Nicht einfach nur „entweder…oder“…
(v1.2) „Ich mache mir auch so meine Gedanken. Ich besitze zwei Paar Schuhe. Eins für den Sommer und eins für den Winter. Zuviel Besitz tut dem Menschen nicht gut. Iss‘ meine Meinung. Dieser Drang, alles haben zu wollen, darunter auch Dinge, die kein Mensch besitzen sollte…“ „So wie Menschen?“ „Das ist ein Beispiel. Aber ebenso Orte oder irgendetwas, was wir uns gefügig machen wollen. Das ist ein Problem, oder? Das kann nicht das Ziel sein.“ „Sie halten den Kapitalismus für das Problem?“ „Nein, die Gier. Das Schema: „Alles oder nichts“. „Lou Solverson“, Fargo, Staffel 2, 2014
Es werden sich immer wieder Gedanken gemacht, wie man seinen Eigentum, Besitz, Hab und gut irgendwie sichern kann, also der gewohnten Vorstellung nachgeht, etwas, jemand oder gar das Leben würde einem gehören, was man demnach auch verlieren könnte.
„Man kann Macht über andere Menschen ausüben, solange man ihnen etwas gibt. Nimmt man einem Menschen aber alles, dann hat man seine Macht über ihn verloren.“ Aleksandr Solzhenitsyn
Jedoch geht es nicht um die Dinge selbst, sondern um die Bedeutungen, die man den Dinge verleiht. Die Bedeutungen sind wiederum beeinflusst von den Denk- und Verhaltensmustern des Menschen.
Und wenn man in einem Raum mit Dingen steht, von denen man ausgeht, dass sie einem ja gehören würden, weil man sie ja mit sauer verdientem Geld gekauft hat, kommt einem das ziemlich abstrus vor, wenn jemand meint, es würde einem nicht gehören. Schließlich gibt es ja noch Raub, Diebstahl und die vielen Neider, die es einem nicht gönnen.
Im Kern herrschen jedoch die Denk- und Verhaltensmuster über den Menschen, die Generation für Generation in der Absicht weitergegeben/selbstständig entwickelt werden, weil das junge Leben ja auf den „Ernst des Lebens“ (Anmerkung: u. a. dem Überlebenskampf*) vorbereitet werden soll und man es nicht anders kennt, verbunden mit den sich daraus entwickelnden Konventionen und den üblichen Wertvorstellungen.
(Anmerkung: Den besagten Überlebenskampf hat man im Rahmen der Wirtschaft in der Weise für sich zunutze gemacht, dass sich die Bevölkerung gegenseitig „die Butter vom Brot nimmt“, sich dadurch gegenseitig unten hält, während sie gleichzeitig meint, stets zu jenen in der Rolle der Kaufleute rennen zu müssen, ob dies der Bankkaufmann, der Mann im Kaufmannsladen oder der Kaufmann im Unternehmen ist. Alles getragen von vom Menschen geschaffenen, jedoch künstlichen Gesetzen, an die er auch noch zu glauben meint, und damit gleichzeitig auch an jene Autoritäten, die sie erfinden.)
„Die Wenigen, die das System verstehen, werden so sehr an seinen Profiten interessiert oder so abhängig sein von der Gunst des Systems, dass aus deren Reihen nie eine Opposition hervorgehen wird. Die große Masse der Leute aber, mental unfähig zu begreifen, wird seine Last ohne Murren tragen, vielleicht sogar ohne zu mutmaßen, dass das System ihren Interessen feindlich ist.“ Rothschild, 1863
Die Wertvorstellungen werden für den gewohnten zum Erstrebenswerten, wodurch er die in ihm – wie seinesgleichen wirkenden – Denk- und Verhaltensmuster bestätigt sieht, während er versucht, die innere Leere durch Äußerlichkeiten, durch Haben von etwas und/ oder jemand stillen zu wollen. Und da sind auch jene, die es ihm sogar geben, solange er ihnen die „Treue“ hält und macht, was sie von ihm erwarten… seine vielen Herren…und Damen.
In diesem Moment geht mir der Gedanke an den Kaufmannsladen im Kindergarten durch den Kopf.
Das einem etwas, jemand oder gar das Leben gehören/gehorchen würde (was man ja zu „schützen“ hätte), ist – neben dem eigenen Unfrieden in sich selbst – Grundlage für Konflikte – bis hin zum Krieg.
