Andersrum

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(v1.2) Natürlich geht es – mit Blick auf den vorherigen Beitrag – auch darum, im gewissen Rahmen „ernst“ zu bleiben. Doch wie sagte Paul Watzlawick einmal: „Die Lage ist hoffnungslos, aber nicht ernst.“

Vorgestern habe ich mir nochmals den Film „Der Baader-Meinhof-Komplex“ (in einer wohl ungekürzten Fassung von ca. 2:45 Stunden) angeschaut.

Deutlich tritt dabei hervor, dass die Art und Weise, wie so manches „Ziel“ erreicht werden sollte, mehr einem gewissen Primitivismus entsprungen ist, und sich durch „Gewalt“ auf beiden Seiten zum Ausdruck brachte – ein Zeichen, dass nicht weit genug gedacht wurde.

„Denk‘ daran. Nur weil dich jemand wie seinen Feind behandelt, hast du kein Recht, ihn auch so zu behandeln.“ „Imam“ zu „Kamran“, Ms. Marvel, 2022

So wie der „Westen“ den „Feind“ im „Osten“ zu erkennen meint, wie auch umgekehrt, brauchen beide einander, um ihre eigene Rollenexistenz innerhalb der alten Ordnung rechtfertigen zu wollen.
Was beide miteinander verbindet und auch gleich macht: Gewohnte Feindbildprojektion, während sich der wahre „Feind“ in jedem selbst befindet.

„Wir haben nicht gegen den Feind gekämpft, wir haben gegen uns selbst gekämpft, der Feind war in uns.“ „Chris Taylor“, Platoon, 1986

Ich habe den RAF-Sermon im Alter zwischen fünf und ca. neun Jahren im Staatsfernsehen mitbekommen – einschließlich „München 1972“.

Staatsfernsehen heißt es in jedem Fall, da ein – zumindest klassischer Staat sich aus Regierenden und ihren Untergebenen konstituiert – im Kern den jeweiligen Rollen(!) die die Menschen spielen. Hinweisend: Jene Institution nicht aus Menschen selbst hervorgehend, sondern aus ihren anerzogenen Denk- und Verhaltensmustern.

Leider hat eine bisher nicht unbeträchtliche, in der Regel ahnungslose Mehrheit, den Unterschied zwischen Mensch und Person (Rolle, Hülle) noch nicht realisiert, weil sie sich anerzogen für die Rolle und damit verbundener üblicher Art der Belohnung hält – die Aufklärerszene mit einbezogen.

Das Rollenspiel dehnt sich von den gewohnten Rollen in der Familie (Vater, Mutter, Sohn, Tochter usw.), bis auf Berufsbezeichnungen, etikettiert mit Titeln und Pöstchen in allen bekannten Institutionen aus.

Auffällig ist dabei das Rollenspiel der Psychologen, die das Gelernte nicht auf sich selbst anzuwenden in der Lage scheinen.
Oder jene in der Rolle der Richter, die das Thema „Gerechtigkeit“ für sich zu besetzen meinen; die Polizeibediensteten, die die Ordnung letztlich aufrechterhalten, indem sie sich ihren Vorgesetzten durch Erfüllung von Dienstanweisungen belohnt zu unterwerfen meinen; jene in der Rolle der Politiker, die jene Regelwerke erfinden, an die sie sich später nicht zu halten meinen, was das Scheitern des positiven Rechts in seiner Sache insgesamt mit sich bringt usw. Nicht zu vergessen die Theologen, die ihr propagiertes Glaubensgebilde durch ein biblisches Rollenspiel präsentieren (müssen?) usw.

Kaum jemand aus der Bevölkerung sinniert darüber, warum hierin eine Verdrehung, eine Umkehrung sichtbar wird, jedoch so mancher wie „ins Leere schaut“, wenn er davon hört oder liest.
Für den gewohnten Denker erscheint das Geschriebene/Gehörte – weil er den Mechanismus „Invertierung“ nicht gelernt hat, wie eine Wahrnehmungsstörung.

