Werkzeuge des Geistes, Teil 6: Der Glaube
(v1.0*) Der Begriff „Glaube“ wird allzu gerne mit der Kirche in Verbindung gebracht und mit Dingen, die man nicht wirklich beweisen kann. Und so erscheint alles andere „Wissen“ beweis- und belegbar – fein säuberlich getrennt vom „bloßen Glauben“ an etwas.
„Also. Leben und Taten des Don Quichott. Worum geht es?“ „Dass jemandes Glaube an Werte sehr viel wichtiger ist, als die Werte selbst?“
„Ja, das steckt da auch drin. Aber worum geht es eigentlich? Könnte es vielleicht darum gehen, wie rationale Gedanken unsere Seele zerstören? Könnte es um den Triumph von Irrationalität gehen, um die Kraft, die darin steckt?
Wir verbringen sehr viel Zeit damit, die Welt zu organisieren. Wir bauen Uhren, stellen Kalender her, versuchen das Wetter vorherzusagen. Aber welchen Teil unseres Lebens haben wir wirklich unter Kontrolle?“ „John Brennan“, The Next three Days, 2011
Was wäre, wenn die gewohnte Erziehung den Menschen vom Sein in eine Entwicklung im Haben umgelenkt hat und „Werte“ nicht im inneren wirklich entwickelt werden, sondern in Form von Eigentum, Besitz, Hab und Gut vorliegen, wo mit Zahlen bedrucktes Papier und Sichteinlagen (Zahlenreihen) auf dem Konto den Wert und die Entfaltung des Menschen bestimmen und er anerzogen der Meinung ist, dass auch Arbeit etwas wert sein soll, während er übersieht, dass er sich durch die Vorstellung, dass Arbeit belohnt werden müsse, auf diese Weise selbst versklavt?
Das meint die Frage: „Dass jemandes Glaube an Werte sehr viel wichtiger ist, als die Werte selbst?“
Der Mensch gibt den Dingen und Sachverhalten die Bedeutungen, an denen er seine Existenz zu bemessen und zu definieren versucht.
„Die Menschen betrachten sich als einzigartig. Ihre gesamte Existenztheorie beruht auf ihrer Einzigartigkeit. „1“ ist ihre Maßeinheit. Aber so ist es nicht. All unsere Kommunikationssysteme sind nur ein hilfloser Versuch. „1“ plus „1“ gleich „zwei“. Mehr haben wir nicht gelernt.
Aber „1“ plus „1“ war noch nie gleich „zwei“. Tatsächlich gibt es keine Zahlen und keine Buchstaben. Wir benutzen Symbole, um unsere Welt auf menschliche Größe zu reduzieren, damit sie verständlich ist. Wir haben ein System erschaffen, dass uns das Unergründliche vergessen lässt.“ „Lucy“, Lucy, 2014
Reklame: Das „Geld“ wird aus dem Nichts geschaffen, wo es in Form eines Dar-Lehens ins System gelangt und erhält seinen Wert erst mit der „Besicherung“ durch denjenigen in der Rolle als „Dar-Lehensnehmer“, der in der anerzogenen Vorstellung lebt, dass „Eigentum“, „Besitz“, „Hab und Gut“ etwas wert seien, ebenso wie die Arbeit, die er verrichtet.
„Die IBBC ist eine Bank. Deren Ziel ist es nicht den Konflikt zu kontrollieren. Die wollen die Schulden kontrollieren, die der Konflikt verursacht. Wissen Sie, der eigentliche Wert eines Konflikts, der wahre Wert, liegt in den Schulden, die er verursacht. Wer die kontrolliert, kontrolliert schlichtweg alles. Sie finden das beunruhigend, ja? Aber darin liegt das wahre Wesen des Bankgewerbes. Man will uns – egal ob als Länder oder Individuen – zu Sklaven der Schulden machen.“ „Umberto Calvini“, The International, 2009
Dass er sich auf diese Weise selbst versklavt, ist ihm nicht bewusst und durch gewohnt anerzogene Gehorsamsbereitschaft – in den Familien – zum willigen, auf Belohnung hoffenden Sklaven (neudeutsch: Arbeiter) seiner ihn auch hoffentlich belohnenden Herren (den Vorgesetzten) wird.
Da niemand gern versklavt wird, versucht man sich über andere zu erheben, um so der Versklavung und damit verbundener Unterwerfung irgendwie zu entgehen, was erst dann der Fall sein wird, wenn man ganz oben an der Hierarchie angelangt ist.
„Es gibt drei Arten von Tyrannen: Einige erhalten ihre stolze Stellung durch Wahlen des Volkes, andere durch Waffengewalt, andere durch Erbschaft.“ Étienne de La Boétie, 1530-1563
„Zwar unterwerfen sich die Menschen am Anfang unter Zwang und mit Gewalt; aber diejenigen, die nach ihnen kommen, gehorchen ohne Bedauern und tun bereitwillig, was ihre Vorgänger getan haben, weil sie es mussten. Deshalb sind Männer, die unter dem Joch geboren und dann in der Sklaverei genährt und aufgezogen wurden, damit zufrieden, ohne weitere Anstrengung in ihren ursprünglichen Umständen zu leben, ohne sich eines anderen Zustandes oder Rechts bewusst zu sein und den Zustand, in den sie geboren wurden, als ganz natürlich anzusehen. …der mächtige Einfluss der Sitte ist in keiner Hinsicht zwingender als in dieser, nämlich der Gewöhnung an die Unterwerfung.“ Étienne de La Boétie, 1530-1563
Die Vorstellung nicht anders zu können, ist auch nur ein Glaube und zwar einer an die eigene Schwäche. Dass andere an der eigenen Lebenssituation „schuld“ seien, ist auch nur ein Glaube.
