Steigerungen möglich?, Teil 4
(v1.1) Noch vor Jahren wurde darüber sinniert, wie man denn die Verantwortung wieder zurückerlangen könne. Dazu ist es lediglich notwendig zu wissen, wo man die Verantwortung gewohnt abgibt und entsprechend umdenkt und Schritt für Schritt anders handelt.
„Der Mensch macht sich durch Abgabe der Verantwortung selbst zum Sklaven und schafft sich so seine Herren, die ihm sagen, was er zu tun hat.“
Das System der alten Ordnung ist darauf ausgelegt, die mit Privilegien belohnte Abgabe der Verantwortung, gehorsame Selbstunterwerfung und damit verbundene, gesellschaftliche Entsprechung zu fördern, damit sich ein paar wenige über den „Belohnten“ erheben können und ihm sagen kann, was „gut und richtig“ für ihn sein soll.
Und der macht das auch mit, solange man ihm genug „Honig um den Bart schmiert“, als wäre er ein Bär.
Deshalb darf man sich nicht darüber wundern, wenn man von der Politik später nur den Mittelfinger gezeigt bekommt. Denn wie heißt es so schön?
„Ein Volk bekommt immer die Regierung, die es verdient hat…“
…selbst dann, wenn es keine geltenden Rechtsgrundlagen für die Wahl der „Volksvertreter“ mehr gibt.
Einmal mehr der Hinweis an die eingeschlafene Aufklärer-Szene, sich aus der Rolle der Hofberichterstatter und Ist-Betrachter herauszulösen, die ihrem Publikum Gefälliges an die Hand gibt, um später eine Spende zu erheischen – bis dahin und nicht weiter.
Das gewohnte Konzept der Polarisierung und damit verbundener Besetzung der Rolle des „Guten“ findet hier sein jähes Ende.
Denn „Gut“ und „Böse“ sind lediglich dazu gedacht, den „Unartigen“ in die „Schranken“ zu weisen, damit er dann reuig die Heimreise antritt – zurück ins Glied, wo der Hörer nur das gerne belohnt, was bereits seinen Denk- und Verhaltensmustern entspricht.
„Dieser Weg wird kein leichter sein, dieser Weg wird steinig und schwer…“
Ab da wird sich nur noch um die eigenen Problemchen und künstlich übertakteten Nebenschauplätze (Titel: Die Aufgebrachten und ihre Kritik am nassen Wasser) gekümmert, die Wunden geleckt – bis endlich wieder Ruhe eingekehrt ist.
Das System holt dabei seine „Zöglinge“ auf unterschiedliche Arten und Weisen „nach Hause“ – ob plump durch Drohung oder raffiniert. Schließlich will es sich ja noch weiter erhalten und von seinem „Gläubigen“ zehren.
Ein Phänomen, was ich in letzter Zeit des Öfteren beobachten kann – ob im nahen oder im weiten Umfeld. Und irgendwann kehrt dann Ruhe ein.
„Der Weg der Gewohnten erscheint nur deshalb vorbestimmt, weil sie gleichzeitig an jenem festhalten, was es jedoch zu ändern gilt, während sie sich dabei als unschuldige Opfer der Umstände zu erkennen meinen.“
Kaum jemand mag dies erkennen, dass er eben durch seine Opferhaltung und damit verbundene Denk- und Verhaltensmuster trotzdem an allen Geschehnissen mittel oder unmittelbar beteiligt ist.
Die Symptome des Systems sind eben nicht zum gewohnten Kritisieren und sich darüber künstlich aufzublasen, sondern dazu gedacht, um die menschlichen Ursachen dahinter zu offenbaren.
Noch vor Jahren hieß es: „Wir müssen zusammenarbeiten!“ Doch konzentrierte sich dies in der Regel auf ein einfaches Niveau, damit jeder „mitgenommen“ werden kann.