Ein Beispiel für die Lernbarkeit des Werkzeugs „Invertierung“:

Aus einer die Tage geschriebenen E-Mail: „Den Mechanismus lernt man unter anderem in der Mengenlehre sozusagen: „Die Menge der runden Plättchen und NICHT die Menge der dreieckigen Plättchen ODER die Menge der blauen Plättchen.“
Da war ich wohl im zweiten Schuljahr. Die Mehrheit der Eltern hat sich darüber aufgeregt, was denn das für die Kinder bringen würde…
…Die Invertierung der alten Weltordnung führt zur Neuen Weltordnung und umgekehrt beide untrennbar darüber verbunden. Sozusagen !AWO = NWO (Hinweisend: „!“ = nicht).“

Also: „Im Sinne der zunächst wahrgenommenen Realität, ist die „Invertierung“ auf die im System wirkenden Prinzipien anzuwenden und nicht auf die Inhalte sowie sicht- und spürbaren Symptome. Das wiederum erfordert die Kenntnis über den Unterschied zwischen Prinzipien und Inhalten.
Wandel wird so zu einem Bedeutungswandel, was in diesem Falle den Verlust der Bedeutungshoheit und damit verbundener „Alternativlosig- und Ernsthaftigkeit der alten Ordnung mit sich bringt und wieder auf Augenhöhe seines Gegenbildes erscheint.“

Das Bestreben der Verfechter der alten Ordnung liegt darin, entsprechende Begriffe vorzubedeuten, so dass sich die gewohnte Masse einmal mehr schwer tut, von einmal „vorgedacht“-angenommenen Bedeutungen abzuwenden.

Wer das Wort „Inquisition“ hört oder liest, hat entsprechende Bilder vor Augen. Ich schreibe „Infragestellung“, was nur der eingedeutschte Begriff ist. Jedoch haben sie mich noch niemanden „foltern“ sehen oder dass es überhaupt notwendig erschien.

„Am Leben zu sein, bedeutet Geister zu kennen. Das Imperium fürchtete Hari, weil er die Zukunft vorhersehen konnte. Doch in Wirklichkeit tat er nichts anderes, als die Vergangenheit neu zu beurteilen.“ „Salvor Hardin“, Foundation. 2021

Wenn bei einer Bank „ganzheitlich“ beraten wird, wird dabei übersehen, dass jener in der Rolle des „Bankberaters“ sich in einer wirklichen, ganzheitlichen Beratung sowohl selbst, sogleich die Bank und damit verbundenes Geldsystem insgesamt abschaffen würde.

Wer bspw. „Freiheit“ als das sieht, dass man alles tun kann, was keinem anderen schadet, und zufällig auch noch in der Nahrungsmittel-, Chemie- oder in der Tabakindustrie beschäftigt ist, sollte nach dieser Aussage sofort kündigen.
Bemerken Sie etwas? Es sind alles nur „Etiketten“ mit systemgerechten Bedeutungen, wo bspw. „Freiheiten und Freizügigkeiten“ mit Freiheit „großzügig“ verwechselt bzw. gleichgesetzt werden.

Nebenbei: Eine liebe Bekannte wies mich darauf hin, dass ich mich manchmal lustig machen würde. Ich antwortete ihr: „Es ist besser, sich über manches lustig zu machen, statt sie gewohnt einfach nur zu töten.“ (Anmerkung: Denn so würde man zu jenen werden, die man zu bekämpfen meint, und der Zyklus des Bisherigen würde wieder von neu beginnen.)

Reklame: Die auf Basis gewohnter Erziehung zur Gehorsamsbereitschaft und Entsprechung entstehende hierarchische Ordnung (Untergebene und Erhabene) wird später durch wohlwollendes Zugestehen von Privilegien und „Grundrechten“ (bei gleichzeitiger Anerkennung der „Erhabenen“), durch gewohnte Konventionen und damit verbundenen „Wertvorstellungen“ (einschließlich der Crypto-Coins („Matrix Märchen Moneten“, aus dem Film „Clerks III“) aufrechterhalten. Föderalismus nennt sich das.

