Demokratische Gedanken
Mir kommt der Begriff „Staat“ mittlerweile ziemlich breitgetreten und misshandelt vor. Vor allem in jenen Momenten, wenn es darum geht, „jemandem die Schuld für alles zu geben“. Und dann heißt es in der Regel: Demonstrieren, Jammern, Beschweren und Klagen.
„Der Staat ist an allem Schuld… die da oben… wir sind das Volk…usw.“
„Wer sich beschwert, erleichtert sich nicht.“
Ich kann’s mittlerweile nicht mehr hören.
Mit „Ist die derzeitige Demokratie eine zukunftsträchtige Staatsform?“, stellt die Volkshochschule Leipzig eine interessante Frage in den Raum.
Zu deren Beantwortung und Aufzeigen der Initialhandlung zum Wandel, bedarf es im Vorfeld weiterführender Gedanken. Unter anderem, dass „Staat“ nur ein Begriff für die Art und Weise steht, wie sich Menschen und ihre Funktionen (Aufgaben und Können) zueinander (wirksam) organisieren.
Das wesentliche Prinzip, was jedoch in mehrheitlichen Systemstrukturen und bis heute bekannten Ideologien wirkt, leitet sich von der Abgabe der Verantwortung ab und zu jener Struktur führt, die wir in der Regel – wie bereits tausend Mal geschrieben – Hierarchie nennen.
Doch auch die abgegebene Verantwortung hat eine Ursache. So ist der Filmausschnitt aus „I, wie Ikarus“ nicht isoliert zu betrachten, denn der Mann am Pult wird durch seine konditionierten Verhaltensmuster „gelenkt“ und „getriggert“.
Das Spiel um die Integration in die Pyramide beginnt für den jungen Menschen in der Regel mit dem ersten Tag seines Erdenlebens, wo ihm die Bedingtheit der Liebe im Umfeld und im wesentlichen im Elternhaus, als etwas vollkommen „Normales“ gelehrt wird.
Der Moment der Machtübernahme über den jungen Menschen geschieht in der Regel auf subtile (meist unbewusste) Art und Weise – Gewohnheiten und Konventionen.
In der Regel sind es jene Momente: von außen bedingte, künstliche Geburt, „vorenthalten“ der Muttermilch und Liebe, zu frühes Abstillen, später der Vater mit „Solange du deine Füße unter meinen Tisch stellst…“
„Man ist nur dann „gut“, wenn man das macht, was andere von einem verlangen.“
Der junge Mensch, im Umfeld der Bedingtheit, wird nun alle Verhaltensmuster selbst erlernen, um bedingte Liebe, Anerkennung, Zugehörigkeit und Aufmerksamkeit erfahren zu können.
Belohnt wird das, was den Gewohnheiten und Konventionen entspricht und bestraft, was nicht in das gewohnte Denkgefüge des Familien- oder Umfeldsystems passt.
Im Kindergarten werden jene Verhaltensmuster weiter forciert, in der Schule durch „gute Noten“ entsprechend belohnt.
Im späteren „Beruf“ erhält man fürs aufgetragene Tun eine Belohnung – den Lohn. Und immer gibt es jene, die einem sagen, was man zu tun hat. Karriere ist lediglich die weitergeführte Handlung und Verinnerlichung und spätere Anwendung der System erhaltenden Regeln hierarchischer Organisationsstrukturen mit deren Macht- und Führungsaufgaben.
„Der Mensch macht sich durch Verschiebung der Verantwortung selbst zum Sklaven und schafft sich so seine Herren, die ihm sagen, was er zu tun hat.“
Man nennt dies den ungeschriebenen Gesellschaftsvertrag.
Wer nun meint, dass Menschen „geführt“ werden müssen, befindet sich – ebenso wie die Betreuungswillig winkenden – auf den Abwegen der alten Ordnung, die sich aus selbst zur Betreuung Freigegebene („unschuldige Beschuldiger“, Opfer, Sklaven etc.) und deren von ihnen erwählten Betreuern (Herren, Täter, „Schuldige“) zusammensetzt.
„Man gibt seine Stimme ab und hat fortan nichts mehr zu sagen.“
Doch die abgegebene Verantwortung hat noch weitere Auswirkungen. Denn der Einzelne lernt selten den Umgang mit der Vernunft, da andere entscheiden, was und wie viel für ihn „richtig und gut“ sein soll.
„Gierige benötigen einfach eine „Re-Gierung.“
Zudem entschließt sich der willige Abgeber den natürlichen Lernprozess gegen einen auf Belohnung und Bestrafung basierenden künstlichen auszutauschen. Wir nennen das „Schule“.
Man sieht das Problem „Staatsform“ lässt sich nicht einfach mal aus Sicht konventioneller Denk- und Verhaltensmuster betrachten. Führt bekanntes Wissen nur zu bekannten Ergebnissen.
Die Lösung, um aus der gesellschaftlich vereinbarten Sackgasse zu gelangen, liegt in der Übernahme der Verantwortung – vereinfacht ausgedrückt. Im Gesamtpaket nennt sich das Ganze: die Souveränität des Einzelnen.
Und erst mit der mutigen und öffentlichen Entscheidung des Einzelnen ersteht daraus das Neue. Doch solange man auf den anderen wartet, schnürt sich der Gürtel des Geldsystems und die zunehmende Systemkomplexität „automatisch“ immer enger. Mit nur einem Ausgang für die selbsterwählten Opfer.
So hat die Entscheidung zur Verantwortung weitreichende Folgen für das Individuum (wahrnehmen, lernen, denken, fühlen und handeln), die Gemeinschaft, die Gesellschaft und ihren Strukturen (Politik, Wirtschaft, Finanzen, Bildung, Natur etc.).
Das ist der eigentliche Wandel.