Mr. Rogers – oder: Was es lediglich bedarf
(v1.1*) Während sich der Mensch im Alltag durch Arbeiten und Geld verdienen zunehmend entmenschlichte, da er seine Aufgabe darin sah, etwas für andere zu tun, um etwas für sich zu tun, spielte sich dies in der Regel im Rahmen seiner wirtschaftlichen Existenz ab, seiner persönlich-beruflichen Rolle, die er zu spielen müssen meinte, weil es a) auch alle taten, die er kannte und b) wohl so normal sei.
Im Kern ist das eine Nummer, die man solange mitmacht, bis sich das Gewissen meldet. Doch solange ist man von dem, was mit „Geld“ bezeichnet wird und etwas wert sein soll, geblendet. Im Kindergarten spielt man mit dem Kaufmannsladen und bringt sich so die Grundregeln selbst bei, ebenso spielt man Rollen, wie „Cowboy und Indianer“ oder „Räuber und Gen-Darm“. Man spielt den ganzen Tag, und irgendwann hat man nur vergessen, dass man das Spielen nie beendet hat.
Das was mit „Ernst des Lebens“ bezeichnet wird, wird einem dann klar, wenn alles was man bisher als Geschenk erhielt, plötzlich nicht nur Geld kostet, sondern einem auch, weil man sich daran gewöhnte, dass es ja einem gehört, auch wieder weggenommen werden konnte.
Ich habe gehört, dass eingesperrte Hühner deswegen so viele Eier legen, weil man ihnen ihre Eier wegnimmt. Die Bienen sind nicht weg, sondern nur woanders. So am Rande.
Der von seinen in der Gesellschaft als „normal“ deklarierten Denk- und Verhaltensweisen getriebene Mensch bewegt sich – ohne es zu wissen – in einem durch diese Denk- und Verhaltensweisen künstlich geschaffenem System, geleitet von dem gelernten Irrtum, es sei alternativlos das einzige System.
Im Glauben, er könne ja sowieso nicht ändern, um diese Alternativlosigkeit zu beenden, lässt ihn noch mehr jenes selben tun, was das Gefühl der Alternativlosigkeit nur weiter verstärkt: durch das Prinzip „vom mehr des Selben“.
Der anerzogene Glaube an „finanzielle Freiheit“ hat ihn fest im Griff, wird zu seinem Mantra, was ihn gleichzeitig herzlos werden lässt und im Rahmen reichlicher Ablenkung nicht selten zu ertränken versucht, bzw. ihn ertrinken lässt. Er entmenschlicht sich selbst, jedoch ohne es zu wissen.
Seine Suche im Außen, um die selbstgeschaffene, innere Leere irgendwie füllen zu wollen, mündet in der Regel in den vielen bekannten Abhängigkeiten, Grundlage für ein gut laufendes Geschäftsmodell und wenn man schon selbst nichts arbeiten mag, so sucht man sich andere, die es für einen tun, die auch nur am Suchen sind.
Es stellt sich unweigerlich die Frage, kann man wirklich jemanden darin unterstützen, nur ein „besserer Sklave“ zu sein, während das gewohnte Ziel nur die eigene wirtschaftliche Existenz fördern soll? Eine Frage, die jeden betrifft.
Allein diese Frage, führt nicht nur die gewohnte Vorstellung von „sozialer Marktwirtschaft“ ad absurdum, sondern auch all das, was sich von der mit „Arbeiter“ bezeichneten Rolle des Sklaven, zu nähren versucht, während die Arbeit, „um zu überleben“, begrenzt verteilt erscheint.
