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Die Menschwerdung

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„Doch haben die Besatzungsmächte treuhänderisch die Aufgabe des handlungsunfähigen Deutschen Reichs wahrgenommen, also ist ihr Handeln dem deutschen Souverän zuzurechnen.
Folgerichtig haben die Siegermächte stets betont, die „Befreiung des deutschen Volkes vom Nationalsozialismus und Militarismus“ sei eine rein deutsche Angelegenheit.“
FAZ, 26. August 2013, Nr. 197

Ich greife diese beiden Sätze mal aus dem Leserbrief heraus, da ich der Meinung bin, dass das anzustrebende Ziel über die gewohnten Bemühungen einer „Entnazifizierung und staatlichen Wiederbelebung“ hinausgehen.
Denn ist der Akt, einen Schein oder ein Zugehörigkeitsbekenntnis darüber abzugeben, nur ein erster, symbolischer Zwischenschritt, hin zu einer größeren Angelegenheit, die Existenzursachen für Phänomene wie „Nationalsozialismus“, „Militarismus“ und „Staatsbestrebungen“ prinzipiell(!) zu hinterfragen.

Das dahinter wirkende Kernthema ist somit auch nicht auf eine „rein deutsche Angelegenheit“ reduzierbar. Es geht hier auch nicht um übliches Aufwärmen von Geschichte und deren Beschäftigung wer, was, wie und ob etwas war.
Geschichte dient im Kern auch nur dazu, durch ihre wiederkehrenden Erscheinungen, auf die gewohnten Denk- und Verhaltensmuster hinzuweisen, die für die wahrgenommenen Erscheinungen verantwortlich sind – also ein Thema, was den Mensch an sich betrifft.
Das mag mal wieder „sehr philosophisch“ klingen, hat jedoch einen täglichen Bezug: Es beeinflusst den Menschen in seinem Fühlen, Denken und Handeln, ja sogar in seiner Wahrnehmung an sich.

Wer will dass es anders wird, wird nicht um das eigene Umdenken herumkommen, egal wie viele er hinter sich zu versammeln mag, die ihm nachtun. Verdrängung, klagen, sich beschweren und demonstrieren führen zu nichts.

Es geht dieses Mal um die Infragestellung und Umwandlung des Systems selbst und nicht um den Austausch „unangenehmer Inhalte“.
BRD gegen DR wäre z. B. solch ein inhaltlicher Austausch, selbst wenn beides noch so unterschiedlich erscheinen mag: Es bewegt sich innerhalb der alten Ordnung – die wir jedoch gerade verlassen.

Denn sonst wäre das System weiter aktiv, was sich selbst durch eine dem Lebensprozess abgewandte Lebensweise zum Ausdruck bringt. Und weiterhin könnte im Anschein freundlichen Miteinanders und sich präsentierender, gerechter Kandidaten im Hintergrund „die alte Nummer geschoben“ werden.

Es würden sich mit der Zeit nur wieder die gleichen Phänomene (sicht- und spürbaren Auswirkungen (Symptomen)) zeigen, mit denen sich in der Regel wieder emsig mit auseinandergesetzt werden würde und so wären die Akteure noch tausende von Jahren mit der Bekämpfung von Symptomen des Systems beschäftigt.

„Es sind nicht die Dinge, die uns beunruhigen, sondern die Bedeutungen, die wir den Dingen verleihen.“ Epiktet 2.0

Der eigentliche Wandel bezieht sich auf die Deutung der Geschehnisse nicht im Sinne ihrer Bekämpfung und Verteidigung (ob z.B. wahr oder falsch (Beweisführung), Gezeter und Diskussion, Kreisverkehr), sondern der Hinterfragung im Sinne der Entwicklung (Evolution).
So etwas wie: „Erst muss das Alte weg, dann können wir das Neue machen“, ist Unfug.
Wenn jemand behauptet, das käme ja alles erst in tausend Jahren, so zeigt diese Aussage nur, dass jener eher „etwas hinter der Zeit“ ist und er lieber mit allem möglichen, statt seiner eigenen Entwicklung beschäftigt ist und dies selbst die nächsten tausend Jahre vor sich herschieben möchte – nicht selten mit dem Zeigefinger auf andere zeigt, die an diesem Umstand Schuld sein sollen.

Ohne eine vorherige Betrachtung der eigenen inneren Situation, fallen gewohnte Lösungsansätze „ins Wasser“. Denn erst durch die Veränderung der eigenen Sichtweisen ergeben sich auch andere Erkenntnisse, Handlungsweisen und damit verbundene Ergebnisse. Der Uneinsichtige mag deshalb so bleiben.

Der mit den Augen rollende
Die Vorstellung, dass der Mensch ein Gericht braucht oder durch Gesetze geschützt werden muss, ist Unfug.
Der sich hin zum „Ganzen“ entwickelnde Mensch entscheidet und agiert dann zunehmend nach dem überpositiven Recht, dem Naturrecht – was die Entwicklung seiner selbst zur Aufgabe hat – schließlich wurde ihm das bis jetzt nicht vermittelt.
Alles andere drückt nur seinen Mangel an Vertrauen am Lebensprozess und letztlich sich selbst aus, von dem er sich konditioniert (gesellschaftlich toleriert(!)) abgewendet hat und als zu schützendes Opfer herumläuft, was sich nach Schutz sehnt und somit zum Freiwild „lächelnder Betreuer“ wird.

