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Die Furcht vor „Ockham’s Rasiermesser“

Lesezeit: ca. 7 Minuten

In meiner persönlichen wie auch dialogorientierten Beschäftigung mit den Themen, fällt es mir aufgrund fehlender Gruppenzugehörigkeit einfacher, gesellschaftlich Gegebenes, Gewohntes und Vorhandenes in Frage zu stellen.

Dabei fällt auf, wenn eine der gesellschaftlichen Säulen in Frage gestellt wird und „fällt“, „verschwinden“ auch gleichzeitig jene aus dem gewohnten Blickfeld, die sich daran festzuhalten glauben. In ihrem Sinne und Erkenntnisstand ist das Erkannte natürlich „richtig“ ist, genauso wie die Erkenntnis, wenn sich die Bedeutung des Betrachteten verändert.

Man sieht Veränderung ist der Faktor und damit die Bereitschaft (stets vom Einzelnen ausgehend), sich anzupassen oder daran festzuhalten – bis es womöglich keine Bedeutung mehr hat.

„Wandel findet zunächst in der Bedeutung eines Sachverhaltes oder einer Sache statt.“

Aus diesem Grunde spreche ich auch lieber von erkenntnis-richtiger Betrachtungsweise. Richtig hat so etwas Statisches an sich.

Den Schmerz, den die Festhalter in sich verspüren, erzeugen sie nur selbst in sich, durch ihr eigenes Festhalten – ein Opferverhalten. In der Regel greifen jene auf Wegschauen oder Ignorieren zurück, bis…

„Man dreht sich die ganze Zeit im Kreis und jede Woche wird eine neue Sau durchs Dorf getrieben.“ Zitat eines Kollegen im DVPM, 2014

„Der Berg stellt sich über andere.“ „Wenn ich dies tun würde, würde ich das Erkannte erst gar nicht veröffentlichen. Zumal der Satz: „Der Berg stellt sich über andere“, all jene, die sich dabei angesprochen fühlen nur SELBST unterwerfen lässt, weil so eine Hierarchie geschaffen wird.“

So mag ich in diesem Beitrag eine kompakte Zusammenfassung des bisher (für mich) Erkannten darlegen.

