Reichsbürger – oder: Von Symptomen und Ursachen, Teil 1

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(v1.1) Zunächst sei vorausgeschickt, dass „Reichsbürger“ lediglich ein Begriff ist, um andere, die den gewohnten „Systemgepflogenheiten“ nicht entsprechen (nicht brav und artig an das glauben, was ihnen schriftlich vorgelegt und gesagt wird), diese behelfsmäßig damit zu stigmatisieren, um sie schnellst möglich auszugrenzen, damit der mit „öffentlichem Frieden“ gekennzeichnete gesellschaftliche Zustand aus belohnten Untergebenen und ihren „gerechten“ Vorgesetzten“ (Anmerkung: womit die „freiheitlich-demokratische Grundordnung) weiter gesichert ist.

Natürlich gibt es auch jene, die sich „gern“ selbst als „Reichsbürger“ sehen wollen – als ob es mal wieder so einfach wäre, nur das „Staatsmäntelchen“ zu wechseln und man gehöre nicht mehr dazu. Wer macht sich da schon Gedanken über das System?

Mehrheitlich wird sich um das Schauspiel Gedanken gemacht, was IM System stattfindet, was sich grob in „unschuldige Opfer der Umstände“ und ihren, sie beherrschenden Peinigern unterteilt – das leidvolle Schicksal der Geplagten und Unterworfenen.
Dass sich die Gesellschaft durch gewohnte Erziehung selbst zu Untertanen erzieht, darf dabei nicht außen vorgelassen werden, womit sich auch die übliche „Schuldfrage“ von selbst beantwortet.

Mitunter wird zwar ein „Systemwechsel“ gefordert, während der Begriff „System“ meist jedoch in irriger Form verwendet wird.

Vor längerer Zeit wurde noch vom „System Merkel“ gesprochen, um jedoch nur die eigenen Denk- und Verhaltensmuster „gewohnten dagegen sein“ nur weiter rechtfertigen zu wollen – nur ein Verhalten, was das System erhält.

„Merkel muss weg, hieß es früher. Merkel ist mittlerweile weg, da müssten sich ihre Kritiker doch endlich zufrieden geben, hat sich doch das erhoffte Ziel durch reichlich Jammern endlich eingestellt.“

„Staat“ ist letztlich nur das Etikett von Institutionen INNERHALB des Systems, die letztlich doch nur Unternehmen sind und nach den Prinzipien der alten Ordnung (gewohnte Denk- und Verhaltensmuster, Konventionen und Wertvorstellungen) funktionieren.

Unwissenheit über das System sorgt damit für reichlich viel „Donquichotterie“ (Betrachtung, Kritik und Bekämpfung sicht- und spürbarer Symptome und ihrer vermeintlich schuldigen Verursacher) der Akteure auf „beiden“ Seiten.

Die gefühlte Angst des eigenen „Ichs“ vor möglichen Veränderungen (seiner Verhaltensstruktur!) sorgt dafür, dass schon „im Kopf“ all das abgelehnt wird, was nur irgendwie nach Umdenken und verlassen der Komfortzone „riecht“. Auf diese Weise ist der Verbleib für seine Anhänger „gesichert“.

„Gewohntes Wissen führt nur zu gewohnten Ergebnissen.“

Klar, dass man irgendwann auf das eine oder andere, hochbrisante Thema stößt und auch der Vorstellung, dass nur ein Schritt notwendig sei, und man sich nur lange genug gegen die ersonnenen Gegner zu „wehren“ braucht – als ob es lediglich darum ginge nur das Erreichte gegen seinen möglichen Verlust verteidigen zu wollen – einschließlich dem Nichtzahlen von Steuern, Abgaben und den üblichen Bevormundungen. Dem ist jedoch nicht so.
Es entwickelt sich für jeden individuell, denn nicht umsonst heißt es ja auch „Selbstbestimmung“. Zumindest vor ein paar Jahren wurde diese noch gefordert, als eine den Menschen sich entwickelnde, ausmachende Eigenschaft und nicht nur Attribut einer Fiktion.

Es ist nur ein anerzogener Glaube, dass das Erhaltene (Geld, Eigentum, Besitz, Hab und Gut usw.) etwas wert sei, um darüber jedoch die „Wert-Gläubigen“ bequem hin- und herschieben zu können – einschließlich der Vorstellung, ihnen würde das Leben gehören, dass sie verlieren könnten.