Das hat jedoch nichts mit Entwicklung über das Gewohnte hinaus zu tun, sondern gleicht mehr einem schleichenden Niedergang, wo die Ernüchterung über die mangelnde Wirksamkeit des Erkannten, die Teilnehmer scheitern lässt oder sich so manches Thema nur noch dazu eignet, möglichst nahe genug beieinander zu kuscheln, bis es nur noch lautet: „Lasst uns treffen und einander die Angst nehmen.“
„Jetzt erst recht…jammern.“
„Ich weiß nicht. Ich hab‘ genug eigene Probleme hier unten…“ „Und dass der Mond auf die Erde stürzt…gehört nicht dazu?“ Dialog „Brian Harper“ mit „Jocinda Fowler“, Moonfall, 2022
Der gewohnte Denker existiert mit der Vorstellung, dass die „Ungerechten“ erst einmal „weg“ müssten, während er verzweifelt ein paar Dummköpfe sucht, die für ihn die Drecksarbeit erledigen. Das kann man sich getrost ersparen.
Wenn jemand mit der Aussage kommt, dass alle erst mal auf die Straße müssten, so sind dies in der Regel jene, die sich hinter der Anonymität der Masse zu verstecken versuchen. Einmal mehr darüber nachzudenken, wie die passende Rolle dazu heißt und warum es darüber hinaus nur Wunschdenken ist.
„Es endet dann, wenn der Mob auf die Straße geht.“ „Das wird aber nicht sein.“ „Warum?“ „Ganz einfach: Keiner will der Mob sein.“
„Der Widerständler schmort in der gleichen Soße, wie jene, die er als seine „Gegner“ auserkoren hat.“
Der gewohnt konditionierte Denker lässt sich übrigens prima fremdsteuern, indem für ihn immer weitere Situationen inszeniert werden, die ihn weiter in seiner geistigen Haltung des Dagegenseins verweilen lassen – während er von seinem gewohnten Denk- und Verhaltensmustern weiter beherrscht wird.
Hauptsache er fängt nicht an, genau über diesen Sachverhalt nachzudenken. Denn dann „ist der Ofen“ für jene in der Rolle der „Herrschenden“ endgültig vorbei.
Noch was. Es wird immer wieder eine fehlende oder mangelnde Meinungsvielfalt kritisiert. Dazu einige Gedanken:
Meinungsvielfalt nutzt nichts, wenn kein wirklicher Dialog stattfindet. Sie nutzt ebenfalls nichts, wenn sie sich nur durch Klagen, Jammern und sich beschweren zum Ausdruck bringt.
Sie nutzt darüber hinaus nichts, wenn sie nur nach dem Prinzip stattfindet, dass der „Himmel blau“ und das „Wasser nass ist“, sich also lediglich im Rahmen des Feststellens von Inhalten bewegt und nach den üblichen Konventionen – von unten nach oben – „bewertet“ wird.
„Wer von sich aus bereits von unten aufschaut, darf sich nicht wundern, wenn er „von oben“ angeblickt wird.“
Und es gibt noch einen weiteren Aspekt: Sich lediglich für schlau zu halten, in der Vorstellung bereits alles zu wissen, verbunden mit der Meinung nur lange genug daran festzuhalten, bis die anderen aufgeben würden, ist ein Irrglaube.
Es gibt immer jemanden, der sich der Vielzahl von Sichtweisen gerne annimmt, um deren Bestandsfestigkeit zu hinterfragen und zu prüfen, ob so manche Vorstellung mit ihrer intensiven Auseinandersetzung einen Halt findet und damit auch ihre Vertreter. Einmal mehr dass Zusammenarbeit besser ist.
Die eigene Entwicklung durch Infragestellung der eigenen Denk- und Verhaltensmuster, unter Zuhilfenahme der gegebenen Situationen, über die Konventionen und damit verbundene Wertvorstellungen hinaus, ist letztlich der einzig sinnvolle Weg. Denn das Gestern ist nur ein Gestern.
„Das Leben kann nur in der Rückschau verstanden werden, muss aber in der Vorschau gelebt werden.“ „Stanley Milgram“, Experimenter , 2015
„Man könnte sagen, wir sind Marionetten. Aber ich glaube, wir sind Marionetten mit Wahrnehmungsvermögen – mit einem Bewusstsein. Manchmal können wir die Fäden sehen – und vielleicht ist dieses Bewusstsein der erste Schritt zu unserer Befreiung.“ „Stanley Milgram“, Experimenter , 2015