Gedankenfürze?

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(v1.0) Heute morgen erreichte mich ein lieber Gruß über WhatsApp. In diesem steht: „Genieße die Zeit, denn du lebst jetzt und heute, denn morgen kannst du gestern nicht nachholen.“ Darauf schrieb ich jenem: „Nur der Reichsbürger kann das Gestern morgen nachholen…“

So mancher macht sich auf die geschichtliche Suche nach Details von Details, um irgendwann eine Art „endgültiges“ Bild zu erlangen – in der Vorstellung dabei auch einen Schuldigen (für alles) zu entdecken. (Anmerkung: So Leute gibt es tatsächlich!)

Für den detailverliebten erscheint es unverständlich, wenn ein anderer flapsig von sich gibt, er habe „das Thema“ ja bereits durch.

„Wie kann man ein Thema „durch“ haben“, fragte mich mal jemand.

Jemand, der so konditioniert ist, dass er stets nur nach Details sucht, wird immer nur auf weitere Details stoßen.

Treffen sich zwei Physiker in der Kantine an der Theke, sagt der eine: „Endlich! Wir haben das kleinste Teilchen entdeckt!“ Kommt der Koch mit einer Lasagne aus der Küche: „Und aus was besteht es?“

Eine unendliche Beschäftigungsorgie, die von seiner Denkweise bestimmt ist, die Welt als Wahrnehmung der Dinge, Teile und scheinbar unabhängig voneinander existierender Probleme (Symptome, Phänomene).

Anders ist es, wenn man auf der einen Seite nur die sicht- und spürbaren Phänomene wahrnehmen kann, die dann in gewohnter Weise mehr oder weniger nur aufwändig „behandelt“ (kaschiert) werden, während auf der anderen Seite zusätzlich auch die Ursache(n) der wahrgenommenen Phänomene erkannt werden.
Wer mir zustimmen mag, ist die Korrektur oder Beseitigung der Ursache immer besser, als die dauerhafte Behandlung ihrer Auswirkungen.
Manchmal ist es sogar besser, so manches nicht in die Welt zu setzen, weil die Auswirkungen recht schnell und unkontrollierbar davongallopieren.

Wie öfters bereits geschrieben, kann man Geschichte auf chronologisch-inhaltlich beschreiben. Man kann sie noch so eng hintereinander aufsagen, es bleibt in der Regel bei einer Ansammlung.

Auf der anderen Seite lassen sich auch Prinzipien mit der Frage ableiten: Welche Denk- und Verhaltensmuster, Konventionen und Wertvorstellungen des Menschen führen immer wieder zu Erscheinungen wie Krieg, Eroberung, Unterwerfung usw., was die Frage nach dem System impliziert. Mit dieser Frage lässt sowohl Raum (Wo etwas mal geschah.) und Zeit (Wann mal etwas geschah) überwinden.

„Frage einen Historiker, was die bedeutendste Erfindung der Menschheitsgeschichte war. Die Beherrschung des Feuers, das Rad, das Schwert?
Ich würde sagen, es ist die Geschichte selbst. Geschichte ist nicht Fakt, sondern Erzählung, mit Bedacht gestaltet und gepflegt.
Unter den Federstrichen des richtigen Chronisten, wird aus einem Schurken ein Held und eine Lüge wird zur Wahrheit.“ „Salvor Hardin“, Foundation, 2021

Selbst wenn Teile der Geschichte erfunden, umgeschrieben oder einfach weggelassen worden sind, lassen sich die dokumentierten Phänomene vom Prinzip her ja auch heute noch beobachten, wie Krieg, Machtkämpfe usw.

Im Grunde hat man es mit zwei Betrachtungsebenen zu tun: Einer Prinzipebene und einer Inhaltsebene. Letztere findet im allgemeinen ihre Beachtung.

Bei der Betrachtung und Hinterfragung von wiederkehrenden Mustern (siehe oben) kann sogar die Frage, was wahr und was erlogen ist, vernachlässigt werden, wenn es letztlich um die beiden Fragen geht: „Welche Denk- und Verhaltensmuster des Menschen sind dafür verantwortlich?“ und damit verbunden: „Was ist das System?“

Die Frage nach dem System eröffnet es dem Fragenden, sich hinter die Kulissen zu begeben, was nichts damit zu tun hat, welche „bösen Wichte“ den „Guten“ das Leben zur Hölle machen.

Das Konzept von „Gut und Böse“ offenbart sich mit der Kenntnis über das System als eine einfache Denkweise, verbunden mit der Vorstellung einer einfachen Weltsicht, die letztlich jedoch nur dafür sorgt, dass sich die Massen, durch „Schutz vor der Komplexität der Welt“, recht einfach „betreut“ werden lassen.

Man gesteht der Masse wohlwollend und wortlos zu, sich für schlau zu halten, sich mit Details von Details und täglich durchs Mediendorf getriebenen „Informationssäuen“, Phänomenen des Systems und künstlich hochgetakteten Nebenschauplätzen zu beschäftigen, solange sie weiter nur arbeiten, Geld verdienen und wieder ausgeben gehen.

Ebenfalls lässt man die Masse im Glauben, dass Freiheiten, Freizügigkeiten, Reisefreiheit, finanzielle Freiheit usw. etwas mit Freiheit zu tun hätten, während sich die Masse jedoch vollumfänglich selbst versklavt.
Die Selbstversklavung findet ihre Basis in der gewohnten, familiären Erziehung zur Gehorsamsbereitschaft und Entsprechung und wird aufrechterhalten, durch die gewohnten Wertvorstellungen (der anerzogene Glaube an den Wert von Geld und Arbeit, Ressourcen, Ideen(!) und daraus hervorgehenden Produkten und Dienstleistungen).

