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Der Beitrag, den ich mir lange aufgespart habe

Lesezeit: ca. 10 Minuten

Es ist ein Montag im August 2012. Am Wochenende zuvor, bin ich auf einer Feier, wo mir eine Frau begegnet, die Angelina Jolie wie aus dem Gesicht geschnitten ähnelt. Nur hat sie ganz blaue Augen. Es ist ein wunderbarer Austausch. Vor allem, da es auch ums Thema „Gesetze und ihre Gültigkeit“ geht und ich mit der Aufgabe betraut bin, auch weiterhin meinen Verstand zu benutzen. Schönheit und Klugheit – was für eine Kombination.

Wie gesagt, das ist am Wochenende gewesen, als es plötzlich an der Tür klingelt. Aufwachend, noch im Schlafanzug (rotes Schotten-Muster) und mit ungekämmten Haaren, gehe ich zur Tür.
Draußen stehen zwei Herren, von denen sich einer vorstellt und mit seinem Dienstausweis vor mir herumwedelt. Es hätte auch eine Tafel „Ritter Sport“ sein können. Ich bin, wie gesagt, noch nicht richtig wach.
Um was es gehe, frage ich und jeder in der Straße weiß, womit ich mich beschäftige. Jener meint, man könne dies nur drin besprechen und so bitte ich beide hinein. Den beredeten Kurzen und den schweigenden Langen.

Kaum im Flur angekommen, ich bin zu diesem Zeitpunkt immer noch müde, wedelt das nächste Objekt vor meinen müden Augen, verbunden mit dem Satz: „Herr Berg, geben Sie zu, dass Sie gefilmt haben?“ Eine schwierige Frage, wenn die Bettschwere noch im Kopf hängt.

„Gefilmt? Wo?“ „Im Gericht.“

Langsam dämmert es mir.

„Ach so. Das! Klar gebe ich zu, dass ich gefilmt habe und ich verspreche Ihnen, dass die Aufnahmen das nächste Mal von besserer Qualität sein werden.“

Damit haben beide wohl nicht gerechnet – weder der Kurze, noch der Lange.

„Ich habs auch auf Youtube hochgeladen und die Schweine haben es gesperrt. Dann habe ich es auf meinen Server hochgeladen, damit es jeder sehen kann.“

„Ich habe hier einen Durchsuchungsbeschluss, wir sollen Ihren PC und das Handy mitnehmen.“ Den Gerichtsschrieb drücke ich mir vor meine müden Augen.

„Den PC habe ich nicht hier!“ „Da steht aber ein Laptop.“ „Ja, da ist aber das nicht drauf, was sie suchen.“ Das war wohl genug Argument.

„Der Beschluss ist nicht vom Richter unterschrieben und die StPO ist seit dem ersten Bundesbereinigungsgesetz aus 2006 nicht mehr gültig. Haben Sie noch nie etwas von den Bundesbereinigungsgesetzen gehört?“

„Herr Berg, belasten Sie mich bitte nicht am Montagmorgen!“

„Wer belastet hier wen? Ich habe doch vor zwei Minuten noch im Bett gelegen und geschlafen. Und das OLG hat zu diesem Fall im letzten Monat bereits geurteilt. Richter W. kann hier nicht einfach „den Breiten machen“.“

Sichtlich kehrt eine Unsicherheit beim Kurzen ein.

„Die Gesetze sind auch nicht mehr gültig.“ „Wir glauben aber daran, Herr Berg.“

„Haben Sie das Urteil vom OLG hier?“ „Nö, ist im Büro in Fulda.“

„Äh, dann muss ich nochmals mit dem Staatsanwalt W. sprechen“ und verschwindet mit seinem Handy nach draußen. Der Lange bleibt regungslos.
Kurz danach kommt der Kurze wieder rein und fragt leise: „Dürfen wir wenigstens das Handy mitnehmen?“ „Klar. Aber wehe, wenn Sie da Spionagesoftware draufmachen. Es ist aber nichts drauf, was sie suchen“ und zeige ihm das leere Video-Verzeichnis. Er mag gern das Handy mitnehmen. Soll er. Später.

„Können wir dann jetzt gehen?“ „Moment, ich muss mir noch die Zähne putzen“, gehe im Schlafanzug ins kleine Bad und mache mir extra viel Fluor-Zahnpasta auf die Bürste.
Der Kurze ist schon draußen und „mit Schaum vor dem Mund“ schlendere ich am Langen vorbei: „Es wäre wohl ein Frevel, wenn ich sie nach dem Amtsausweis fragen würde“, was jener mit einem undeutlichen Grummeln zu beantworten versucht.

Interessant, dass „Word“ das Wort „Amtsausweis“ nicht kennt. 😀

„Jetzt beeilen sie sich mal, Herr Berg“, weiß er plötzlich von sich zu geben und rudert heftig mit den Armen.

„Moment. Ich muss noch duschen“ und verschwinde im anderen Bad. Ich glaube, ich habe unter der Dusche auch noch gesungen oder gepfiffen. Zumindest habe ich mich nicht rasiert, aber wenigsten angezogen. Denn das wäre zuviel des Guten.