„Betrachten Sie den Krieg eher als ein Konzept, nicht als Menschen, die Menschen töten, sondern eher als Unfrieden. Der Tod ist ein Zustand des Körpers, Krieg ein Zustand des Geistes.“ „Father Whiteleather“, Horsemen, 2009
Vielleicht ahnen die Anhänger eines Friedensvertrags nun, warum es nicht ausreicht, nur ein Stück Papier mit dem Titel „Friedensvertrag“ zu unterschreiben. So am Rande.
„Da saß ein Mensch ganz alleine in tiefer Trauer. Und alle Tier kamen zu ihm und sagten: „Wir wollen dich nicht so traurig sehen. Deshalb darfst du dir von uns alles wünschen, was du willst.“ Der Mensch sprach: „Ich will gute Augen haben.“ Der Geier antwortete: „Du sollst meine haben.“ Der Mensch sprach: „Ich will stark sein.“ Der Jaguar sagte: „Du sollst so stark sein, wie ich.“ Dann sprach der Mensch: „Ich will die Geheimnisse der Erde kennen.“ Die Schlange antwortete: „Ich zeige sie dir.“ Und so kamen die Tiere an die Reihe. Und als der Mensch alles hatte, was sie ihm geben konnten, ging er fort. Da sprach die Eule zu den anderen Tieren: „Nun weiß der Mensch so viel und kann vieles tun. Plötzlich habe ich Angst.“
Der Hirsch sagte: „Der Mensch hat alles, was er braucht. Jetzt ist er nicht mehr traurig. Aber die Eule antwortete: „Nein. Ich sah die Leere in dem Menschen, so groß wie ein Hunger, den er nie stillen kann. Deshalb ist er traurig und will immer mehr. Er wird immer nehmen und nehmen, bis die Welt eines Tages sagt: „Es gibt nichts mehr, und ich habe nichts mehr zu geben.“ „Old Story Teller“, Apocalypto, 2006
Das ist jedoch noch nicht alles.
Man gelangt aus der selbstgeschaffenen Misere, wenn man sich mit dem Gedanken anfreundet, dass einem selbst, ja dass sogar niemandem etwas gehört – selbst dann, wenn andere nicht der Meinung sind. Warum?
Die wesentliche Frage lautet: Mit wem muss man im Leben am besten auskommen? Mit sich selbst.
Ist man im Frieden mit sich selbst und arbeitet daran, so lässt man sich von gehörtem Klagen, Jammern und Beschweren, üblichem Geplänkel, dem einhergehenden Unfrieden nicht mehr so einfach „anstecken“. So behält man auch einen klaren Kopf und innerer Stille – offen für das Wesentliche.
Erst dann wird der Mensch, der in der Regel von seinen Denk- und Verhaltensmustern beherrscht ist, sich Schritt für Schritt von seinem unnatürlichen Haben, Sammeln und mehr des Selben und damit verbundenem Sichern und Verteidigen verabschieden. Und da jedem Menschen die freie Entscheidung mitgegeben wurde, hat er es selbst in der Hand, wie er sein Dasein zu gestalten meint.
Da gibt es noch jene, die meinen, sich über eine Mehrheit erheben zu wollen, diese sogar von der Mehrheit empor gehoben werden, dies aus Gewohnheit einer anerzogenen Betreuungswürdigkeit und einem gemeinsamen Unvermögen heraus, weil sie damit aufgewachsen sind, dass sie ihren Eltern ja mal „gehört“ haben. Jedoch basiert das „Gehören“ auf einem kollektiven Irrglauben.
Und so geht es „nach oben hin“ immer weiter, bis man bei den Besatzern angekommen ist, die nach Militärgesetz Nr. 52 alles beschlagnahmt haben, und dem Menschen auf diese Weise auch nichts gehören würde.