„In der Arbeitsfrage teilt sich das vereinte Wirtschaftsgebiet nach wie vor in gespaltene Lager.“

Gewalt, wie sie der Film zeigte und wie sie der auf untergebene Opfer gedrillten Bevölkerung täglich in den Nachrichten artgerecht(!) präsentiert wird, ist letztlich eine Form von Primitivismus, dem man mit selbigem Verhalten oder zumindest in klagender und in sich beschwerender Weise zu begegnen meint.

„Gewalt ist das Werkzeug der Unwissenden…und ihren Gegnern.“

Die in voreilendem Gehorsam angenommene Haltung – man könne ja sowieso nichts machen, schweißt die Bevölkerung zusammen, eben weil auch die Vorstellung herrscht, dass die bereits „angeknackste“ Existenz mit Auseinandersetzung der Hintergründe gefährdet sei. Das „Verdienen des Brotes im Angesicht des eigenen Schweißes“, wird so zum „Non plus Ultra“.

Es geht um jene Hintergründe, die sich hinter(!) dem Rollenspiel bewegen – also hinter dem gewohnten Rollenspiel aus mehrheitlich „unschuldigen Opfern der Umstände“ und den Darstellern einer satanischen Elite.

Einmal mehr, dass man hier die Märchenstunde erkennen kann. Warum kann man sie erkennen? Eben weil ein Unterschied zwischen Mensch und Person (Rolle, Hülle) besteht, was auf diese Weise eine weitere Denk- und Sichtweise – in und für einen selbst – mit sich bringt.

Erst gestern begab es sich in einem E-Mail-Dialog, dass der Ausdruck „der gewohnte Denker“ im Grunde jener in der Rolle des „Nichtdenkers“ ist.

Auffällig ist hier das Sammelverhalten von Informationen nicht selten nach dem Prinzip „vom Mehr des Selben“, während der Prozess, der zu seiner Entwicklung führt, – unbewusst darüber – unterlassen und durch meist auswendig lernen, anschließendem Aufreihen/Aufsagen von Zusammenstellungen möglichst vieler Inhalte (also quantitativ) ersetzt wird – nicht selten dabei in der Hoffnung auf irgendeine Form der Belohnung.

Einer dreistündigen Erzählung der Menschheitsgeschichte folgte die Frage: Warum sich in der Geschichte stets die gleichen Phänomene zeigten und welcher Ursache sie entspringen, konnte vom Erzähler hingegen nicht beantwortet werden.

Was die Geschichte zunächst angeht:

„Frage einen Historiker, was die bedeutendste Erfindung der Menschheitsgeschichte war. Die Beherrschung des Feuers, das Rad, das Schwert? Ich würde sagen, es ist die Geschichte selbst. Geschichte ist nicht Fakt, sondern Erzählung, mit Bedacht gestaltet und gepflegt. Unter den Federstrichen des richtigen Chronisten, wird aus einem Schurken ein Held und eine Lüge wird zur Wahrheit.“ „Salvor Hardin“, Foundation, 2021

Der gewohnt kritische Denker ist häufig damit beschäftigt, den Wahrheitsgehalt des Geschriebenen zu prüfen, nicht in der Lage über „wahr oder falsch“ hinauszudenken – jedoch ein weiterer „Checkpoint „Charlie“ des Systems der alten Ordnung.

