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Nur ein mentales Opfer erforderlich

Lesezeit: ca. 8 Minuten

(v1.2) Vor geraumer Zeit schrieb ich den Beitrag: „Existenzverlust ist lediglich ein Rollenverlust“. Wer sich damit intensiv auseinandergesetzt hat, was voraussetzt, dass er sich auch mit dem Unterschied zwischen Mensch und Person vertraut gemacht hat, dem wird auffallen, dass auch das „Opfer“ nur eine Rolle innerhalb des Rollenspiels ist.

Daraus lässt sich ableiten, dass es sich im Wesentlichen auch nur um eine mentale Angelegenheit handelt, die nur dann sehr belastend wird, weil das Rollenspiel eben nicht erkannt wurde, während mit dem verdreht gelernten Umgang mit der Angst (als anerzogen-entwickeltes Warnsignal vor Veränderung) alles gedeckelt wird und gleichzeitig als Rechtfertigung dient, „ja nichts ändern zu können“. Warum?

Die gewohnte Vorbereitung auf am Horizont erscheinende, „dunkle Wolken“ wird in der Regel über den „materiellen Ansatz“ gelöst, um so Sicherheit zu erlangen. Mental wird sich dann auf herumstreunende Plünderer vorbereitet, die notfalls „beseitigt“ werden müssen – schließlich geht es ja ums „Überleben“.
Es handelt sich hier lediglich um Handlungsmuster, die auf anerzogenen Sicht- und Verhaltensweisen basieren, die deswegen so real erscheinen, weil andere genauso zu denken und zu agieren meinen.

Dass der Kampf um die eigene Existenz auch nur anerzogen ist, beruht auf den gesellschaftlich hochgehaltenen Konventionen, Wertvorstellungen und damit verbundenen Denk- und Verhaltensmuster, die über die Jahrhunderte weiter hochgehalten wurden, ebenso die gewohnt oktroyierten Erziehungsmuster auf nachfolgende Generationen, wie bspw. die im Blog sehr oft erwähnte Erziehung zur Gehorsamsbereitschaft wie auch eine belohnenswerte Unterlassung des eigenständigen Denkens.

Eben weil sich nicht mit den eigenen Denk- und Verhaltensmustern auseinandergesetzt wird, tut sich eine Mehrheit mit der gegebenen Situation schwer, in der Hoffnung auf Erlösung, während die gewohnten Denk- und Verhaltensmuster „ihre“ Untergebenen weiterhin fest im Griff haben.
Zu diesen Verhaltensmustern gehört unter anderem auch die Schuldzuweisung, als nur eine Form der Selbstentmachtung.

Das Opfer wir hingegen immer eine Ausrede finden, etwas nicht tun zu wollen, weswegen ja auch gerne „Vortänzer“ gesucht und auserkoren werden, die „für alle dann die Kohlen aus dem Feuer holen“ sollen.

„Einer für alle und alles im Eimer.“

Wenn es heißt: „Nur gemeinsam sind wir stark“, so ist dies in der Regel nur der Ausdruck dafür, dass „man ja alleine sowieso nichts machen kann“. Wenn also viel „nichts“ zusammenkommt, was passiert dann? Nichts. Jedenfalls nichts Wirksames. Und die üblichen Demonstrationen?

„Demos bringen nichts. Damit verschleiern wir nur unser Nichtstun… Wir demonstrieren gegen die Agrarpolitik, nachdem halb Afrika verhungert ist. Wir rationieren das Wasser, nachdem das Grundwasser knapp* wird, wir reden über den Klimawandel, nachdem die Welt in Flammen steht.“ „Samantha“, Utopia, 2020

* Anmerkung: Das Wasser wird nicht knapp, sondern landet lediglich zum Verkauf in Flaschen und staut in den Ver- und Entsorgungsstrukturen.

Klagen, Jammern, Greinen, Flehen und Demonstrieren: Alles Scheinbeschäftigungen, um dem selbstgeschaffenen Leid lediglich eine Ventilfunktion zu bescheren.