Gewohnter Egoismus zielt in der Regel darauf ab, andere für das eigene Wohl zu instrumentalisieren („Ich brauche dich.“), während der gewohnter Altruismus in dieser Konstellation zur vollständigen Aufopferung des Instrumentalisierten für andere führen kann. („Ich habe mich mein ganzes Leben für dich aufgeopfert.“)

Wenn von „System“ gesprochen wird, werden sich immer irgendwelche „Bösen“ vorgestellt oder vermutet.
Das liegt im Kern daran, dass für den gewohnten Betrachter Mensch und Person sich als ein und dasselbe darstellen, während der Mensch für gewöhnlich nicht merkt, dass er sich grundsätzlich in einem Personenstück, einen Bühnenstück, einem Rollenspiel bewegt. Rollen (Personen, Hüllen, Masken) sind bspw. Richter, Wähler, Bürger, Minister, Kanzler, Arzt, Vater, Mutter, Sohn, Tochter, Dreher, Schreiner, Metzger usw.

Die Gesetze des vom Menschen geschaffenen positiven Rechts greifen alle stets auf solche Rollen/Personen zu und wenn die Person nicht existiert, wird sie de jure aus dem Nichts erschaffen:

„Die ‚natürliche Person, ist der Mensch in der Rolle als…Rechtssubjekt.“

Das nennt sich dann „Legaldefinition“, wie bspw. die des Fahrzeugführers… Äh, die Legaldefinition „Fahrzeugführers“ gibt es de jure nicht mehr. Die wurde gestrichen. Was das wohl für den Straßenverkehr und die Rechtsprechung bedeutet?

„Ich bin Maschinenbauer…“ „Nein, Du hast lediglich die Rolle des Maschinenbauers erlernt.“

Wenn nun jemand fragt, wo da der Unterschied sein soll, gaukelt ihm sein „Ich“ vor, er sei es.

„Es ist ein beachtlicher Unterschied, ob man eine Rolle nur spielt, oder ob man die Rolle ist*.“ (*sich für die Rolle hält.)

Das wiederum würde für den gewohnten Denker bedeuten, dass er sich bisher geirrt hat, was die Einschätzung seiner und seinesgleichen gewohnten Realitätsvorstellung und die Art und Weise wie er bisher gelebt hat angeht, weil sie damit vollständig über den Haufen geworfen würde.

Das dabei auftretende „Problem“ des gewohnten „entweder…oder“ löst sich in der Weise, dass es im Grunde mindestens zwei Systeme existieren, also „sowohl…als auch“, während jeder, der fest entschlossen von „Alternativlosigkeit“, „Kampf“ und „Ernst“ spricht, sich mental nur selbst einkerkert und mit ihm seine Anhänger, von dem sie möglicherweise glauben, er wolle nur das Beste für sie.

„Betrachten Sie den Krieg eher als ein Konzept, nicht als Menschen, die Menschen töten, sondern eher als Unfrieden. Der Tod ist ein Zustand des Körpers, Krieg ein Zustand des Geistes.“ „Father Whiteleather“, Horsemen, 2009

Hat man das Rollenspiel als solches erkannt, ist es dann „verdaubar“, wenn man den wesentlichen Aspekt vor Augen hat: die menschliche Entwicklung, die schon eine ganze Weile hinter der vorangetriebenen Technologie vor sich herumdümpelt, bzw. „hinterherdackelt“.

„Richten wir unser Augenmerk auf einen Sonderfall. Es gibt ein Lebewesen, dass sein Gehirn besser nutzt, als wir. Der Delphin.
Dieses erstaunliche Tier nutzt schätzungsweise bis zu 20% seiner cerebralen Kapazität. Dies bedeutet, es ist in der Lage über ein Echolotsystem zu kommunizieren, dass jedem von Menschen erfundenen Sonarsystem überlegen ist. Nur dass der Delphin das Sonar nicht erfunden hat, sondern auf natürliche Weise entwickelt.
Und dies ist der entscheidende Punkt unserer philosophischen Betrachtung, die wir heute anstellen. Können wir daher daraus schließen, dass der Fokus des Menschen viel mehr auf Haben liegt, als auf Sein.“ „Prof. Samuel Norma“, Lucy, 2014

Vielleicht hat sich mal jemand überlegt, warum das Wissen am Ende des Films auf einen USB-Stick passt.
Weil es vielleicht reicht, die Prinzipien zu verstehen, nach denen der Mensch leben mag, weshalb auch die Philosophie dem Menschen nähersteht, als das Recht, was er zu erschaffen meinte…

…und dass es nicht einfach gewohnt nur um Inhalte über Inhalte und Details von Details geht, für die irgendwann auch die größten Festplatten nicht ausreichen würden.

„Dieses ganze Wissen, Lucy… Ich bin nicht mal sicher, ob die Menschheit dafür bereit ist… Wir sind so getrieben von Macht und Profit… So wie der Mensch beschaffen ist, bewirkt es vielleicht nur Verwirrung und Chaos.“ „Prof. Samuel Norma“ zu „Lucy“ , Lucy, 2014

In dem Moment, wenn man die Prinzipien versteht, löst man sich nicht nur aus dem fortwährenden Sammeln inhaltlich orientierter Informationen, es ändert sich grundsätzlich auch die Sichtweise, da sich auch die eigenen Denk- und Verhaltensmuster ändern, wie die Welt zu betrachten und „darin“ zu agieren ist und somit auch das System selbst.