Das Leben beschenkt sich durch die Geburt selbst, und der sich zur Welt bringende Mensch gehört keinem anderen. Das ist der Wesentliche Unterschied zwischen all jenen, die klassisch von „mein Kind“ – im Rahmen gewohnter Erziehung – sprechen. Hier wird die Illusion von Eigentum und Besitz übertragen.

Ich kenne zwei Menschen, deren Lebenspartner ihnen unverhohlen gesagt haben, dass sie ihnen gehören würden. Danach waren die Beziehungen zu Ende.

Ich kann also nur darauf hinweisen, warum gewohnte Beziehungen auch deswegen verfallen, eben weil Besitz- und Sicherheitsansprüche nur zu Konflikten führen. Unterdrückung ist nicht nur mit unterdrückender Herrschaft verbunden, sondern auch geprägt von freiwilliger Unterwerfung, um die in der Kindheit erfahrene Betreuung weiter fortführen zu wollen.
Es ist – aus eigener Erfahrung heraus – von Bedeutung, die etablierten Denk- und Verhaltensmuster, die sich in der Beziehung mit der „Mutter“ und des „Vaters“ in sich selbst zu klären, was wiederum keines Gesprächs mit jenen bedarf. So am Rande.

Die Täuschung (und damit verbundenes Rollenspiel) findet ihren „Anfang“ im Einzelnen selbst, der sich für sein „Ich“ (Denk- und Verhaltensmuster) hält.
Der gewohnte Denker kennt den Unterschied zwischen Mensch und „Ich“ nicht, weshalb ihm auch alles so „alternativlos“ erscheint, da erst durch die Veränderung seiner Denk- und Verhaltensmuster (Infragestellung) sich für ihn etwas ändert.

Und genau das ist nicht gewünscht, weil man sich a) gesellschaftlich in einer Zwangsjacke (Gruppenzwang) bewegt, aus dem sich nur der Einzelne selbst entschlossen heraus entwickeln kann.

Als vermeintlicher Ausweg erscheint nur das „so tun, als ob“ ((Rollen)Spiel), wo Veränderung zwar lautstark gefordert wird, der „Forder“ jedoch selbst davon verschont sein will – es sei denn, dass die Veränderung seinen „Gepflogenheiten“ auch weiter entspricht.
Das Wesen gesellschaftlichen Zusammenhalts erscheint in Form eines gemeinsamen Gegeneinanders (fern)bestimmt durch, den Glauben an den Wert von Geld und Arbeit – demnach ein künstlicher Zusammenhalt.

Hier sieht man die Verdrehung, die das System der alten Ordnung ausmacht, am deutlichsten. Gleichzeitig offenbart sich auch der Mechanismus zu seiner Infragestellung. Oh, ein systemischer Kipppunkt.

Warum sollte man auf andere warten, die weiter an den systemischen Gepflogenheiten festzuhalten meinen?

„Also. Leben und Taten des Don Quichott. Worum geht es?“ „Dass jemandes Glaube an Werte sehr viel wichtiger ist, als die Werte selbst?“
„Ja, das steckt da auch drin. Aber worum geht es eigentlich? Könnte es vielleicht darum gehen, wie rationale Gedanken unsere Seele zerstören? Könnte es um den Triumph von Irrationalität gehen, um die Kraft, die darin steckt?
Wir verbringen sehr viel Zeit damit, die Welt zu organisieren. Wir bauen Uhren, stellen Kalender her, versuchen das Wetter vorherzusagen. Aber welchen Teil unseres Lebens haben wir wirklich unter Kontrolle?“ „John Brennan“, The Next Three Days, 2011

Ein Moment kleiner Unendlichkeiten von Liebe, ist erfüllender als ein Partner, den man zu besitzen versucht – ob offensichtlich oder auf so manch subtile Art – im gewohnten Haben und damit verbundener Verlustangst.

„There’s no easy way out, there’s no short come home.“ Robert Tepper

Ein Hinweis am Rande: Andere zu bekämpfen, um ggf. deren „Platz“ (deren Rolle) einzunehmen, offenbart sie zu jenen, die sie einst bekämpft haben – gleich wie sie sich nachher zu geben, zu rechtfertigen meinen, was letztlich bedeutet, dass sie sich nur selbst bekämpft haben.