„Lasst uns treffen und gegenseitig die Angst nehmen.“ Satz aus einer E-Mail

Jemand, der sich verbissen an die ihm gewohnte Rolle (z. B. die „Opferrolle“) zu klammern meint, weil er keine andere Option zu erkennen in der Lage ist, wird sich mit steigendem Widerstand auch weiter gegen anderweitige Gedanken verschließen.
Den Druck erzeugt er spontan in sich selbst, als eine Art Schutz- und Abwehrfunktion gegen mögliche Veränderung – eine Art „Urverhalten“.

So reicht es nur genug Feindbilder den Medien zur Verfügung zu stellen, damit sich die Masse weiter in einer Art „Überlebensmodus“ bewegt, während so mancher als „Erlöser“ daherkommt.
Nicht zu vergessen, die vielen die Artikel und Beiträge schreiben, die nur ihre eigenen Ängste in den Pool einer nach Katastrophennachrichten heischenden Masse projizieren und sich dafür eine Belohnung erhoffen, weil sie all das schreiben, was der Rolle des lesenden Opfers gefällig ist.

Andere wiederum üben sich, wenn man sie kontaktiert, in solidem Schweigen, obwohl sie vor Jahren noch nach Veränderungen gerufen haben.
Denn kaum jemand mag sich eingestehen, dass er sich die ganze Zeit selbst getäuscht und „über den Tisch gezogen“ hat.
Dabei reicht ein oberflächliches Eingeständnis nicht aus, sich aus der „Affäre“ zu ziehen.

Das mit der Erkenntnis sich bisher selbst „über den Tisch gezogen“ zu haben erscheint auch nur dann äußerst unangenehm, weil man sich eben nicht mit dem System und seinen damit verbundenen Denk- und Verhaltensmustern auseinandergesetzt hat.
Milderung findet sich in der Selbstentschlossenheit, über sich selbst hinauswachsen zu wollen und den damit verbundenen Weg entschlossenen weiter zu beschreiten. Schließlich geht es ja um einen selbst.

Auf andere zu warten, kann man sich getrost ersparen, da es letztlich doch nur ein Warten auf jenen Bus wäre, dessen Fahrer man am Ende selbst ist.

Gedankenfragmente
Der Mensch schuf die Kunst, um das, was er täglich macht, als „keine Kunst“ einzustufen.

Der Mensch schuf die KI, um von seiner „Intelligenz“ dann als eine „natürliche“ zu sprechen.

Der Mensch schuf die Rolle des „Richters“, um anschließend von „Gerechtigkeit“ zu sprechen, die er in sich selbst nicht zu entfalten meint.

Der Mensch schuf die Vernunft, um das Gegenteil davon zu leben.

Der Mensch schuf unwissentlich das Rollenspiel, was dann für ihn zur einzigen Realität wurde.

Der Mensch schuf die Bedeutungen, die er den Dingen und Sachverhalten verleiht, jedoch vergessen hat, sie gelegentlich wieder infrage zu stellen.

Der Mensch schuf das Schauspiel, um seine Realität als die „einzige“ zu deklarieren.

Der Mensch erfand die Spiele, um seine Existenz als „alternativlos“ und deswegen „ernst“ zu betrachten.

Der Mensch schuf auch den virtuellen Raum, um „hier“ von Realität zu sprechen.

Der Mensch schuf das künstliche Recht, um sich den Aufwand, wie die Regelwerke der Natur funktionieren, zu ersparen.

Der Mensch schuf die Technologie, um sich in seinem Wesen selbst nicht mehr entwickeln zu wollen.

Das „Ich“ erschuf sich selbst, um den Menschen solange dahinter zu „verbergen“, bis dieser sich vergessen hat.

Das „Ich“ schuf den Feind, um die eigene Existenz mit der Bekämpfung des Feindes und damit verbundene Verhalten zu rechtfertigen.

Dem Menschen wurde das Leben geschenkt, alles andere versucht er seitdem zu erbeuten, zu verkaufen oder zu tauschen.

Der Mensch schuf „Eigentum“ und „Besitz“ und konnte es damit auch wieder verlieren.

Dem Menschen wurde die Selbstreflektion geschenkt, deren Abnutzung er noch immer zu vermeiden versucht.