„Es ist interessant, was sie alles können. Doch leider benötigen wir noch diese und jene Kenntnisse.“ In irgendeiner späteren Bewerbung hieß es dann nur noch: Sie sind ja hoffnungslos überqualifiziert.“ (eigene Erfahrung)
„…und die Sklaven haben sich bewaffnet.“ „Ich kann das nicht leiden, dieses Wort…das ‚S-Wort‘, das ‚S-Wort‘.“ „Verzeihung. Die gefangenen Arbeiter haben sich bewaffnet.“ „Okay, das ist besser. Das ist viel besser.“ Dialog aus Thor: Ragnarök, 2017
Damit der Lohn des Sklaven auch „gesichert“ erscheint, hat er sich unter anderem in Gewerkschaften zusammengefunden, sich Vertreter gewählt, die für ihn darüber verhandeln, was ihm zustehen soll.
„Du hast mich als Investigativ-Journalist eingestellt. Ich schreibe keine Lobeshymnen.“ „Sekunde. Hatte ich dich nicht eingestellt, damit du tust, was ich will?“ Dialog aus „Der wunderbare Mr. Rogers“, 2019
Ein Unternehmen (wo Menschen arbeiten gehen), was an der Börse „gehandelt“ wird, agiert im Fokus seiner Kapitalgeber, die wiederum eine Rendite erwarten, handelt es sich letztlich bei „Zinsen“ stets um noch mehr getane Arbeit – hier findet sich das, was in der Regel mit „Wir brauchen Wachstum“ übertüncht wird, um „wettbewerbsfähig“ zu sein, um „existieren“ zu können.
Der Mensch führt sich selbst an der eigenen Leine. Und da er in der Regel mit dem Ganzen nichts zu tun haben will, und sich nur für sein Ding interessiert und dafür auch nur ihn betreffende Information bekommt, wird er so zu einem Teil, was in der Zwischenzeit mal mit „Faschismus“ betitelt wurde.
Jener, der sich unter anderem auch durch voreilenden Gehorsam und Wahl seiner „gerechten“ Vorgesetzter zum Ausdruck bringt und in größerer Ausdehnung zu hierarchischen Organisationen entwickelt, wo Vorgesetzte (Gehalt) und Untergebene (Lohn) beide dem Irrtum hinterherlaufen, dass irgendetwas einen Wert haben soll, während der Erhalt eben jener Strukturen stets einen „anderen“ benötigt. Im Endstadium würde das nur dazu führen, dass eine einzige hierarchische Struktur den Planeten in kürzester Zeit zerstören würde, siehe: das Gleichnis vom „Turmbau zu Babel“.
Nun stellen Sie sich spaßeshalber mal vor, dass „Geld“ nur mit Zahlen bedrucktes Papier ist und keinen Wert hat. Was passiert dann? Sie glauben das nicht? Dann blicken Sie mal zurück, als man für ca. 14 Millionen Reichsmark ein Brot kaufen konnte.
Mag es hier genug sein.
Wie Sie lesen können, habe ich den Film „Der wunderbare Mr. Rogers“ gesehen, wo ich mir selbst eingestehen muss, dass ich wirklich Mut brauchte, ihn anzuschauen.
Der Film erscheint mir als Erinnerung an den Menschen selbst, von dem sich gewöhnlich verabschiedet wurde. Was zunächst „kindisch“ erscheinen mag, trägt Tiefgründiges in sich, was den Menschen als solchen ausmacht.
„Berühmt ist irgendein Wort wie „Kleber“ oder „Zoom“ oder „Gesicht“. Die entscheidende Frage ist, was wir daraus machen, Lloyd.“ „Fred Rogers“, Der wunderbare Mr. Rogers, 2019
„In unsere nächsten Ausgabe wird es um Helden gehen. Halten Sie sich denn für einen Helden?“ „Ich sehe mich gar nicht als Helden. Nein. Überhaupt nicht.“ „Was ist mit Mr. Rogers? Ist der ein Held?“ „Ich, ich verstehe die Frage nicht.“ „Mh. Da sind sie… Fred… und dann ist da ja auch noch Mr. Rogers.“ Dialog „Lloyd Vogel“ und „Fred Rogers“, „Der wunderbare Mr. Rogers“, 2019
Interessant, dass hier auf der einen Seite der Mensch „Fred“ angesprochen wird und auf der anderen Seite auch die Rolle „Mr. Rogers“, die er spielt.