Und selbst wenn die Geschichte insgesamt erfunden und für ihn zurechtgelegt wurde, um den heutigen Denker reichlich zu beschäftigen, ist auch das Erfundene auch eine Form der Realität und somit die Frage nach der Ursache dokumentierter Erscheinungen sinnig, während die Methode „wahr oder falsch“ oder „schlimmer“: „wahr und falsch“ dabei keine Rolle mehr spielt oder gänzlich anders „genutzt“ wird:

„Das ist ein Rätsel. Über zwei Brüder. Der eine lügt immer. Der andere sagt immer die Wahrheit. Sie treffen beide an einer Straßenkreuzung und fragen, wie man in die Stadt kommt. Die Antwort ist: Sie fragen den einen, welchen Weg der andere Bruder ihnen vorschlagen würde, und nehmen dann den entgegengesetzten.“ „Joshua Mansky“, The Coldest Game, 2019

Ich kann Sie jedoch in Ihrer gewohnten Vorstellung von „Gut und Böse“ darüber hinaus beunruhigen: „Ich weiß etwas, was Kinder nicht wissen.“ „Und das wäre?“ „Dass niemand Böses wahrhaft böse ist und niemand Gutes wahrhaft gut.“ „Loki“, Loki, 2021

Perfektioniert wird das Rollenspiel, was die Mehrheit für alternativlos und deswegen für „ernst“ erachtet, indem man „ein alltagstaugliches Szenario der Bösen“ inszeniert und sich später selbst als „Befreier, Retter und Beschützer der Schutzbedürftigen“ darstellt.

Bei der Unterteilung in „Gut oder Böse“ (Freund oder Feind) handelt es sich letztlich nur um eine kindliche Sichtweise, die sich aus einer recht früh implementierten Konditionierung (also: dazugehören, wenn man sich artig unterwirft oder ausgegrenzt, dafür bestraft zu werden, weil man eben nicht „artig“ war) entwickelt hat. Im Grunde ist es nur ein Kindergarten unbewusster Schauspielerei, manchmal auch bewaffnet – jedoch stets ein Ausgangspunkt für menschliche Entwicklung.

„Unsere Welt folgt einer naturgegebenen Ordnung, und wer versucht sie umzukrempeln, dem wird es schlecht ergehen.“ „Haskell Moore“, Cloud Atlas, 2012

Hat man erst einmal realisiert, dass einem weder etwas noch jemand, noch das Leben selbst gehören, so offenbart sich sowohl das Rollenspiel, wie auch der Mensch, der es fortan bewusst spielt, spielen kann, statt alternativlos die Rolle zu sein… die man ihm (mitunter) auferlegt und er sich gezwungen sieht, (s)eine Rolle zu spielen.

Diesem Umstand folgt ein weiterer wesentlicher Schritt. Der Mensch, nun ein lebendiger Teil des Lebens, ist in der Lage, das System der alten Ordnung, im Sinne des Lebens- und Entwicklungsprozesses umzugestalten.

An diesem Punkt lernt der Mensch auch darüber nachzudenken/nachzufühlen, welche Ideen er in dieser Realität zu realisieren meint, da er seine gewohnten, ihn beherrschenden Grenzen überwunden hat – statt aus der gewohnten Sicht- und Haltungsweise zu „müssen“.

Ein klassisch ausgedrücktes, vereinfachtes Beispiel: Der Maschinenbauer hat eine besondere Verantwortung, denn er baut die Maschinen, mit denen man Maschinen baut.

Für all jene, die eine hierarchische Ordnung in allem erkennen wollen und dazu gewohnt das „Wolfsrudel-Argument“ heranziehen, ihnen die Frage: Wollen jene weiter als „Tiere“ unterwegs sein oder sich im Rahmen ihrer eigenen Entwicklung über den selbstgeschaffenen, meist sogar energisch verteidigten Horizont erheben und wieder „Herr über die eigenen Denk- und Verhaltensmuster“ werden?

„Menschen verteidigen notwendigerweise ihr eigenes „Ich“. Wir nennen das: „ohne Grenzen“. Sie werden lügen, betrügen, stehlen, morden. Sie werden alles tun, was notwendig ist, um das aufrechtzuerhalten, was wir „die Grenzen des Ichs“ nennen.“ Andrew Samuels, Ph. D., Revolver, 2005