Alles was sich einem auf dem eigenen Weg in den Weg stellt, sind Herausforderungen, um daran zu wachsen, da sie ein Spiegel der eigenen Denk- und Verhaltensmuster sind.
Mit dem erkennen des Prinzips hinter einer der Herausforderung, warum sie überhaupt existiert, verschwindet das als „Problem“ deklarierte wie von Geisterhand, da die Ursache erkannt wurde, was wiederum nichts mit verdrängen zu tun hat.

„Anderen für die eigenen Umstände die Schuld geben zu wollen, ist letztlich nur die Bestätigung für die eigene Opferhaltung.“

Ein Grund mehr, warum es keine allgemeingültige Lösung gibt und sich die mit „Reichsbürger“ etikettierten vom Prinzip her nicht von jenen unterscheiden, die sie zu bekämpfen (Verdrängungskonzept) meinen. Als ob es nur um die eine oder andere künstliche Institution geht.

„Mensch, Person. Prinzip, Inhalt.“

Das geschieht jedoch nicht, indem man sie bekämpft. Erfolg ist auch dann, wenn man erkannt hat, dass es auf die eine oder andere Weise NICHT funktioniert hat, im Gegensatz zum Denken in Fehlern.

„Wenn ich etwas einwerfen dürfte. Auf der Erde könnte euch ein Führer durchaus nützen. Ich habe ein wenig Erfahrung auf diesem Gebiet.“ „Sofern man Versagen als Erfahrung betrachtet.“ „Ich betrachte Erfahrung als Erfahrung.“ Dialog „Loki“ mit „Thanos“, Avengers: Infinity War, 2018

Die Denk- und Verhaltensmuster erzeugen, beeinflussen und erhalten eine Ordnung aus unterworfenen/sich unterwerfenden Akteuren mit ihren „wohlwollend Privilegien verteilenden Herren“ gleichsam, wie eine andere Ordnung, wo diese Denk- und Verhaltensmuster infrage gestellt wurden. Warum?

Es steckt in allem stets die Bemühung die beobachtet reflektierte Wirklichkeit auf menschliche Größe reduzieren zu wollen.
Dabei herrscht der Irrglaube, es gäbe nur eine Realität, an deren Regelwerke (gegeben von seinen vorgesetzten Autoritäten) sich der Mensch zu halten hat, die von ihm erdacht wurden – während er in seinen Bemühungen seine Beziehung und damit verbundenes Vertrauen zum Leben vergaß und seine geschaffene Illusion den Platz einnahm.

„Simulacra & Simulation“

Bei allen Bemühungen in Richtung Selbstbestimmung, geht es nicht einfach darum, dass man die als „böse“, „schlecht“ und „ungerecht“ erachteten Akteure nur durch „gerechte Herren“ ersetzt, um anschließend weiter den gewohnten Untertanen zu mimen.

Jemand, der sich in seiner Würde beeinträchtigt sieht, wenn man ihm das Konto sperrt oder „enteignet“, sei nochmals nahe gelegt, dass die Würde des Menschen, also das in ihm wirkende Leben, unantastbar ist. Was also ist das, was da beeinträchtigt zu sein scheint?

Das System der alten Ordnung beruht auf einem mental bestehenden Bund aus hoffentlich belohnt werdenden Untertanen UND!!! ihren wohlwollenden Tyrannen, weswegen man sich auch den üblichen Kampf ersparen kann, weil auch jene, die die anderen zu bekämpfen meinen, in der selben Denke zu Hause sind.

Und was sich gegenseitig zu bekämpfen meint, sieht im Gegenüber nur den Feind, den es SELBST in sich trägt – verbunden mit der klassischen Illusion von „Gut und Böse“. (Anmerkung: Oha, da spielt ja plötzlich auch die Religion keine Rolle mehr. Da, schau her!)

Nur zu sagen, die Kirche ist „schuld“ ist zu einfach gedacht, da sie auch vom Menschen, basierend auf seinen Denk- und Verhaltensmuster, als künstliche Institution des Systems geschaffen wurde.

Es wäre auch zu einfach gedacht, nur die Pädophilie zu verteufeln, wenn gewohnt gesamt gesellschaftlich das Leben mit Füßen getreten wird – auch von jenen, die mit dem Finger auf die auserkorenen Schuldigen zu zeigen meinen.