So fahren die mit ihrer Kiste und ich mit meiner in Richtung Büro.

Irgendwie müssen die einen kürzeren Weg gekannt haben, da meine Bekannte mir später berichtet, dass man sich nach mir erkundigt hat, wie ich denn mein Geld „verdienen“ würde. Dass ich H4 zu dem Zeitpunkt bekomme, sollen die beiden aber mal schön selbst recherchieren.
Doch zunächst betrete ich das Büro, während der Kurze sich vor dem blendenden Fenster platziert hat. Klar. Der Lange verbraucht in der Nähe des Schreibtischs etwas Schweigeraum.

„Wo ist denn das Urteil?“ In meinem Saustall, finde ich es nicht gleich und gehe zu meinem Kollegen. „Ich brauche mal die Kopie von meinem Urteil.“

Der gibt mir die Kopie und ich gehe zum Kurzen.

„Sie wissen, dass sie beide privat haftbar hier sind, und die Gesetze nicht mehr gültig sind?“

Es dauert keine Minute, da steht mein Kollege im Raum mit der Frage: „Was ist denn hier los?“ „Das sind zwei Kollegen von der Polizei. Die gehen einem abgeschlossenen Fall nach.“ „Was für ein Fall?“ „Na, du weißt doch. Ich habe doch im Gericht gefilmt“ und knuffe ihn in die Seite. Er geht wieder zurück in sein Büro und kommt mit über einem Meter „Volker Schöne“ zurück: „Sie wissen, dass sie beide privat haftbar hier sind, und die Gesetze nicht mehr gültig sind?“ Er drückt das Pfund dem Langen in die Hand.

Ich finde mein Originalurteil. „Hier ist es. Ich mache Ihnen noch eine Kopie.“ „Nein, nein. Die brauche ich nicht.“ „Doch, doch“, sage ich. Kurz danach kommt die Kopie.

„Äh, Herr Berg,  kann ich noch das Handy mitnehmen?“ „Klar, aber denken sie dran, ich kann riechen, wenn da Spionagesoftware drauf ist.“
In dem Moment, wo ich es ihm überreiche: „Wann bekomme ich es denn wieder?“ „Heute. Nachmittag.“ „Okay.“ Und dann sind die beiden verschwunden. Irgendwo haben die noch einen Zettel mit Nummern zurückgelassen.

Um kurz nach zwei Uhr erreicht mich der Anruf von dem Kurzen: „Äh, Herr Berg, wir bekommen das mit dem Handy heute noch nicht hin.“ „Wie? Das ist doch ganz einfach und wenn man es richtig anstellt, kommt man auch an jene Informationen, die dem Normalbenutzer nicht zugänglich sind.“ Das klingt wohl sehr überzeugend, obwohl mir selbst nicht einmal klar bin, was ich damit gemeint habe. Aber es wirkt wohl.

„Wann bekomme ich mein Handy wieder?“ „Morgen, spätestens bis zwölf.“ „Okay.“

In der Nacht formuliere ich dann eine Strafanzeige gegen die Richter für den ICC, eine Klage vor dem Dienstgericht und etwa fünf bis sechs Seiten Rechtsaufklärung und schlafe irgendwie ein.

Am nächsten Tag schlägt es irgendwann auch zwölf, und was mir fehlt, ist mein Handy. So geht das ja nicht. Flux den Zettel mit den Zahlen schnappend, finde ich eine Faxnummer. „Tja, Pech gehabt.“

Ein etwa eineinhalbseitiges Fax, was inhaltlich im Argument „BVerfG am 25.07.2012″ und damit verbundener Arbeits- und Mandatlosigkeit aller BRD-Teilnehmer mündet, wälzt sich das Fax durch die Telefonleitung.

So um zwei Uhr herum klopft es leise an der Tür. Ich öffne. Der Kurze steht vor mir. „Guten Tag, Herr Berg. Ich habe Ihr Handy. Können Sie mir den Erhalt noch quittieren?“ „Klar.“

Kritzel, kritzel.

Betroffen blickend: „Herr Berg, Sie haben mir aber ein böses Fax geschickt.“ Ich berühre ihn am Oberarm, schaue ihm fest in die Augen und sage: „Wenn wir böse Faxe schicken, dann sehen die ganz anders aus.“ „Dann noch einen schönen Tag.“ „Äh, Moment. Wo wollen Sie denn jetzt hin?“ „Wieso?“ „Ich habe hier zwei Kopien der Anklagen der Richter beim ICC, dann eine Nummer mit dem Dienstgericht, ein paar Seiten Rechtsaufklärung und eine DVD mit dem Video zum Anschauen.“

Die DVD will er nicht haben, den Rest schon.

Während er im Gehen ist, dreht er sich nochmals zu mir um und sagt: „Herr Berg, ich bin so froh, dass ich aus dem Fall raus bin.“

„Das glaube ich Ihnen gern“ und lache.

Methode Acting.

Passende Musik zur Handlung