Einer vor, zwei zurück
Schöne neue Welt, böse neue Welt? Heute erhielt ich einen Hinweis, mir den Artikel „Die falschen Propheten aus Silicon Valley“ aus dem Handelsblatt vom 04.09.2015 einmal näher anzuschauen.
Darin wird von bekannten Unternehmen wie Google, Facebook, Twitter, Microsoft und Apple &c. gesprochen, die sich zunehmend über die Daten ihrer Anwender nicht nur hermachen, um eine „neue“ Form der Transparenz schaffen zu wollen, sondern berichtet der Artikel ebenfalls über die schöne neue Welt vollautomatischer Fabriken und Menschen, die sich in der Allmacht der Technologie bewegen, die wiederum von Tech-Gurus angeführt werden.
Zumindest scheint dem Verfasser des Essays aufgefallen zu sein, dass es sich gewohnt um eine hierarchische Unternehmensform handelt, gleich einer Kaste. Man spricht von allmächtiger Technologie, die alle Bereiche unseres Lebens durchdringt und kontrolliert und das künstliche Intelligenz ohne Emotionale nicht funktioniert. Man übersieht, dass bereits die Konditionierungen, die wir über Jahrhunderte als „normal“ angenommen haben, jene KI darstellen, die wir im Außen auf irgendwelche programmierten und lernenden Systeme zu projizieren versuchen. Am Ende des Habens bleibt die innere Leere und das Fragen nach dem warum.
„…wo Behaltenes verrinnt, wie Sand in der Zeit…“
„Haben oder Sein“ als selbst geschaffenes Modell geistiger Selbsthaltung.“
Privates und Arbeit verschmelzend. Nicht weit davon entfernt, die treffende Frage nach dem Sinn eines Staates, wenn doch die Firma „der Staat“ ist. Wir wissen bereits, dass dem so ist und welcher Widerstand sich bereits dazu bildet. Wobei auch die Frage „Was ist denn Staat?“ erlaubt sei.
Staat ist jene vereinbarte Form, in der sich Menschen zueinander organisieren. Und wo die Verantwortung abgegeben wird, hat sie die Form der Hierarchie – so nebenbei.
Die Verheißung ungeheuerer Produktivität, ungeahnter Heilmethoden und unendliches Wissen soll in Wirtschaft und Gesellschaft Einzug halten und dies durch menschleere Fabriken und staatsähnlicher Unternehmen – die Materialisierung Huxley’s „Schöner neuer Welt“. Ich kann gerade so die eine oder andere Freudenträne in tiefer Berührtheit und Fürsorge die Wange herunterrollen sehen. Schnüff.
Ob jemand erahnt, dass es sich um nichts anders als der Versuch einer Weiterführung ein globales Betreuungssystem handelt und Betreuung der Geldmittel bedarf?
„Wir sind alles Opfer.“ „Nein, nur Du!“
„Smart, smarter smartest.“
Dass die Politik eine vergehende Branche darstellt, braucht sicher nicht der weiteren Betrachtung, obwohl es noch konservative Neudenker und Systemaussteiger gibt, die das Alte, verkauft als Neues sich trauen in den Mund zu nehmen. Jedoch ist dies nur eine Randerscheinung aus der Sicht, von dem was wirklich stattfindet.
Der Mensch versucht sich lediglich durch weitere Verkompizierung der Systemstrukturen eine neue Freiheit erobern zu wollen, vielleicht auch in dem Sinne, dass er anderen genug Beschäftigung „verabreicht“ und darauf aufzupassen weiß – im klassischen Sinne also nur die gewohnte Karrierenummer.
Wer mit der alten Sauce gewohnter Stigmatisierung und neurechten Wortgebilden versucht darin noch ein Ei legen zu wollen, steht genauso auf der eigenen Abschußliste, wie die Akteure des „ewig Gestrigen“ – denn beide verheißen eines: Vergangenheit, als Heilmittel für das Morgen.