Der manchmal innige Wunsch nach Bestrafung, offenbart die Wunschträger nur als Mittäter. Belohnung und Bestrafung sind dabei als Machtinstrumente zu erkennen, die einmal mehr die Erkenntnis über die Selbstregulierungsmechanismen des Lebens hinwegtäuschen sollen.

Der Plan zum „Umsturz“ der Regierung ist gescheitert. Der Weg nach Berlin war auch viel zu weit. Zumindest lässt sich das aus den vielen Nachrichten herauslesen, während jene in der Rolle der „Sieger“, „Helden eines zu schützenden Volkes“ versuchen, sich diesen Umstand medial zunutze zu machen, um weiter die „freiheitlich demokratische Ordnung (Anmerkung: aus Untergebenen und Erhabenen)“ hochhalten zu wollen – weil man dafür ja auch belohnt wird und nicht selten Schulden, Familie und Häuser „hat“.

Es gibt mehr als nur eine Sichtweise zu Geschehnissen, was die Sache – nebenbei – auch zu Herausforderungen über ihre Ursachen macht, was über gewohntes „dafür“, „dagegen“ oder „die anderen müssen weg“ hinausgeht.

„Am Leben zu sein, bedeutet Geister zu kennen. Das Imperium fürchtete Hari, weil er die Zukunft vorhersehen konnte. Doch in Wirklichkeit tat er nichts anderes, als die Vergangenheit neu zu beurteilen.“ „Salvor Hardin“, Foundation. 2021

Zu kämpfen ist lediglich ein Verdrängungskonzept, was typisch für die Teilnehmer des Systems ist, in der Regel wenn es darum geht, an den eigenen Denk- und Verhaltensmustern festhalten zu wollen.
Auf dieser Ebene findet das „eigentliche Spiel“ statt, nicht auf einer Rechtsebene, wo die einen mit ihren Rechtsfiktionen, die anderen, ausgestattet mit deren Rechtsfiktionen, zu überzeugen, zu verdrängen versuchen.

Eine Annahme der gegnerischen Meinung und Haltung erscheint dabei mit dem Ende der eigenen Existenz verbunden, möglicherweise auch das im Haben erreichte Gut zu verlieren – die gewohnten Rollen aus Gewinner und Verlierer, Herrscher und Untergebene. Eine mentale, nahezu geschlossene Anstalt mit eingebautem Kreisverkehr.

Wer will schon Veränderung, wenn ihm doch alles so „alternativlos“ erscheint?

Herrschaftssysteme, wie sie sich seit Jahrtausenden aus „Untergebenen“ (ob freiwillig oder erzwungen) und „ihren künstlichen Erhabenen“ heraus konstituieren, funktionieren stets nach den gleichen Prinzipien, deren Existenzgrundlage die Erziehung zur Gehorsamsbereitschaft und Entsprechung und damit einhergehender Weiterführung der Fremdbestimmung bildet.

„Du bist nicht mein Gott!“ „Peter“ (Sklave) zum sterbenden Sklavenjäger „Jim Fassel“, Emancipation, 2022

Gewählte Herrscher dürfen solange über „ihr“ Volk herrschen, solange sie ihm Schutz und Sicherheit (…im Zeichen der Burg), Wohlstand (im Sinne von Haben und dessen Mehrung wie auch zugestandenen Privilegien) gewährleisten, während sich die Gehorsamen entsprechend nur allzu gerne dafür beherrschen lassen.

„Das isses, oder? Wenn wir nicht wissen, was real ist, können wir uns nicht wehren.“ „Bugs“, Matrix Resurrections, 2021

Föderalismus: Anerzogene Unterwerfung begegnet künstlicher Erhabenheit in Eintracht – als sogenannte „freiheitlich demokratische Grundordnung“ und Simulation, eines nur „so tun, als ob“, des (Rollen)Spiels, als Invertierung des Lebens. Wie sehr Authentizität doch plötzlich an Bedeutung erlangt.

„Bist du auf unserer Seite?“ „Ich glaube, so einfach ist das nicht.“ „Dann sollte es aber schnell so einfach werden.“ „Ich bin auf der Seite des Lebens.“ Dialog aus Avengers: Age of Ultron, 2015

Reichsbürger – oder: Von Symptomen und Ursachen, Teil 2