Gleichfalls ist es nur ein Glaube, dass diese Form der Realität „alternativlos“ und deswegen „ernst“ sein soll, weswegen die einen unter ihrem selbst geschaffenen Leid zu klagen wissen und anderen die Schuld dafür geben zu meinen oder sich „gesichtslos“ ihrem Schicksal fügen.
Dass es sich lediglich um ein Rollenspiel handelt, lässt sich nur deswegen so schwer glauben, weil man sich sonst vorhalten müsste, sich die ganze Zeit nur selbst „an der Nase herumgeführt“ zu haben.
In „Dass jemandes Glaube an Werte sehr viel wichtiger ist, als die Werte selbst?“ steckt auch die ersehnte Antwort, auf die so mancher noch zu hoffen und zu warten meint.
Es ist gleichfalls nur Glaube, dass man nur gemeinsam stark sei, was im Umkehrschluss meint, dass der Einzelne nichts sei, was letztlich jedoch bedeutet, wenn viel Nichts zusammenkommen, dann ist es auch weiterhin nur Nichts.
„Ist es Feigheit? … Wenn tausend, eine Million Menschen, tausend Städte sich nicht gegen die Herrschaft eines Mannes schützen, kann dies nicht als feige bezeichnet werden, denn die Feigheit sinkt nicht so tief…“ Étienne de la Boétie, 1530-1563
Das sich der Mensch anerzogen glaubt er sei sein „Ich“, was die größte Täuschung, der er erliegt, zu sein scheint, ist ihm noch nicht einmal bewusst.
Ebenfalls ist es nur ein Glaube, dass ihm etwas oder jemand gehören würde, was ihn auf Dauer fremdbestimmbar sein lässt. Es ist ebenfalls nur ein Glaube, dass ihm das Leben gehören würde, während er nicht erkennen kann, dass er bereits ein Teil des Lebens ist, nur nicht unter den von ihm als geltend geglaubten Regelwerken des positiven Rechts.
Zu Glauben, dass Geld ein (nur) Tauschmittel sei, bildet die Grundlage für ein System aus Unternehmen, Banken und Kaufmannsläden, wo der Arbeitende zwischen diesen tagtäglich zirkuliert, während er glaubt, es ginge um den Verlust der Freiheit, wenn ihm seine Freiheiten und Freizügigkeit“ willkürlich-opportun entzogen werden.
„Wer glaubt, dass Freiheiten, Freizügigkeiten und „finanzielle Freiheit“ etwas mit Freiheit zu tun haben würde, der irrt. Denn alle drei bedürfen einer Autorität, die sie wohlwollend gewährt.“
Wer glaubt, dass es wenige sind, die an allem „schuld“ sind, was besser heißt, die dafür „verantwortlich“ sind, der irrt, da es immer der Rollen der Untergebenen und die der Erhabenen bedarf, damit der ganze Zinnober überhaupt funktioniert.
Das die eigene Gehorsamsbereitschaft und die Hoffnung auf den „richtigen“ Herrscher nur dann eine Basis für einen sich entwickelnden Menschen darstellt, wenn er das damit verbundene System – in dem Fall die alte Ordnung – zur Gänze infrage stellt, daran glaube ich nicht nur, ich tue und lebe es bereits.
Der Glaube, man müsse sich davon zur Gänze lösen ist besser beschrieben mit: sich davon weitgehend zu distanzieren, um so aus einem erweiterten Blickwinkel auch jenes „System“ – das Leben selbst – wiederzuerkennen, was durch das „alternativlose System“ in der Regel nur überlagert erscheint.
„Wir haben keine Kontrolle über das, was das Leben mit uns macht. Die Dinge geschehen, ehe man um sie weiß. Und sobald sie geschehen sind, zwingen sie einen, andere Dinge zu tun. Bis man am Ende jemand geworden ist, der man nie sein wollte.“ „Nein. Wir können alle frei entscheiden und Sie haben sich entschieden. Machmal findet man sein Schicksal auf Wegen, auf denen man dachte ihnen zu entgehen. Skarssen und diese Bank sollen sich für ihre Taten verantworten und ihre gerechte Strafe erhalten. Sie können mir dabei helfen.“ „Gerechtigkeit. Das ist nicht möglich.“ „Warum?“ „Ganz einfach, Agent Salinger. Weil ihre Idee von Gerechtigkeit eine Illusion ist. Verstehen sie nicht, dass das System, dem sie dienen, es niemals zulassen wird, dass der Bank oder Skarssen irgendetwas passiert. Im Gegenteil. Das System garantiert der IBBC Sicherheit, weil alle Welt darin verwickelt ist.“ „Was meinen sie mit „alle Welt“?“ Dialog zwischen Oberst Wexler und Agent Salinger, „The International“, 2009
„Vernunft ist der intuitiv getriggerte Prozess zwischen bedingungslosem Geben und bedingungslosem Empfangen. Sie ist der Hort der Gerechtigkeit, des Friedens und der Freiheit. Gewissen ist zu spüren, was rechtens ist.“
„Es sind nicht die Dinge, die uns beunruhigen, sondern die Bedeutungen, die wir den Dingen verleihen.“ Epiktet 2.0
Werkzeuge des Geistes, Teil 7: Negierung, Invertierung und Infragestellung