Bei den Militärgesetzen handelt es sich jedoch nur um positives Recht, was man sich erdichtet hat, wie auch das Völkerrecht, um mit der anerzogenen Leere des Menschen, reichlich Schindluder zu treiben, wo bei einem verlorenen Krieg, jene in der Rolle der „Verlierer“ regulär versklavt werden:
„Reparationen (von lateinisch reparare‚ ‚wiederherstellen‘) sind ein Begriff aus dem Völkerrecht und bezeichnen Entschädigungen, die ein Staat nach einer Niederlage im Krieg an den oder die Sieger entrichten muss. Reparationen können in Geld geleistet werden, in Sachlieferungen oder in Arbeitsleistungen. In Frage kommen dabei Demontagen, Enteignungen von Auslandsvermögen, Beschlagnahme von Patenten und Entnahmen aus der laufenden Produktion. Der Begriff wurde nach dem Ersten Weltkrieg eingeführt.“ Wikipedia
Das Geld kommt im Kern aus Dar-Lehen plus nicht mitgeschaffenen, jedoch zurückgeforderten Zinsen, der geldlich vorhandene Gegenwert der Zinsen fehlt also per se, was insgesamt jedoch zurückgezahlt werden „muss“ (Anmerkung: solange man an den anerzogenen Glauben an den Wert von Geld, Arbeit, Produkten und Dienstleistungen usw. zu glauben meint).
Sachlieferungen sind Produkte, die im Akt der Arbeit erschaffen werden. Enteignungen funktionieren solange, wie der Glaube herrscht, dass einem etwas, jemand… gehören würde.
Die Unterwerfung von Völkern, wird auf der einen Seite über die gewohnte Erziehung befördert und legalisiert und über das Völkerrecht legitimiert. Die Gewohnheit ist dabei überlagert vom Recht, dem positiven Recht*.
* „Als Fiktion bezeichnet die Rechtswissenschaft die Anordnung des Gesetzes, tatsächliche oder rechtliche Umstände als gegeben zu behandeln, obwohl sie in Wirklichkeit nicht vorliegen.
Hierbei kann die Fiktion das genaue Gegenteil der tatsächlichen Umstände als rechtlich verbindlich festlegen.
Eine Fiktion kann deshalb im Prozess auch nicht widerlegt oder entkräftet werden, da sie definitionsgemäß vom tatsächlichen Sachverhalt abweicht.
Das Wort „gilt“ ist in Gesetzestexten ein Indiz für das Vorliegen einer Fiktion, sie kann sich aber auch in Legaldefinitionen verbergen.“ Fiktion(Recht), Wikipedia
„Entweder…oder“ spielt dabei jene Rolle, eine Situation aus „Bist du für oder gegen uns?“ zu schaffen, wobei es darum geht, ob man „artig oder unartig“, also „Freund oder Feind“ ist und ob man „Alles oder Nichts“ hat.
Letztlich ist es keine wirkliche Wahl, hat man das Wesen der alten Ordnung verstanden, was die große Mehrheit und das übliche Geplänkel zwischen „Ost und West“ in einem Sack verschwinden lässt.
„Denk‘ daran. Nur weil dich jemand wie seinen Feind behandelt, hast du kein Recht, ihn auch so zu behandeln.“ „Imam“ zu „Kamran“, Ms. Marvel, 2022
Wer also meint, ihm würde etwas gehören (bspw. durch Etikettierung von namenlosen Boden und ihn durch einen „Staat und seine Angehörigen“ besetzt), darf sich nicht wundern wenn er eines Tages reichlich viele „Befreier“ findet, während durch einen Konflikt entschieden werden soll, für wen die Betroffenen demnächst arbeiten werden.
„Verzeiht, ich weiß, ihr meint es gut. Ihr habt es nur nicht zu Ende gedacht. Ihr wollt die Welt beschützen, aber ihr wollt nicht, dass sie sich ändert. Wie kann die Menschheit gerettet werden, wenn sie sich nicht entwickeln darf?“ „Ultron“, Avengers: Age of Ultron, 2015
Reklame: Gerne wird ja behauptet, dass der Mensch das Problem auf der Welt sei. Das ist jedoch nicht richtig.
Es sind seine Denk- und Verhaltensmuster, die von Generation zu Generation weitergegeben werden, aus denen jene Ordnung hervorgeht, die wohl einst ersonnen wurde, um einem wahrgenommenen Chaos entgegenzuwirken, was sich, wenn sich der Mensch aus den gewohnten Denk- und Verhaltensmustern verabschiedet, als Universum der Möglichkeiten darstellt.
Wie gelangt man aus der alten Ordnung, wenn sie doch „alternativlos“ und deswegen auch „ernst“ erscheint? Dies geht nur durch den Prozess der Infragestellung.
Den Gegner in einem letzten Kampf endgültig beseitigen zu wollen, hat zur Folge, dass man zu seinem Gegner wird, dem man die Unmenschlichkeit einst anzudichten versuchte und sich so die Unmenschlichkeit einfach nur weiter fortsetzt, bis sich der Mensch irgendwann selbst abschafft, obwohl der Kampf letztlich nur eine rein mentale Ursache hat.
