lässt automatisch der Wahrnehmung und der Erfassung der Realität nur einen verschwindenden Stellenwert.
Denn wenn, wenn dein Leben ausgerichtet ist auf bloßes Erfolgsstreben und Karriere machen, ist es völlig egal, was du wahrnimmst, oder was du erlebst. Du kannst ja ganz einfach deinen Verstand für Jahre abschalten und schaltest auf automatischen Piloten…“
„…Unser Verstand ist auf Ziele und Pläne fixiert, die… jenseits aller Realität liegen.“
„Nein. Ziele und Pläne sind nichts mehr, nur noch Phantasien. Sie sind Bestände eines Traumlebens. Weißt du ich meine, es, es scheint nur so, so lächerlich irgendwie… Jeder Mensch ist verpflichtet sein kleines, sein kleines Ziel in seinem Leben zu haben. Und es ist so absurd, weil es völlig gleich ist, ob dieses ist oder jenes ist.“
„Richtig. Und weil sich die Menschen auf ihre Ziele konzentrieren, so wird jeder Moment ihres Lebens zur Gewohnheit.“ Dialog zwischen „Wallace Shawn“ und „André Gregory“, Mein Essen mit André, 1981
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„Weißt du, die Menschen halten an Rollenbildern fest… Vater, Mutter, Ehemann, Frau und das aus dem selben Grund. Es scheint ihnen festen Boden unter den Füßen zu geben. Aber da ist keine Ehefrau. Was bedeutet das, eine Ehefrau, ein Ehemann, ein Sohn?
Ein Baby hält deine Hand. Und dann plötzlich ist da dieser riesige Mann, der hebt dich vom Boden hoch, und dann ist er auch weg. Wo ist dieser Sohn?“ „André Gregory“, Mein Essen mit André, 1981
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„Es war auch einer der Gründe, weswegen Grotowski das Theater aufgab. Er spürte nämlich, dass die Leute im Leben so unheimlich gutes Theater spielen, dass Aufführungen im Theater eigentlich überflüssig sind, auf eine Weise sogar obszön.“ „André Gregory“, Mein Essen mit André, 1981
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„Hör‘ mal zu. Ist es nicht verwunderlich, wie oft ein Arzt unserer Vorstellung entspricht, wie man sich einen Arzt vorstellt? Wenn du einen Terroristen im Fernsehen siehst, sieht er aus wie ein Terrorist.
Weißt du, wir leben in einer Welt, in der Väter, Alleinlebende oder Künstler so zu leben versuchen, wie man sich in der Fantasie einen Vater, einen Alleinlebenden oder einen Künstler eben vorstellt, und sie benehmen sich genau so, als ob sie sich in jedem Augenblick zu benehmen hätten. Sie machen alle einen selbstbewussten Eindruck.“ „André Gregory“, Mein Essen mit André, 1981