„Wir sorgen für Beschäftigung!“
Altersversorgung, Krankenversicherung und Weiterbildung fallen weg. Man malt das Bild sozialfreier Verpflichtungen und schimpft das Ganze dann auch noch als „Plattformkapitalismus“. Und so graust es manchem bereits davor – nichts ahnend, dass es jeder selbst in der Hand hat, wie die Nummer ausgeht und so bleibt das düstere Bild einer Freiheit schaffenden Technologie.
Technologie vernunftvoll eingesetzt, macht Sinn. Jedoch nicht, wenn sich das damit verbundene, bunte Treiben auf der Erhaltung von Systemstrukturen austobt und dies im gewohnten Gleichruf: „Wir brauchen mehr Wachstum.“
„Von oben aufoktroyieren“ ist dafür die passende Bezeichnung und steht für „Schimmel³“.
Nur handelt es sich nicht um „Wachstum“, sondern um ein nach innen gehende Zunahme der Komplexität durch unterteilung der Systemstrukturen, die durch immer mehr Aufwand, am Leben gehalten werden müssen und wo nach Wunschglauben jeder seinen Engpass als Marktlücke besetzt. Mag man mal schauen, was „Suffizienz“ in diesem Fall bedeutet und wie dies mit Strukturen und Aufgaben in Verbindung steht.
Und da nützen auch die besten Elitsunis und MBA-Schulen nichts, wenn nur wieder die alte Sauce „geleert und gelernt“ wird, die genauso zum Erhalt jener einen Organisationsform beiträgt, wie die Unbewusstheit der Mehrheit – auch so mancher sogenannten Systemausteiger.
Solange man sich nicht mit den Ursachen für dieses kollektive Verhalten wie auch damit verbundener exponentieller Zunahme der Komplexität in den gesellschaftlichen und ökonomischen Strukturen macht, ist das im Essay propagierte Szenario gerade mal gut genug, den notwendigen Punkt erreichen zu können, an dem der ganze Laden in sich zusammenfällt. Brutz!
Somit ist das oft propagierte notwendige Wachstum und Beschäftigung nichts anderes, als ein kläglicher Versuch, durch noch mehr Unterteilung des täglichen Lebens, dem ganzen Wirrwarr das eine oder andere Geschäft abringen zu wollen.
Was bei dem ganzen Betrachtung außen vor bleibt, ist, dass der Mensch sich selbst jene Strukturen schafft und mit ihnen auch „zu Ende kommt“, wenn er nicht damit beginnt, das bisherige zur Gänze zu hinterfragen, statt es üblicherweise mit einer Welt der Schönigkeiten überlagern zu wollen.
Jene Welt, die den Menschen eine bunte Kinderwelt zaubert, wenn bei dem Ganzen eines nicht auf der Strecke bleiben würde: der Mensch selbst.
„Sogenannte Objektivität ist eine unser wesentlichen, gesellschaftlichen Irrlehren. Denn sie ermöglicht dem Verstand des einzelnen Menschen, sich aus dem Gesamtkonzept in eine verantwortungsfreie Position zurückziehen zu wollen.“
Eine Welt, die sich aus den eigenen Verhalten, Konditionierungen und Konventionen des Menschen heraus entwickelt hat und die er durch Technologie zu erhalten versucht, mit dem Nebenprodukt belohnter Beschäftigung und Ablenkung.
Bei dem ganzen Tamtam führt das Prinzip „vom mehr des Selben“ jedoch nicht zum gewünschten Ergebnis seiner gläubigen Anhänger, vielmehr sucht sich die Organisationsform an sich am Leben erhalten zu wollen, in der der Einzelne sich als Opferrad („Ich kann ja sowieso nichts machen.“) eines globalen Uhrwerks wiederfindet – die Hierarchie.
„Aber ich muss doch…“
Und wie oft bereits gesagt: Im Bekannten findet sich keine Lösung und über den Rest mag man sich austauschen.