In einer anderen Realität menschlicher Entwicklung findet sich der Feind, den man im Gegner zu erkennen meint, nur in einem selbst, wo das gewohnte „entweder…oder“ von einem „sowohl…als auch“ überflügelt wird. Das ist der Punkt, wo das Alte überwunden wird, wo es seine gewohnte (Be)Deutungshoheit verliert.
Schaut man hier genauer hin, findet man auch die einzige wirkliche Wahl des Menschen, ob er sich weiter an seine von ihm – besser: seine auf Basis seiner gewohnten Denk- und Verhaltensmuster – errichtete Simulation von Leben festzuklammern meint oder sich dem Leben wieder zuwendet, verbunden mit einem weiteren Schritt, sich wieder als ein untrennbarer Teil in einem Entwicklungsprozess des Lebens wiederzufinden.
„Welchen Frieden suchen wir? Ich spreche vom aufrichtigen Frieden. Vom Frieden, der dem Leben auf der Erde einen Wert gibt. Nicht nur Frieden in unserer Zeit, sondern Frieden für alle Zeit. Unsere Probleme sind von Menschen gemacht und können deshalb vom Menschen gelöst werden. Denn letzten Endes ist unsere tiefe Gemeinsamkeit, dass wir alle diesen kleinen Planeten bewohnen.“ John. F. Kennedy, aus dem Film „Thirteen Days“, 2001
Anmerkung: Falls Sie in der Absicht unterwegs sind, all dies ginge Sie nichts an, weil Sie ja sowieso nichts machen können, so liegt dies tatsächlich in Ihrer Entscheidung.
Begründen Sie Ihre Entscheidung jedoch nicht damit, dass erst einmal „die anderen“ sich zu ändern haben oder Veränderung erst einmal „woanders“ stattzufinden hat. Auch dort warten andere nur auf „die Anderen“.
Letztlich geht es um das System**, und damit man sich entwickeln kann, damit Veränderung wahrnehmbar wird, bedarf es mindestens zwei unterschiedlicher beobachteter Wahrnehmungszustände – am besten zweier Systeme, die man vor(!) sich erblickt: Die vom Menschen geschaffene Simulation mit ihren künstlichen Regelwerken und ihr Gegenstück, das Leben und seine Regelwerke.
Nachtrag: Der Mensch, der nicht bereit ist, sich in Vernunft und Gewissen zu entwickeln, darf sich nicht wundern, wenn er betreut wird, während es seinen Betreuern wichtig ist, dass er so bleibt, wie er ist, damit sie auch selbst weiter an ihrer Rollen festhalten können.
** „Ich erzähl‘ Ihnen jetzt mal ein kleines Geheimnis. Wenn Sie’s gehört haben, können Sie nich‘ so tun, als hätten Sie es nicht gehört….
Sie wollen’s so richtig schaffen. Also fangen Sie an, mit was Kleinem. Sie brechen ’ne Norm, ’ne Idee, ’ne Konvention, ’n kleines Businessmodell. Aber, Sie nehmen dann das, dass die Leute sowieso schon satt haben. Alle sind ganz aufgeregt, weil man etwas sprengt, das vorher schon alle kaputt haben wollten.
Das ist der Vorstoßpunkt. Das ist der Moment, an dem man in sich hineinschauen und sich fragen muss: Kann es sein, dass ich der Typ „Mensch“ bin, der weitermachen wird? Will ich noch mehr zerstören? Will ich was Großes zerstören? Will ich etwa das Ding zerstören, dass eigentlich niemand kaputt sehen will? Denn an diesem Punkt wird niemand auf Ihrer Seite sein.
Es wird heißen, Sie seien verrückt. Sie werden sagen, Sie seien ein Mistkerl und dann heißt es: Stopp! Selbst Ihre Partnerin wird sagen: Es reicht! Stopp!
Denn wie sich herausstellt, will niemand, dass Du anfängst, das System zu zerstören.
Und das ist es, was wahre Disruption auszeichnet und das, was uns eint. Alle, wie wir hier sind. Wir alle sind an diese Grenze gestoßen und haben sie überschritten.“ „Miles Bron“ zu „Benoit Blanc“, Glass Onion: A Knives Out Mystery, 2022
Die Welt ist nicht unabhängig von ihren handelnden Beobachtern*