  1. Das geschaffene Rechtsystem auf der ganzen Welt dient einzig und allein dazu, die unterschiedlichen Auswirkungen gesellschaftlich gleichgeschalteter wie auch einseitiger Konditionierung (im Haben, behalten und verteidigen) symptomhaft kaschieren und bekämpfen zu wollen. Mit dem Ziel „die  gewohnte Ordnung“ aufrechterhalten zu wollen. Diese Konditionierung wird in der Gesellschaft als Konvention gehandhabt.
  2. Die einseitige Konditionierung führt dazu, dass der Mensch in einer fortwährenden Unvernunft bewegt und aufgrund dieser wahrgenommenen Unvernunft „natürlich“ einer Kontrolle und Betreuung bedarf oder bei anderen beobachtend, Kontrolle ausüben will.
  3. Richter spielen hierbei die nach außen projizierte Entscheidungsinstanz, aus der unter Punkt 1 sich ergebenden Unvernunft, in der sich die ihm gegenüberstehenden Parteien befinden.
  4. Da das Recht nicht die Macht ist, bedarf es einer Exekutive, die ein „Abbild“ der mangelnden Selbstdisziplin im Außen aus Punk 1 darstellt.
  5. Um die Ordnung weitgreifend aufrechterhalten zu wollen, schuf man umfangreiche Regelsysteme, wie gewohnte staatliche Gebilde, das Geldsystem, das Rechtssystem und die gesellschaftlichen Konventionen &c.
  6. Der Begriff „natürlich“ hat hier zum Zweck, die gewohnten Betreufreudigen mit auf die Tagesordnung zu rufen, um ihnen zu sagen: „Vernunft ist der intuitiv getriggert Prozess zwischen Geben und Empfangen“. Es besteht nicht die Aufgabe, die nächste Betreuungsanstalt mit gleichen Mustern ins Leben rufen zu wollen. Es geht darum das der Einzelne SELBST die Erfahrungen macht und so ein Gefühl für Vernunft entwickelt.
  7. Das wiederum bedeutet, dass sowohl die Betreuer wie auch jene, die gerne betreut werden wollen aufgerufen sind, an sich selbst zu arbeiten.
  8. Die Vorstellung: „Andere müssten erst…“, „die sind schuld“ usw., beruht hierbei auf gelernter Projektion, die in der Kindheit aus einer Verdrehung der Selbstreflektion heraus entstanden ist. Diese Vorstellung hält die Gesellschaft in sich in einer Sackgasse. Weiterdenken angesagt.
  9. Die verdrehte Selbstreflektion findet ihre Ursache in einer Mutter-Kind-Beziehung aus der der Vertrag ergangen ist: „Du bist solange gut, solange mir die gefällt.“ Dieser über Generationen weitergegeben orientiert sich der Mensch nach der Geburt zunehmend ins außen und damit verbundener Abhängigkeiten.
  10. Aus dieser Bedingung heraus leitet sich die heutige, alte Weltordnung ab, die wir mit „gewohnter“ Fremdbestimmung verbinden, sich in Vorgesetzten, gewählten Bestimmern und deren Hörigen, Sklaven, Opfern in einem ungeschriebenen Vertrag in einer hierarchischen Ordnung und den Mechanismen unter Punkt 3 wiederfinden.
  11. Wenn Menschen daran gelegen ist zu sagen: „Menschen brauchen Führung!“, dann stellt sich für mich die Frage, ob man wirklich gewillt ist, etwas Neues anfangen oder ob lediglich die Hintern auf den gewohnten Stühlen nur weiter ausgetauscht werden sollen.
  12. Eines ist sicher, die alte Denke wird sich nur mit zunehmenden Kraftanstrengungen aufrechterhalten lassen – abgeleitet alles, was damit in Verbindung steht.

An dieser Stelle mag ich klar zum Ausdruck bringen, dass in den letzten vier bis fünf Jahren die Zahl derer, die noch im Alten herumwühlen wollen, weit aus größer ist, als man sich dies in der „Aussteigerszene“ selbst glauben machen mag.

Der Grund sich daran weiter festhalten zu wollen, liegt vielleicht in einem einfachen Prinzip, was ich vor kurzem im Beitrag: „Freiheit – woher wir kommen, wohin nur manche gehen“ mit „Ockham’s Rasiermesser“ zum Ausdruck gebracht habe:

„Ockham’s Rasiermesser“ ist eine Methode die besagt, dass aus einer Vielfalt von Erklärungen zu einem einzigen Sachverhalt stets die einfachste Theorie vorzuziehen ist, die möglichst wenige Hypothesen und Variablen enthält und diese in einer klaren und logischen Beziehung zueinander und zum erklärenden Sachverhalt stehen.

Die Metapher des „Rasiermessers“ besagt, dass die einfachste Erklärung eines Phänomens alle anderen „abrasiert“. Und womöglich der gewohnten aber „fehlerhaften“ Einsicht: „Es war alles umsonst.“

Somit auch mein gewohnter Dialogaufruf an alle Gruppen: Konventionelle Sachverhalte verlieren an Relevanz. Denn die geschaffenen Methoden und Werkzeuge, waren nie dazu gedacht, das Neue zu gestalten, sondern lediglich zu erkennen, wie es mit den gewohnten Mitteln und Vorgehensweisen nicht funktioniert.

Weiterdenken ist weiter angesagt.

Probleme kann man niemals mit derselben Denkweise lösen, durch die sie entstanden sind.“ Albert Einstein

„Du kannst weglaufen, doch vor dir selbst kannst du dich nicht verstecken.“ Joe Louis