Innerhalb der alten Ordnung, kostet dieser Schutz „Geld„, Freiheit, die durch Freizügigkeit eintauscht wird – also bedingt überlassene Freiheit, bei bedingungsloser Anerkennung der Autorität, mit der Option auf bedingt überlassene Besitztümer und Teilnahme am System.
Ab hier trennt sich die „Spreu vom Weizen“ – gibt es auch kein „so tun, also ob“ – dies für all jene, die lauthals Änderung fordern.

Verlust von Besitz, Geld, Hab und Gut und damit verbundener Kampf und Widerstand haben demnach auch nichts mit der Verletzung der Menschenwürde zu tun, denn die ist ja unantastbar.
Das was sich da verletzt fühlt, ist lediglich das „Ich“ und es kämpft, kämpft gegen die/seine Veränderung, dem Verlust des Gewohnten.

Das Naturrecht des Menschen basiert auf entwickelter Vernunft, die sich durch einen intuitiv getriggerten Prozess zwischen bedingungslosem Geben und bedingungslosem Empfangen zum Ausdruck bringt. Bedingungsloses Geben zeigt sich im Geschenk.
Ein Geschenk, was jedoch auf einen Anspruch auf Schutz und Sicherheit abzielt oder erzwungen wird (um zu erhalten), ist kein Geschenk.

Der Mensch der alten Weltordnung zeichnet sich durch ein „Ich“ aus, welches vordringlich auf Empfangen, Sichern, Bewahren und Festhalten (Haben) programmiert ist, als wesentliche Ausdrucksform der Unvernunft.
Damit auch einhergehend die Existenz der Betreuer in den verschiedenen Konditionierungsstadien: Familie, nahes Umfeld, Kindergarten, Schule, Kirche, Beruf und Gesellschaft durch die Politik.
Jene, die die in der Familie implementierte Fremdbestimmung durch das Prinzip: „*Du bist solange gut, solange mir das gefällt“, auf mehr oder weniger subtile Art und Weise fortführen.

Die Unvernunft hat die Erscheinungsform: „vom Mehr des Selben“, wie sie in der weltweiten Bevölkerungsentwicklung, im Geldsystem (Zinseszins) und bei Krebs zu erkennen ist.

Die künstlich(*) fortgeführte Fremdbestimmung, sorgt zudem für die Aufrechterhaltung dieses unvernünftigen Zustandes, mit einhergehender Gewissen- und Empathielosigkeit, wie auch einem „so tun, als ob“. Fremdbestimmung macht Kontrolle erforderlich, damit weiter der öffentlichen Ordnung „entsprochen“ wird.

Die wahrgenommene Situation im Außen zeigt nur den inneren Zustand der Gesellschaft, die in Misstrauen und zunehmender Kontrolle bewegt und dadurch selbst marodiert.

Der verantwortungslose Hörige wird stets mit dem Finger in Richtung seines Vorgesetzten zeigen, wenn er sein Tun zu begründen versucht.
Aus diesem Grunde wurde nicht nur seit „33“ nichts dazugelernt. Da helfen auch keine noch so engagierten Stimmungsmacher.

An die Aufklärer sei dieser Gedanke gerichtet: Es nutzt nichts, sich ständig mit Symptomen des Systems zu beschäftigen oder verbissen in der Geschichte zu rühren, wenn das „System“ von der Betrachtung ausgeklammert wird. Und das „System“ ist weder irgendeine „Person“, noch eine Einrichtung, noch eine Elite oder gar ein Staat.

Wie, „Ich“?
Das Kennzeichen des „Ichs“ ist die Verdrängung, die aus einer Bestrafung für eigenständiges sich entwickeln wollen heraus entstanden ist.
Durch die Bestrafung für etwas Natürliches, erfolgt die Abwendung von der natürlichen Selbstentwicklung selbst, die dann durch eine mengenmäßige, künstliche Programmierung überflutet wird.
Das Wesentliche ist jedoch die Festigung der in der Familie anfänglich „gesäten“ Konditionierungen, die dem unvernünftigen Menschen ein „obrigkeitshöriges Flair“ verabreicht.

Von diesen Verhalten leitet sich die gesamte alte Weltordnung und nahezu alle heutigen Institutionen ab.

Wer nun auf „gewohnte Gerechtigkeit“ sinnt, die sich durch irgendwelche Gerichtsbarkeiten zum Ausdruck bringen soll, um seine Interessen vertreten zu sehen, der bewegt sich weiterhin auf einem Irrpfad. Es ist nur die Illusion von Gerechtigkeit.
Die eigentliche Gerechtigkeit ist ein Phänomen der Vernunft (siehe: oben) und genau wie Freiheit und Frieden eine innere, eine verinnerlichte Wesenseinstellung, die sich durch das Tun (Vorleben) im Außen zeigt und erst auf diese Weise ändert sich etwas.

P.S. Für alles andere, was jemals auf Papier vereinbart wurde, sei nur eines gesagt: Papier ist geduldig, denn es ist nur ein Schein.